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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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der Meeressäuger ist der Ozean noch immer größer als wir. Da der vorgeschichtliche Mensch keine Möglichkeit hatte, der marinen Megafauna nachzustellen, war der Ozean neben Afrika das einzige Gebiet, das von der massiven Artenvernichtung im Pleistozän verschont blieb. »Die meisten Meeresarten sind erheblich dezimiert«, sagt Jeremy Jackson, »aber es gibt sie noch. Wenn die Menschen tatsächlich verschwänden, würden sich die meisten erholen.«
    Selbst wenn die globale Erwärmung das Kingman-Riff und Australiens Großes Barrierriff zugrunde richten würde, meint er, bleibt zu berücksichtigen, dass sie nur 7000 Jahre alt sind. Alle diese Riffe wurden von den Eiszeiten immer wieder abgehobelt und mussten sich neu bilden. Wenn sich die Erde ständig erwärmt, werden weiter nördlich und südlich neue Riffe entstehen. Die Welt hat sich immer wieder verändert. Nichts bleibt gleich.
     
    Eines Tages, wenn es keine Menschen mehr auf der Erde gibt, werden die Staudämme dieser Welt versanden und überlaufen. Die Flüsse werden wieder Nährstoffe ins Meer tragen, wo es immer noch vor Leben wimmelt, so wie es bereits lange Zeit war, bevor die ersten Wirbeltiere an Land krochen.
    Und schließlich würden auch wir es erneut versuchen. Für die Welt wäre es ein neuer Anfang.
     

Epilog
     
    Unsere Erde, unsere Seele
     
    Einer Redensart zufolge endet das Leben tödlich. Das gilt auch für die Erde. In grob geschätzt fünf Milliarden Jahren wird die Sonne sich zu einem Roten Riesen aufblähen und alle inneren Planeten wieder in ihren feurigen Schoß zurückholen. Dann wird das Eis auf dem Saturnmond Titan, wo die Temperatur gegenwärtig minus 160 Grad beträgt, auftauen und aus seinen Methanseen könnten höchst interessante Geschöpfe an Land kriechen. Eines von ihnen wird vielleicht, während es durch den organischen Schlamm patscht, auf die Huygens-Landekapsel stoßen, die von dem Cassini-Orbiter im Januar 2005 per Fallschirm abgesetzt wurde. Beim Flug durch die Titanatmosphäre und noch weitere neunzig Minuten, bis die Batterien leer waren, schickte uns die Landesonde Bilder von flussbettartigen Einschnitten, die von dem orangefarbenen, kieselbedeckten Bergland in die endlosen Sanddünen des Titanmondes führen.
    Leider wird, wer oder was die Huygens-Sonde auch immer findet, keine Ahnung haben, woher sie kam oder dass es uns je gab. Eine Zeit lang überlegten die Projektleiter der NASA, der Cassini-Mission eine Botschaft mitzugeben, die dieses Mal in einen Diamanten eingeschlossen werden sollte, eine grobe Skizze unserer Geschichte, die mindestens fünf Milliarden Jahre Bestand gehabt hätte – Zeit genug für die Evolution, mit einem neuen Publikum aufzuwarten.
    Entscheidender für uns hier und jetzt auf der Erde ist die Frage, ob wir Menschen die Phase überleben, die man vielfach als das jüngste Massensterben des Planeten bezeichnet – oder ob wir den Rest des Lebens retten können, statt ihn auch noch zu vernichten. Die naturgeschichtliche Lehre, die wir den fossilen und lebenden Belegen entnehmen können, lautet, dass wir es alleine nicht sehr lange schaffen würden.
    Die Weltreligionen bieten uns alternative Zukunftsentwürfe, gewöhnlich in irgendeinem Jenseits angesiedelt. Doch bedarf es eben des Glaubens, um diesen Vorstellungen zu vertrauen. Die Wissenschaft bietet für das Überleben kein anderes Kriterium an als die natürliche Selektion, das Überleben der Angepasstesten.
    Das Schicksal des Planeten und seiner anderen Bewohner, nachdem wir mit ihm fertig sind – oder er mit uns –, ist für die Religionen, um es vorsichtig auszudrücken, kein Thema. Die Erde nach den Menschen wird entweder außer Acht gelassen oder als zerstört aufgefasst, obwohl sie nach Auffassung des Buddhismus und des Hinduismus wieder von vorne anfinge – wie übrigens nach einer Spielart der Urknalltheorie auch das ganze Universum. (Bis das eintritt, gibt es laut dem Dalai Lama auf die Frage, ob die Erde ohne uns noch fort existiert, nur eine Antwort: »Wer weiß?«)
    »Die Welt ist vorhanden, um dem Menschen zu dienen, weil er das edelste aller Geschöpfe ist«, sagt der türkische Sufi-Meister Abdulhamit Cakmut. »Das Leben besteht aus Kreisläufen. Aus dem Samen wächst der Baum, aus ihm die Frucht, die wir essen, und wir geben sie zurück. Alles ist dazu bestimmt, dem Menschen zu dienen. Wenn wir aus diesem Kreislauf ausscheiden, wird die Natur nicht mehr sein.«
    In den muslimischen Sufi-Regeln kommt die Auffassung zum

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