Die Welt in mir (German Edition)
gesehen. Deshalb dachte ich,
ein bequemes Outfit sei gut genug. Aber offenbar gefiel es dem Herrn nicht.
Bevor ich zu einer
Schimpftirade ansetzen konnte, dass es mir egal sei, was er von meinem Outfit halte,
setzte er erneut an. „Wir gehen aus, und in dem Aufzug nehme ich dich nicht
mit. Also zieh dir irgendetwas Schönes an. Wir gehen in eine Bar mit
zwielichtigen Typen. Vielleicht bekommst du die Gelegenheit, das Gelernte
anzuwenden.“
„Was? Das soll wohl ein Scherz
sein!“ Er konnte es doch nicht ernst meinen! Er war hier, um mich zu beschützen.
Jetzt wollte er mich absichtlich in Gefahr bringen? Der spann doch! Nur weil es
ihm Spaß machte, sich ins Abenteuer zu stürzen, musste er mich doch nicht mit
in den Abgrund reißen.
„Reg dich ab. Natürlich werde
ich dich nicht den Löwen zum Fraß vorwerfen. Aber wir werden wirklich ausgehen
und zwar nicht in ein schickes Restaurant, sondern in eine Kneipe. Also zieh
dich um.“
In meiner Rage und meinem
Entsetzen hatte ich vollkommen vergessen, auf Alex' Miene zu achten, die
meistens stärker ausdrückte, was er dachte, als seine Worte. Er sah belustigt
aus und freute sich offensichtlich darüber, dass er mich aus dem Konzept
gebracht hatte. Als ich mich umdrehte und aus dem Raum stapfte, kam mir eine
Idee. Wenn er Krieg haben wollte, konnte er ihn haben. Ich war mir klar darüber,
dass auch ich ihn aus dem Konzept bringen konnte, und so leicht schenkte ich
ihm den Sieg nicht.
Statt nach meiner üblichen
Jeans und irgendeinem Oberteil zu greifen, suchte ich ganz hinten aus meinem
Kleiderschrank ein knappes schwarzes Kleid heraus. Es war sehr figurbetont und hatte
Spitzenärmel. Aber es sah weniger nach Romantik als vielmehr nach Vamp aus. Es war
überhaupt nicht mein Stil und auch etwas zu freizügig für meinen Geschmack,
aber bei einem Einkaufsbummel mit Sarah hatte sie es mir aufgeschwatzt. Sie
hatte gemeinte, so ein Kleid würde jeden Mann schwach werden lassen. Daran hatte
ich bei so wenig Stoff auch keine Zweifel. Allerdings bezweifelte ich, dass es
die richtige Sorte von Männern anzog. Dennoch schlüpfte ich hinein und, um mich
etwas zu bedecken und wohler zu fühlen, zog ich meine Lederjacke drüber. Mit
meinen schwarzen Pumps in der Hand huschte ich ins Bad. Dort föhnte ich meine
Haare und sprühte sie mit Haarspray an. So wild hatte meine Frisur noch nie
ausgesehen. Außerdem legte ich etwas Concealer auf, umrandete meine Augen mit
schwarzem Kajal und tuschte meine Wimpern. Aus dem Spiegel schaute mich eine
Fremde an. So stark geschminkt und als Vamp gestylt war ich noch nie gewesen.
Aber es gefiel mir irgendwie, und die Wirkung auf Alex würde es hoffentlich
auch nicht verfehlen. Zufrieden stellte ich fest, dass ich nur wenige Minuten für
die Verwandlung gebraucht hatte. Ich schlüpfte in meine Pumps, straffte meine
Schultern und machte mich auf den Weg ins Wohnzimmer. Ich würde mir meine
leichte Unsicherheit nicht anmerken lassen, beschloss ich und freute mich auf
das Gesicht von Alex, wenn er meine Verwandlung sah.
„Besser so?“, ich lehnte mich
mit der Schulter an den Türrahmen und verschränkte meine Arme. Ich war selbst
überrascht, wie viel Selbstbewusstsein ich dafür aufbrachte und noch
überraschter war ich darüber, wie gut es sich anfühlte.
Statt einer Antwort erntete ich
von Alex nur ein „Ha“, und er warf seinen Kopf in den Nacken. Aber es war, so
glaubte ich zumindest, weniger ein Ausdruck von Belustigung, sondern von
Überraschung. Offensichtlich war er selbst erstaunt, dass ich mich darauf
eingelassen hatte und erkannte nun, mit seiner Provokation nicht das Gewünschte
erzielt gehabt zu haben.
„Viel besser. Viel zu gut!“, sagte
er mit einem Lächeln und mustert mein Outfit von oben bis unten.
Auch ich lächelte und fühlte
mich das erste Mal in meinem Leben in diesem kurzen Kleid wohl.
„Na, dann schauen wir mal, ob
ich vielleicht heute ein paar Kerlen auf die Schnauze hauen muss, wenn sie dir
zu nah kommen. Könnte also sein, dass du mir mit diesem Kleid mehr als einen
Gefallen tust.“ Er zwinkerte mir zu und ich lächelte etwas mehr, als wir aus
der Wohnung gingen. Seine Hand an meinem Rücken dirigierte mich Alex zu seinem
Wagen. Die warme Hand fühlte sich schön und vertraut an. Über meinen Rücke lief
ein kleiner Schauer und ich bekam Gänsehaut. Ein wohliges Prickeln breitete
sich auf mir aus, als er immer noch mit der Hand auf meinem Rückgrat neben mir
lang ging.
Als wir im Auto saßen,
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