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Die widerspenstige Braut

Die widerspenstige Braut

Titel: Die widerspenstige Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Dodd
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zum Vorschein. Ein Taschentuch. Der Schlüssel für ihren Schrankkoffer. Der Abschnitt ihres Zugfahrscheins. Und ein bescheidener, sehr bescheidener Geldbetrag.
    Sie machte niemals den Fehler, in ihrem Täschchen mehr als nur das Nötigste an Geld bei sich zu tragen. Das meiste von ihrem Geld trug sie unter ihrem Strumpfband. Wenn ihr Unglück heute Abend anhielt, würde er auch auf diese Idee kommen und im Nu unter ihren Röcken sein.
    Aber er steckte alles wieder ordentlich in das kleine Täschchen und reichte es ihr zurück.
    Sie schnappte sich ihre Tasche und überlegte, ob ländliche Gegenden ausschließlich von Verrückten und Rüpeln bevölkert waren.
    »Warum gehen Sie zu Fuß? Hat es einen Unfall gegeben?«
    Obgleich er sie nicht mehr festhielt, hatte sich der Kommandoton nicht im Mindesten verflüchtigt. Wenn überhaupt, war er noch schärfer geworden, noch nachdrücklicher.
    »In gewisser Weise. Der Stallknecht vom Hawksmouth Inn hat mich und meinen Schrankkoffer abgesetzt und ist wieder in den Ort gefahren.«
    »Warum?«
    »Anscheinend habe ich ihn irgendwie beleidigt.«
    Er musterte sie von oben bis unten und sagte dann: »Das kann ich mir vorstellen.« Der brutale Kerl schwang sich aus dem Sattel.
    Sie war groß, aber er war größer. Er musste auf Socken mindestens einen Meter fünfundachtzig messen, und er hatte diese kräftige, athletische Gestalt, für die viele Männer sehr hart arbeiteten und mit der einige Männer bereits geboren waren. Sie würde jede Wette eingehen, dass Letzteres bei ihm der Fall war.
    Sie hatte sich vorher nicht bedroht gefühlt. Nicht wirklich.
    Aber jetzt schossen ihr Gedanken von Vergewaltigung und Mord durch den Kopf, und zum zweiten Mal in genauso vielen Wochen wünschte sie sich, dass sie ein paar mehr Tricks gelernt hätte, wie man einen kräftigen Freier einschüchtert. Sie hatte beispielsweise ihre Fingernägel in Mr. Wordlaws Adamsapfel geschlagen, worauf er sie blitzschnell freigelassen hatte. Sie glaubte nicht, dass das bei diesem Kerl klappen würde. »Wer sind Sie?«, fragte sie erneut.
    Sie hätte genauso gut den Mund halten und sich die Frage sparen können. »Haben Sie irgendwelche Papiere, die beweisen können, wer Sie sind?«
    »Ich habe einen Brief von Lady Bucknell.«
    »Zeigen Sie ihn mir.«
    »Er ist in meinem Schrankkoffer.« Und sie war froh darüber.
    Sogar wenn es Ärger verursachen würde, sogar wenn er sie foltern würde, weil er ihr nicht glaubte, hatte sie das Bedürfnis, diesem Mann einen Strich durch die Rechnung zu machen, der eine wehrlose Frau bedrohte und einschüchterte auf einer Straße ins Nirgendwo.
    Er beugte sich über sie und starrte sie an, als könnte er dadurch ihre Gedanken entschlüsseln.
    Aber sie wusste genau, dass er das nicht konnte. Mit jeder Sekunde nahm die Dunkelheit zu, eine Art Dunkelheit, die sie noch nie zuvor erlebt hatte, völlig unberührt von irgendwelchen Lichtern der Großstadt.
    Sterne erschienen am Himmel wie kleine Glutkörner in einem riesigen schwarzen Kamin, und er zeichnete sich wie ein bedrohlicher Schatten ab. Sie konnte nicht verhindern, dass ein Schauder sie überlief.
    »Woher kommen Sie, Miss Prendregast?« Seine kräftige Stimme verhöhnte sie.
    Sie fingerte an den Strippen ihres Damentäschchens herum.
    »Aus London.«
    »Sie sind noch nie außerhalb Londons gewesen, nicht wahr?«
    »Niemals.« Angespannt wartete sie darauf, dass er irgendeine grauenhafte Einweisung für Neulinge auf dem Land von sich geben würde.
    Aber er lachte nur, ein Lachen, das sich über ihre Ignoranz mokierte. »Ich kann für Sie nur hoffen, dass Sie eine erstklassige Gouvernante sind.«
    Sie versteifte sich. »Das bin ich.«
    »Gut.« Er ging zurück zu seinem Pferd, stieg auf und ritt in den Wald.
    Sie starrte hinter ihm her, erleichtert, verblüfft … allein.
    »Warten Sie!«, kreischte sie. »Sie müssen mich retten!«
    Keine Antwort, nur das leiser werdende Geräusch von Pferdehufen, die durch das Gebüsch brachen.
    »Etwas könnte mich fressen! Wie weit ist es bis nach Silvermere?«, schrie sie empört. »Könnten Sie irgendjemand Bescheid sagen, dass ich hier draußen bin?« Mit leiserer Stimme sagte sie: »Du finsterer Flegel, hättest mir wenigstens einen Stock dalassen können, mit dem ich die Bären vertreiben kann.«
    Kaum zu glauben. Sie steckte nach wie vor mitten in der Wildnis und wanderte zu einem Haus, das meilenweit entfernt war, in dem Kühe in den Schlafzimmern schliefen und die Menschen auf dem

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