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Die Welt ist nicht immer Freitag

Titel: Die Welt ist nicht immer Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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an.
    - Horst, du siehst nicht gut aus. So blaß, so kränklich, du mußt mal raus, mal einen der letzten schönen Tage nutzen, mal’n bißchen ins Grüne, dassde nen bißchen Farbe kriegst, gönn dir das mal!!! Erhol dich mal'n bißchen…
    - Oohh, brrrh, ich weiß nich, bin eigentlich zu kaputt für diese ganze Erholerei, das macht doch immer auch viel Arbeit, das wird mir schnell zuviel…
    - Nein, du mußt mal raus, in den Wald, Natur sehn.
    - Oh nee, ich kann morgen nicht, total viel zu tun, tagsüber muß ich unbedingt meine Wand im Flur anstarren, um zu überlegen, in welcher Farbe ich die mal streiche, und am Abend muß ich mich dann aus Frust betrinken, weil ich mich nicht entscheiden konnte. Keine Chance, der Tag is voll.
    - Vergiß es, morgen ist Ausflug, und freue dich gefälligst drauf!!! Ich übernehm auch die ganze Organisation.
    - Ehrlich?
    - Klar. Kein Problem. Du mietest morgen früh einen Wagen, besorgst schön was zum Picknick und holst mich dann ab. Den Rest mach ich.
    - Welchen Rest?
    - Na während der Fahrt aus dem Fenster gucken und dir sagen, wann es schön ist, damit du da aussteigst und dich dann aber ordentlich erholst. Sei um halb zehn bei mir!
    Die Nacht über stehe ich vor lauter Vorfreude am offenen Fenster und schieße mit der Zwille Kirschkerne in den Himmel, um die Wolken aus dem Gleichgewicht zu bringen, damit's am nächsten Morgen schön regnet. Das wäre die Rettung. Hat aber nicht geklappt. Gegen vier kippe ich völlig übermüdet nach vorn über und döse mit dem Oberkörper über der Fensterbank nach draußen hängend weg. Kurz nach Sonnenaufgang beginnen zwei offensichtlich vom nochmaligen Frühlingseinbruch im September völlig verwirrte Schwalben unter meinem Kinn ein Nest zu bauen. Davon wache ich auf. Immerhin habe ich zum erstenmal seit Wochen beim Aufstehen keine Rückenschmerzen. Beschließe, demnächst öfter mal zum Fenster raushängend zu schlafen. Dafür tun jetzt die zwei Kilo Kirschen aus der Nacht ihre Wirkung. Den Rest des Morgens bis 8.00 Uhr verbringe ich auf der Toilette.
    Danach besorge ich einen Mietwagen und Picknick und stehe punkt halb zehn vor Juttas Tür. Sie erwartet mich mit zwei großen gepackten Koffern.
    - Ach Mensch Horst, hatte ich ja ganz vergessen, ich verreise ja heute, tut mir leid, ich kann leider nicht mitkommen, aber wo du schon mal den Wagen gemietet hast, kannst du mich eben zum Flughafen bringen?
    Mensch, die Jutta. Ich war beeindruckt. Wenn man mit so viel Liebe und so durchdacht ausgenutzt wird, kann man nicht böse sein. Und sogar an ihren Reiseproviant hat sie gedacht. Aber als ich ihr das Picknick überreichen will, wehrt sie ab:
    - Nein, nein, nur die Hälfte. Mit dem Rest machst du deinen Ausflug, du mußt wirklich mal ins Grüne. Siehst schlimm aus, als wenn man dich die Nacht über zum Fenster rausgehängt hätte.
    Sie überreicht mir zwei weiße Zettel.
    - Das soll kein Mißtrauen sein, aber laß dir hierdrauf einfach von einem Eichhörnchen einen Gebiß- und einen Tatzenabdruck machen und zeig mir die Zettel, wenn ich zurückkomme, vor.
    Das war fair und machbar. Ich würde Jutta schnell zum Flughafen bringen, hole mir dann irgendwo im Umland von einem Eichhörnchen meine Anwesenheitsstempel und bin mit etwas Glück so zeitig zu Hause, daß ich dann doch noch wenigstens ein paar Stunden Wandangucken wegschaffen kann.
    Als ich im Wald ankomme, sind die Bäume schon alle da. Ich fahre tief in einen Feldweg hinein, schließe den Wagen ab und schaue mich um:
    »Ah guck da, ein Baum, schön, schön, und noch einer toll, super, zwei Bäume, und noch einer, nee schon toll, was die hier so hingestellt haben, diese Bäume, nee, kannste nix von sagen, hatse schön gemacht, die Natur, wirklich, Bäume schon toll, hat sich doch gelohnt, Bäume, jaaa… Dann wird's mir langweilig. Stelle fest: Wenn man einen Baum gesehn hat, kennt man sie alle. Gehe tiefer in den Waid und suche jetzt nach den Tieren.
    Keine da.
    Na gut, leg ich mich eben unter einen Baum und warte ab.
    Vorsorglich verstreue ich noch ein paar Nüsse, um den Tieren zu zeigen, daß ich die Regeln kenne und weiß, wie's läuft. Dann döse ich weg und verschmelze gleichsam mit der Natur.
    Nach einer halben Stunde trudeln die Tiere ein. Die ersten sind natürlich die Ameisen, die mich mit ihren Bissen sanft wecken. Dann kommen auch die anderen Tiere, Eichhörnchen, Rehe und brrrh, Tiere, die so ähnlich aussehen wie Rehe und Eichhörnchen. Die Tiere sehen traurig aus. Das

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