Die Welt in mir (German Edition)
der Tür wünschte er allen noch einen schönen Abend.
Die meisten der Gäste hatten
sich von dem Zwischenfall nicht bei ihrem Bier stören gelassen. Allem Anschein
nach passierte das hier des Öfteren.
Als wir vor der Tür standen,
versuchte ich, mich zu ordnen, schob den Einfluss von Alex beiseite und klammerte
ihn aus. Meine eigenen Empfindungen traten wieder an die Oberfläche. Zufrieden
stellte ich fest, dass es mir nun auch gelang, den Einfluss von Alex auf mich
klar zu erkennen und bewusst zu steuern.
In dem Moment wären mir seine
Empfindungen allerdings deutlich lieber als meine eigenen gewesen. Aber ich wollte
mich nicht hinter seinem Einfluss verstecken. Ich fühlte mich grauenhaft und
hatte ein schlechtes Gewissen, ihn in diese Lage gebracht zu habe. Auch dem
Widerling gegenüber hatte ich ein schlechtes Gewissen gehabt. Zwar war er ein
Schwein gewesen, aber dass ihm meinetwegen die Hand gebrochen wurde, hatte ich
auch nicht gewollt. Vor allem, weil ich die Situation klar provoziert hatte. Außerdem
schämte ich mich für mein kindisches Spielchen. Mir war klar, dass Alex mir die
ganze Show nicht eine Minute abgekauft hatte. Er wusste, dass ich ihm damit nur
etwas beweisen wollte.
„Es tut mir leid, wie blöd ich war,
mit denen zu spielen und ich dir Ärger gemacht habe“, versuchte ich mich
kleinlaut an einer Entschuldigung für mein Verhalten.
Alex schaute mich erstaunt an.
Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem Lächeln auf dem Lippen nahm er meine
Hand und drückte sie. „Kleine, dafür musst du dich nicht entschuldigen. Ich
fand es ganz unterhaltsam und dass ich dem Kerl eine kleine Abreibung verpassen
durfte, hat meinen Abend perfekt gemacht. Also keine Entschuldigung. Ich muss
dir für dieses Abend danken.“
Er ließ meine Hand los und fuhr
Richtung nach Hause. Zwar war ich ihm für seine Worte dankbar, aber dennoch blieb
das schlechte Gefühl und Gewissen. Es war einfach nicht richtig von mir gewesen.
„Manchmal glaube ich, du
vergisst, wer ich bin. Ich habe kein Problem damit, jemandem wehzutun. Also hör
auf, dich schlecht zu fühlen. Das ruiniert mir nur den Abend.“
Mit dieser Einschätzung könnte
Alex sogar recht gehabt haben. Ich wusste, er stand in seiner Welt auf der
Seite des Bösen. Aber bei mir war dies noch nicht angekommen. Ohne Zweifel hatte
er ein hitziges Temperament und kannte sich mit Kämpfen gut aus. Auch dass es
ihn freute, wenn ich ungezogen war, hatte ich bemerkt. Aber dennoch war er für
mich dieser unglaublich gutaussehende Mann, der mich immer beschützen würde.
Wie böse konnte er dann sein, wenn er für jemanden wie mich sein eigenes Wohl
opfert? Oder hätte Alex mich ins Messer laufen lassen, wenn sein eigenes Leben
auf dem Spiel gestanden hätte? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich dachte,
mit dieser Einschätzung stünde ich nicht alleine da. Josh hätte mich niemals
mit Alex alleine gelassen, wenn er nicht geglaubt hätte, dass er alles tun werden
würde, um mich zu schützen. Manchmal fragte ich mich, ob mein Bad Boy
vielleicht anders war als die übrigen auf der bösen Seite. Vielleicht war das
die Antwort auf meine Frage, die ich Josh damals nicht stellen konnte. Wurde
Alex für den Job des Beschützers ausgewählt, weil er sich von den übrigen Bösen
unterschied? War er etwas Besonderes, weil er mich nicht einfach an den meist
bietenden Bösewicht verkaufte oder gar selbst das Gleichgewicht und damit mein
Leben für mehr Macht zerstörte? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand
anderes von seiner Seite ähnlich „gut“ in seinem Job wäre. Doch auch heute war
nicht der Zeitpunkt, um ihn danach zu fragen. Ich war mir nicht einmal sicher,
ob Alex mir diese Frage wirklich beantwortet hätte. Vermutlich hätte es an
seinem Ego gekratzt, wenn er hätte eingestehen müssen, dass er eigentlich auch
ein guter Kerl war. Zumindest bezogen auf mein Wohl, denn ich fühlte mich stets
sicher bei ihm und hatte noch niemals, nicht einmal eine Sekunde, Angst vor ihm
gehabt. Auch heute Abend, als ich fühlte, was er gefühlt hatte. Die Wut, der
Hass und die Aggression, aber auch die Ruhe und Bereitschaft, dem anderen
wehzutun, ließen ihn nicht in einem anderen Licht erscheinen. Aber der Kerl
hatte es immerhin verdient gehabt. Vielleicht war Alex weniger ein Bösewicht,
als mein Superheld. Der Kerl, der den bösen Jungs Einhalt bot, was er, wie er selber
so gerne sagte, gerne tat. Meine Mundwinkel verzogen sich leicht nach oben,
denn ich konnte mir
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