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Die Wespenfabrik

Die Wespenfabrik

Titel: Die Wespenfabrik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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jeder in meiner Familie.«
    »Das hast du gesagt.«
    Ich blickte kurz zu ihm auf und lächelte. »Manchmal
kommt es mir so vor. Mein Vater ist ein Exzentriker… ich
schätze, ich bin auch einer.« Ich zuckte die Achseln und
konzentrierte mich wieder auf die Schlacht im All. »Aber es
macht mir nichts aus. Es gibt ringsum Leute, die noch viel
verrückter sind.«
    Jamie saß eine Weile schweigend da, während ich auf dem
Bildschirm eine Serie herumflitzender, heulender Schiffe nach der
anderen vernichtete. Schließlich war meine
Glückssträhne zu Ende, und ich wurde meinerseits
fertiggemacht. Ich beschäftigte mich mit meinem Glas,
während sich Jamie daran machte, ein paar von den grellbunten
Formationen in die Luft zu jagen. Ich schaute auf die Oberseite
seines Kopfes hinab, während er sich zur Bewältigung seiner
Aufgabe hingebungsvoll nach vorn gebeugt hatte. Er bekam schon
langsam eine Glatze, obwohl er meines Wissens erst dreiundzwanzig
war. Er erinnerte mich wieder mal an eine Marionette, mit seinem
unproportionierten Kopf und den kurzen, stämmigen Armen und
Beinen, die vor Kraftaufwand zappelten, wenn er den
›Feuer‹-Knopf drückte und an dem Knüppel
herumzerrte, um die Position der Raumschiffe zu steuern.
    »Tja«, sagte er nach einer Weile, während er noch
immer die neu auftauchenden Schiffe angriff, »und viele davon
finden sich offenbar unter den Politikern und Staatsmännern und
solchen Typen.«
    »Was?« fragte ich, da ich nicht verstand, wovon er
sprach.
    »Die Verrückteren. Offenbar sind viele davon die
Führer von Nationen oder Religionen oder Armeen. Die wirklich
Übergeschnappten.«
    »Hm. Kann sein«, bestätigte ich nachdenklich, wobei
ich die Schlacht auf dem Bildschirm aus umgekehrter Sicht verfolgte.
»Oder vielleicht sind sie die einzigen Gesunden.
Schließlich sind sie diejenigen, die über Macht und
Reichtum verfügen. Sie sind diejenigen, die alle anderen nach
ihrer Pfeife tanzen lassen können, so daß jene zum
Beispiel für sie sterben und für sie arbeiten und sie an
die Macht bringen und sie schützen und Steuern zahlen und ihnen
Spielzeuge kaufen, und sie sind diejenigen, die einen weiteren
großen Krieg überleben werden, gut aufgehoben in ihren
Bunkern und unterirdischen Gräben. Also, wenn man davon ausgeht,
daß die Dinge nun mal so sind, wie sie sind, wer kann
behaupten, daß sie bekloppt sind, weil sie sich nicht so
verhalten, wie man sich nach Joe Punters Meinung verhalten sollte?
Wenn sie genauso dächten wie Joe Punter, dann wären sie Joe Punter, und ein anderer hätte seinen Spaß
daran.«
    »Das Überleben der Stärksten.«
    »Genau.«
    »Das Überleben der…« Jamie sog hastig Luft ein
und ruckte so heftig an dem Steuerknüppel, daß er fast vom
Hocker gefallen wäre, doch es gelang ihm, einem der
heranschießenden gelben Bolzen auszuweichen, die ihn in eine
Ecke des Bildschirms getrieben hatten
»…Niederträchtigsten.« Er sah zu mir auf und warf
mir ein schnelles Lächeln zu, bevor er sich wieder über
seine Knöpfe und Hebel beugte. Ich trank und nickte.
    »Wenn du so willst. Wenn die Niederträchtigsten
überleben, dann sitzen wir in der Scheiße.«
    »›Wir‹ sind alle diejenigen, die wie Joe Punter
sind«, sagte Jamie.
    »Genau, oder überhaupt alle. Die gesamte Gattung. Wenn
wir wirklich so schlecht und so beknackt sind, daß wir die
wundervollen H-Bomben und Neutronenbomben gegeneinander verwenden,
dann ist es vielleicht nur gut, wenn wir uns selbst auslöschen,
bevor wir in den Weltraum vordringen und anderen Rassen entsetzliche
Dinge antun können.«
    »Du meinst, wir sind die Invasoren im All?«
    »Genau!« sagte ich und lachte und schaukelte auf meinem
Hocker vor und zurück. »So ist es! In Wirklichkeit sind wir
es!« Ich lachte erneut und stach auf dem Bildschirm in eine
Stelle über einer Formation von roten und grünen zuckenden
Gebilden, während im gleichen Moment eins davon, das seitlich
aus dem Hauptgetümmel ausbrach, hinabtauchte und auf Jamies
Schiff zuschoß; es war zwar kein Volltreffer, doch ein
grüner Flügel streifte das Ziel, während das Ding oben
aus dem Bildschirm verschwand, so daß Jamies Schiff in einem
Blitz von sprühendem Rot und Gelb explodierte.
    »Scheiße!« sagte Jamie und ließ sich
zurücksinken. Er schüttelte den Kopf.
    Ich beugte mich vor und wartete, daß mein Schiff erscheinen
würde.
     
    Nach meinen drei Gläsern war ich nur ein kleines
bißchen betrunken und radelte pfeifend zurück auf die
Insel. Ich

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