Die Wespenfabrik
zurück.
»Nein, Frang, nein«, sagte er kopfschüttelnd und
versuchte, meine Hände wegzuschieben. Ich ließ die
Schachteln fallen und packte ihn fest an einem Arm. Ich zog ihn zu
mir heran und hielt ihm das Messer vor die Kehle.
»Du wirst es mir sagen, oder, bei Gott…« Ich
ließ die Worte verebben. Ich gab seinen Arm frei und fuhr mit
der Hand hinunter zu seiner Hose. Ich zog den Gürtel aus den
schmalen Schlaufen rund um seine Taille. Er versuchte, mich durch
heftiges Zappeln daran zu hindern, doch ich schlug seine Hände
beiseite und drückte ihm das Messer an die Kehle. Ich
schleuderte den Gürtel weg und zog den Reißverschluß
herunter, wobei ich ihn die ganze Zeit über beobachtete und
versuchte, mir nicht vorzustellen, was ich sehen würde –
was ich nicht sehen würde. Ich öffnete den Knopf über
dem Reißverschluß. Ich zog die Seiten seiner Hose
auseinander, zog sein Hemd hoch und heraus. Er sah mich an, auf dem
Bett liegend, mit roten, glänzenden Augen, und er
schüttelte den Kopf.
»Was machsu da, Frangie? Tut mir leid, tut mir ehrlich leid,
’s war doch nur ’n Esperiment… Tu mir nichs, Frangie,
bitte…«
»Du Nutte, du Nutte!« sagte ich, während ich
fühlte, wie mein Blick verschwommen wurde und meine Stimme
bebte. Ich zerrte mit einem hinterhältigen Ruck die Unterhose
herunter.
Etwas schrie draußen in der Nacht jenseits des Fensters. Ich
stand da und starrte auf den dunkelbehaarten, großen, ziemlich
fettig aussehenden Schwanz und die Eier meines Vaters hinab, und
etwas Animalisches schrie dort draußen in der Landschaft der
Insel. Die Beine meines Vaters zitterten. Dann erschien ein Licht,
orangefarben und wabernd, wo kein Licht hätte sein dürfen,
dort draußen, über den Dünen, und weitere Schreie,
Blöken und Bäähs und Schreie; überall
Schreie.
»Herrje, was ’n das?« hauchte mein Vater und wandte
den zitternden Kopf dem Fenster zu. Ich wich zurück, dann ging
ich ums Fußende des Bettes herum und sah aus dem Fenster. Der
schreckliche Lärm und das Licht auf der anderen Seite der
Dünen schienen näher zu kommen. Das Licht umgab wie ein
Halo die große Düne hinter dem Haus, dort, wo der
Schädelhain war; es flackerte gelb mit Streifen von Rauch darin.
Das Geräusch ähnelte dem, das der brennende Hund verursacht
hatte, doch es war um ein Vielfaches verstärkt, wiederholte sich
immer wieder und bohrte sich wie ein spitzer Stachel ins Ohr. Das
Licht wurde heller, und etwas kam über den Kamm der großen
Düne gerannt, etwas Brennendes und Schreiendes, und rannte den
meerwärtigen Hang der Schädelhain-Düne hinab. Es war
ein Schaf, und ihm folgten weitere. Zuerst waren es noch mal zwei,
dann raste ein weiteres halbes Dutzend Tiere über das Gras und
den Sand. In Sekundenschnelle waren die Hügel bedeckt mit
brennenden Schafen, ihre Wolle stand in Flammen, sie blökten in
Panik und rannten den Hang hinab, steckten das dürre Gras und
das Unkraut in Brand und hinterließen eine feurige Spur.
Und dann sah ich Eric. Mein Vater trat bebend neben mich, doch ich
ignorierte ihn und beobachtete die ausgemergelte, tanzende,
hüpfende Gestalt ganz oben auf dem Gipfel der Düne. Eric
schwenkte eine große brennende Fackel in der einen Hand und
eine Axt in der anderen. Auch er stieß wilde Schreie aus.
»O mein Gott, nein«, sagte mein Vater. Ich drehte mich
zu ihm um. Er zog sich die Hose hoch. Ich schob ihn zur Seite und
rannte an ihm vorbei zur Tür.
»Los, komm!« schrie ich ihn an. Ich lief hinaus und
rannte nach unten, ohne mich umzusehen, ob er mir folgte. Ich sah
hinter allen Fenstern Flammen, hörte das Jammern der
gequälten Schafe rings ums Haus. Ich gelangte in die Küche
und erwog, während ich hindurchlief, etwas Wasser mitzunehmen,
kam jedoch zu dem Schluß, daß es sinnlos wäre. Ich
rannte über die Eingangsveranda hinaus in den Garten. Ein Schaf,
das lediglich am Hintern brannte, wäre fast mit mir
zusammengeprallt, als es durch den bereits in hellen Flammen
stehenden Garten rannte und im letzten Moment mit einem
durchdringenden Bääh vor der Tür abschwenkte und dann
über einen niedrigen Zaun in den Vorgarten sprang. Ich hastete
hinten ums Haus herum, auf der Suche nach Eric.
Überall waren Schafe, Feuer loderte ringsum. Das Gras auf dem
Schädelhain stand in Flammen, Flammen schlugen aus dem Schuppen
und dem Gebüsch und den Blumen und Pflanzen im Garten, und tote,
brennende Schafe lagen in bläulichen Flammenlachen, während
andere herumrannten und
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