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Die Weltgeschichte der Pflanzen

Die Weltgeschichte der Pflanzen

Titel: Die Weltgeschichte der Pflanzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Hochkulturen auf europäischem Boden. Die Vinča-, Tripolje- und Varna-Kulturen sind die bekanntesten dieser Donauzivilisationen. Letztere, am Westufer des Schwarzen Meeres (heute Bulgarien), ist berühmt für den 1972 entdeckten, sensationellen ältesten Goldschatz der Welt aus der Zeit um 4500 v. Chr.
    Diese Jahreszahl gibt einen guten zeitlichen Maßstab. Wenn man sich vorstellt, wie weit wir, am Anfang des 21. Jahrhunderts, noch vom Jahr 4500 nach (!) Christus entfernt sind, dann kann man sich vielleicht leichter vorstellen, wie weit 4500 vor Christi Geburt zurückliegt. Und für diese Zeit spricht man schon von der Spätphase einer der ersten Ackerbaukulturen auf europäischem Boden. Dabei liegen die Anfänge des Ackerbaus im benachbarten Nahen Osten noch einmal 4.500 Jahre weiter zurück, um 9000 v. Chr.
    Der entscheidende Impuls für die frühen Ackerbauzivilisationen in Mitteleuropa ging von der Donau aus. Ab etwa 5500 v. Chr. schoben sich von dort aus die Menschen weiter nach Norden vor, entlang von Donau, Elbe und Oder. Sie brachten Einkorn, Emmer und Gerste, also die frühen Getreidearten, als Saatgut mit, fernerHülsenfrüchte, domestiziertes Vieh, Techniken der Textilherstellung, die sich ebenfalls in den Donauzivilisationen mit dem senkrechten Webstuhl deutlich weiterentwickelt hatten, sowie last but not least die Kenntnis der keramischen Technik. Die Historiker des 19. Jahrhunderts haben die dann entstehenden Abfolgen der mitteleuropäischen Ackerbaukulturen nach typischen Verzierungsmerkmalen von Tonscherben benannt. Die wie Bänder in den feuchten Ton eingeritzten Linien sind das Charakteristikum der ältesten Gruppe, der Linearbandkeramiker.
    Nach heutigen geografischen Begriffen strahlte die bandkeramische Kultur also von der Nordprovinz Serbiens weiter nordwärts über das heutige Ungarn und Österreich an der Alpennordseite und den Rhein entlang bis zu dessen Mündung. Der Mittelgebirgsrand in die Norddeutsche Tiefebene wurde nicht überschritten. Ober- und Mittellauf der Oder (heute Schlesien) bildeten die Ostgrenze. Den Schwerpunkt der Bandkeramiker bildete der gesamte Donauraum. Dies war das Gebiet der bemerkenswert einheitlichen ersten Ackerbaukultur im Herzen Europas. Sie setzte sich allem Anschein nach auch bemerkenswert schnell durch. Die Einheitlichkeit erkennen die Archäologen an überall gleichen Bestattungsriten (zum Beispiel die Hockerstellung, auf der linken Seite liegend) und eben an den Keramikverzierungen.
    Zur gleichen Zeit, um 5000 v. Chr., hatte die Ausbreitungswelle des Getreideanbaus übrigens auch das Niltal erreicht – lange bevor dort »Ägypten« entstand –, ebenso den Osten, in Richtung des späteren Persien und bis zum Hindukusch (heute Afghanistan).
    Moderne Genforscher ordnen die Bandkeramiker einem Gentypus zu, der sich heute noch im Nahen Osten findet. Neueste DNA-Untersuchungen am Gletschermann Ötzi, dem prominentesten Vertreter der Keramik-Kulturen, belegen ebenfalls die Ausbreitung von jungsteinzeitlichem Ackerbau und Viehzucht aus dem Mittelmeerraum durch zugewanderte Individuen und nicht durch einfache Kulturübernahme. Inzwischen steht fest, dass Ötzi braune Augen und braune Haare hatte. Seine vom Gentypus her nächsten Verwandten könnten in Sardinien und Korsika leben. Aber der Gletschermann stammt natürlich nicht von den Mittelmeerinseln. Ötzi und einige heutige Sarden haben gemeinsame Vorfahren aus der jungsteinzeitlichen Ausbreitungswelle von Nahost her. Er selbst lebte um 3300 v. Chr. als Nachfahre dieser Nahost-Auswanderer, also zu einer Zeit, in der Ackerbau und Viehzucht in Europa bereits fest etabliert waren.
    Mit der neuen Agrartechnik und Agrarökonomie sind gesellschaftliche Lebensformen und kulturelle Ausdrucksformen der Menschen eng verwoben, insbesondere religiös-kultische Vorstellungen. Sie sind für uns beispielsweise durch Funde vorwiegend weiblicher Figurinen einigermaßen fassbar. Die Menschen lebten in Fachwerkhäusern, von deren Erscheinungsbild man sich durch die rekonstruierten, späteren Pfahlbauten eine annähernde Vorstellung machen kann: Zwischen einfachen Holzgerüsten wurden mit Lehm verschmierte Wände aus Flechtwerk gezogen. Zentraler Ort waren Feuerstelle oder Herd, eventuell sogar ein Backofen. Die Herdstelle war nicht nur der Platz für die alltäglichen Verrichtungen, sondern auch für (einfache) Rituale. Darauf deuten die häufigen Funde von weiblichen Figurinen im Herdbereich. Manchmal gab es einen

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