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Die Welt ohne uns

Die Welt ohne uns

Titel: Die Welt ohne uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Weisman
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Prozent des Lebendgewichts am Kingman-Riff von Haien, Schnappern und anderen Angehörigen der fleischfressenden Fraktion gestellt wird. Wie viele PCBs die Nahrungskette emporgewandert sind und sich nun in deren Gewebe eingenistet haben, ist Stoff für eine künftige Studie.
    Zwei Tage vor Beendigung der Kingman-Expedition steuern die Forscher mit ihren Tauchbooten die halbmondförmigen Inselchen an, die auf dem nördlichen Arm des bumerangförmigen Riffs liegen. Im seichten Wasser erwartet sie ein überaus erfreulicher Anblick: eine spektakuläre Gemeinschaft von stachligen schwarzen, roten und grünen Seeigeln, die tüchtige Algenweider sind. 1998 vernichtete eine durch El Niño hervorgerufene Temperaturschwankung, die durch die globale Erwärmung noch verstärkt wurde, 90 Prozent der Seeigel in der Karibik. Das ungewöhnlich warme Wasser veranlasste Korallenpolypen, die in enger Symbiose mit ihnen lebenden fotosynthetisch aktiven Algen auszuspucken, die den Korallen normalerweise für den von diesen ausgeschiedenen Ammoniakdünger ein ausgewogenes Sortiment an Zuckern und die charakteristischen Farben zur Verfügung stellen. Innerhalb eines Monats hatte sich mehr als die Hälfte der karibischen Riffe in ausgebleichte Korallenskelette verwandelt, die heute mit Schleim überzogen sind.
    Wie die Korallenbänke weltweit, zeigen auch diejenigen an den Rändern der Kingman-Inselchen bleiche Narben, doch eifriges Abweiden hat die eindringenden Algen in Schach gehalten, sodass die rosa Korallenalgen das verwundete Riff langsam wieder kitten konnten.
    Vorsichtig, um sich nicht an den Seeigelstacheln zu verletzen, klettern die Forscher an Land. Nach wenigen Schritten befinden sie sich auf der Luvseite des Muschelschutts, wo sie ein Schock erwartet. Von einem Ende zum anderen sind die Inseln mit zerdrückten Plastikflaschen, Wegwerffeuerzeugen, Schaumstoff Schwimmern und unkenntlich gewordenem Kunststoffmüll in verschiedenen Stadien ultravioletter Auflösung bedeckt. Die einzigen organischen Stoffe im Spülsaum sind das Skelett eines Rotfußtölpels, Bruchstücke eines alten Auslegerkanus und sechs Kokosnüsse.
    Am folgenden Tag kehren die Forscher von ihrem letzten Tauchgang zurück und füllen Dutzende von Müllbeuteln. Sie geben sich nicht der Illusion hin, sie hätten das Kingman-Riff wieder in den jungfräulichen Zustand versetzt, in dem es sich befand, bevor die Menschen es entdeckten. Asiatische Strömungen werden weiteren Plastikmüll heranführen, steigende Temperaturen mehr Korallenbänke bleichen – vielleicht sogar alle, es sei denn, die Korallen und ihre fotosynthetisch aktiven Partner können sich rasch auf ein neues symbiotisches Abkommen einigen.
    Sogar die Haie zeigen, wie den Forschern jetzt klar wurde, Spuren menschlicher Einflüsse. Nur einer, den sie während der ganzen Woche gesehen haben, ist ein Koloss von fast zwei Metern; die Übrigen sind offenbar noch nicht ausgewachsen. In den letzten zwanzig Jahren müssen auf Haifischflossen spezialisierte Fischer hier gewesen sein. In Hongkong bringt die Schüssel Haifischflossensuppe bis zu hundert Dollar. Nachdem man den Tieren bei lebendigem Leib Brust- und Rückenflossen abgeschnitten hat, werfen die Fischer die verstümmelten Fische wieder ins Meer. Navigationsunfähig sinken sie auf den Meeresgrund, wo sie ersticken. Trotz aller Kampagnen zum Verbot der Luxusspeise gehen in weniger entlegenen Gewässern jährlich geschätzte hundert Millionen Haie auf diese Weise zugrunde. Die Anwesenheit so vieler kräftiger Jungtiere lässt zumindest hoffen, dass genügend Haie den Messern entkamen, um die Population wieder aufzufrischen. PCBs oder nicht, sie machen einen kräftigen Eindruck.
    »In einem Jahr«, sagt Expeditionsleiter Enric Sala und beobachtet von der Reling der White Holly, wie die Schiffsscheinwerfer die nächtliche See in Aufruhr versetzen, »erlegen die Menschen hundert Millionen Haie, während diese vielleicht fünfzehn Menschen angreifen. Kein fairer Kampf.«
     
    Enric Sala steht am Ufer des Palmyra Atolls und wartet auf eine Turbo-Prop-Gulfstream, die auf dem Rollfeld aus dem Zweiten Weltkrieg landen soll, um das Expeditionsteam zu dem drei Flugstunden entfernten Honolulu zu bringen.
    Pastellgrün und kristallklar nagt Palmyras Lagune geduldig an den bröckelnden Betonplatten, auf denen heute Tausende von Rußseeschwalben nächtigen. Das höchste Bauwerk hier, eine ehemalige Radarantenne, ist zur Hälfte verrostet; noch ein paar Jahre und sie

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