Die Wespenfabrik
sicher,
wenn auch kalt und naß, in mein warmes kleines Bett.
Unter Berücksichtigung aller gegebenen Umstände glaube
ich, daß ich meine Sache ordentlich gemacht habe, daß ich
mit meinem Problem fertig geworden bin, so gut es mir möglich
war. Mein Feind ist zweifach tot, und er befindet sich immer noch in
meiner Gewalt. Ich bin kein vollwertiger Mann, und daran wird sich
nie etwas ändern; aber ich bin ich, und ich betrachte das als
befriedigenden Ausgleich.
Die Sache mit den brennenden Hunden ist ausgemachter Quatsch.
7
INVASOREN IM ALL
Bevor ich begriff, daß die Vögel gelegentlich meine
Verbündeten waren, fügte ich ihnen allerlei unfreundliche
Dinge zu: Ich fischte nach ihnen, erschoß sie, band sie bei
Ebbe an Pfähle, befestigte elektrisch auszulösende Bomben
unter ihren Nestern und so weiter.
Mein Lieblingsspiel bestand darin, zwei von ihnen mittels
Köder und Netz zu fangen und sie dann zusammenzubinden. Meistens
handelte es sich um Möwen, und ich band ihnen jeweils eine dicke
orangefarbene Angelschnur aus Nylon an ein Bein, dann setzte ich mich
auf eine Düne und wartete ab. Manchmal handelte es sich auch um
eine Möwe und eine Krähe, aber egal, ob sie derselben
Gattung angehörten oder nicht, sie fanden jedenfalls bald
heraus, daß sie nicht richtig fliegen konnten – obwohl die
Leine zwischen ihnen theoretisch lang genug war –, und es endete
(nach einigen köstlich unbeholfenen Akrobatikakten)
schließlich damit, daß die beiden gegeneinander
kämpften.
Nachdem einer der Vögel tot war, ging es dem
Überlebenden – der für gewöhnlich schlimme
Verletzungen davongetragen hatte – auch nicht besser, weil er
nun anstatt an einen lebenden Gegner an das hinderliche Gewicht eines
Leichnams gebunden war. Ich habe ein paar ganz Entschlossene
beobachtet, die ihrem geschlagenen Widersacher mit dem Schnabel das
Bein abhackten, doch die meisten waren dazu nicht in der Lage, oder
es fiel ihnen nicht ein, und in der darauffolgenden Nacht machten
sich die Ratten über sie her.
Ich spielte auch noch andere Spiele, doch speziell dieses erschien
mir immer wieder als meine am meisten ausgereifte Erfindung; sie
hatte einen hohen Symbolgehalt und einen angenehmen Beigeschmack von
Gefühllosigkeit und Ironie.
Einer der Vögel schiß auf mein Fahrrad Kiesel, als ich
am Dienstag morgen auf dem Weg in die Stadt dahintrampelte. Ich hielt
an, blickte zu den kreisenden Möwen und einigen Drosseln hinauf,
dann rupfte ich etwas Gras aus und wischte den gelblichweißen
Dreck vom vorderen Schutzblech. Es war ein strahlender, sonniger Tag,
und eine leichte Brise wehte. Die Voraussage für die kommenden
Tage war gut, und ich hoffte, daß das erfreuliche Wetter bis zu
Erics Ankunft anhalten würde.
Ich traf Jamie zum Mittagessen in der Gastwirtschaft der
›Cauldhame Arms‹, und wir setzten uns an einen
Bildschirmtisch, um ein elektronisches Spiel zu spielen.
»Wenn er so verrückt ist, dann kann ich nicht verstehen,
warum sie ihn nicht längst geschnappt haben«, sagte
Jamie.
»Ich habe dir doch gesagt, er ist zwar verrückt, aber
sehr pfiffig. Er ist nicht blöd. Er war schon immer ein
heller Kopf, von Anfang an. Er konnte im zartesten Alter bereits
lesen, was all seine Verwandten und Onkel und Tanten zu der Bemerkung
veranlaßte: ›O je, die Kinder sind heutzutage schon so
früh entwickelt‹ oder ähnliches, noch bevor ich
überhaupt auf der Welt war.«
»Aber das ändert nichts daran, daß er
geistesgestört ist.«
»Das wird allgemein behauptet, aber ich weiß es nicht
genau.«
»Was hat es mit den Hunden auf sich? Und den
Würmern?«
»Okay, das deutet ziemlich stark auf eine Geisteskrankheit
hin, das gebe ich zu, aber manchmal denke ich, vielleicht führt
er etwas ganz Bestimmtes im Schilde, vielleicht ist er überhaupt
nicht verrückt. Vielleicht hatte er einfach keine Lust mehr,
sich normal zu benehmen, und hat irgendwann beschlossen, sich wie ein
Verrückter zu verhalten, und man hat ihn schließlich
eingesperrt, weil er zu weit gegangen ist.«
»Und jetzt ist er unheimlich sauer deswegen und verhält
sich erst recht wie ein Wahnsinniger«, sagte Jamie grinsend und
kippte den Inhalt seines Glases hinunter, während ich
verschiedene ruckartig ausweichende, vielfarbige Raumschiffe auf dem
Bildschirm wegschoß. Ich lachte. »Ja, wenn du so willst.
Ach was, ich weiß nicht. Vielleicht ist er wirklich
verrückt. Vielleicht bin ich verrückt. Vielleicht ist jeder
verrückt. Oder zumindest
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