Die Wespenfabrik
ein
Baby zu haben, das ebenfalls ständiger Fürsorge
bedurfte.
Das war also der letzte Besuch meiner Mutter auf der Insel und im
Haus. Sie hinterließ einen Toten, einen Neugeborenen und einen
fürs Leben Verkrüppelten, in jeder Hinsicht. Keine
schlechte Ausbeute für vierzehn Sommertage voller hemmungsloser
und psychedelischer Liebe und Frieden und allgemeiner Nettigkeit.
Das Ende des Alten Sauls war, daß er an dem Hang hinter dem
Haus begraben wurde, den ich später Schädelhain nannte.
Mein Vater behauptet, daß er das Tier aufgeschnitten und meine
kleinen Genitalien in seinem Bauch gefunden habe, aber ich konnte ihn
nie dazu überreden, mir zu sagen, was er damit gemacht hat.
Paul war natürlich Saul. Dieser Feind war – es konnte
nicht anders sein – listig genug, sich auf den Jungen zu
übertragen. Das war der Grund, warum mein Vater diesen Namen
für meinen neuen Bruder ausgesucht hatte. Es ist ein
überaus glücklicher Umstand, daß ich bereits in so
jungen Jahren hinter die Zusammenhänge gekommen bin, denn Gott
allein weiß, was aus dem Jungen geworden wäre, da er doch
von Sauls Seele besessen war. Aber zum Glück brachten der Sturm
und ich ihn mit der Bombe zusammen, und damit hatte er verspielt.
Was die kleinen Tiere betrifft, die Marder, weißen
Mäuse und Hamster, sie mußten ihre kleinen plumpsenden
Tode im Schlamm erleiden, damit ich zu dem Schädel des Alten
Saul gelangen konnte. Ich schleuderte die winzigen Viecher quer
über den Meeresarm in den Schlamm auf der anderen Seite, damit
sie in den Genuß kamen, beerdigt zu werden. Mein Vater
hätte es niemals zugelassen, daß ich auf unserem
Familienfriedhof Gräber für Tiere aushob, also mußten
sie überführt werden, wobei ihr Abschied von diesem Leben
sich leider in dem würdelosen Behältnis eines halben
Federballs vollzog. Ich kaufte die Federbälle gewöhnlich in
dem Spielzeug- und Sportgeschäft in der Stadt, schnitt die
Gummienden ab und quetschte das widerstrebende Meerschweinchen (zum
Beispiel; ich habe nur ein einziges Mal eines benutzt, rein aus
Prinzip, denn im allgemeinen waren sie zu teuer und ein wenig zu
groß) in den Plastiktrichter, bis er ihm wie ein kleines
Kleidchen um die Taille saß. Auf diese Weise flugfähig
gemacht, schleuderte ich sie mit meinem Katapult hinaus über den
Schlamm und das Wasser an ihr erstickendes Ziel; dann begrub ich sie,
wobei mir als Särge die großen Streichholzschachteln
dienten, die bei uns zu Hause stets neben dem Kamin lagen und die ich
schon seit Jahren sammle und als Behälter für meine
Spielzeugsoldaten, Modellhäuser und so weiter benutze.
Ich erzählte meinem Vater, daß ich versuchte, sie auf
die gegenüberliegende Seite zu schleudern, auf das Festland, und
daß diejenigen, die ich begraben mußte, die zu früh
Abgestürzten, Opfer der wissenschaftlichen Forschung waren, aber
ich bezweifle, daß ich diese Entschuldigung wirklich nötig
hatte; meinem Vater war das Leiden niedrigerer Lebensformen offenbar
ziemlich gleichgültig, trotz seiner Hippie-Vergangenheit und
vielleicht wegen seiner medizinischen Ausbildung.
Ich machte mir natürlich Aufzeichnungen, und deshalb ist es
genau festgehalten, daß es nicht weniger als
siebenunddreißig dieser angeblichen Flugexperimente bedurfte,
bevor mein vertrauenswürdiger Langgriffspaten, als er in die
Erdhaut des Schädelhains biß, auf etwas Härteres als
den sandigen Boden stieß und ich endlich wußte, wo die
Knochen des Hundes lagen.
Es wäre ganz nett gewesen, wenn es auf den Tag genau ein
Jahrzehnt nach dem Tod des Hundes gewesen wäre, daß ich
seinen Schädel ausgrub, aber tatsächlich war ich ein paar
Monate zu spät dran. Gleichwohl endete das Jahr des
Schädels damit, daß ich meinen alten Feind in der
Gewalt hatte; ich zog in einer angemessen dunklen und
stürmischen Nacht das Gefäß mit den Knochen wie einen
wahrhaftig faulen Zahn aus dem Boden, begleitet von Fackellicht und
in der Gesellschaft von Stoutstroke, meinem Spaten, während mein
Vater schlief und ich ebenfalls hätte schlafen sollen und der
Himmel von Donner, Regen und Wind aufgewühlt war.
Ich zitterte, als ich das Ding endlich in den Bunker transportiert
hatte, nachdem ich mich selbst mit paranoiden Horrorvorstellungen
fast zu Tode geängstigt hatte, aber mein Wille setzte sich
durch. Ich legte den verdreckten Schädel dort ab, reinigte ihn,
steckte eine Kerze hinein, umgab ihn mit Gegenständen von
magischer Bedeutung, und gelangte schließlich wieder
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