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Die Wiederkehrer

Die Wiederkehrer

Titel: Die Wiederkehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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war nun völlig dahin. Bernd schluchzte zwar – Gott sei Dank – noch nicht, aber seine Lider waren rot, er blinzelte und das Wasser stand so hoch, dass bereits die dichten Wimpern benetzt wurden. Bernd presste die Lippen aufeinander, die Mundwinkel wackelten, das Kinn kräuselte sich. Niko legte die Ohren an und wagte kaum zu atmen. Bitte, bitte nicht heulen.
    „Mir haben meine Freunde auch unterstellt, Drogen zu nehmen“, versuchte Niko eine Aufheiterung. Bernd prustete los. Niko stieß ein erleichtertes Seufzen aus. Doch dann ertönte ein alarmierendes Glucksen. Das war kein Lachen! Bernd öffnete den Mund, als wolle er nach Luft schnappen, nur dass er das nicht tat, fast als würde er ersticken. Dann begann er Laute zu machen, die wie ein Husten klangen, aber keiner waren. Es wirkte wie ein Krampf, sah regelrecht schmerzhaft aus, bis das erste richtige Schluchzen hervorbrach – fast wie ein Niesen. Erste Tränen kletterten auf die Wimpern, abwartend, als wollten sie erst die Höhe ihres anstehenden Sprunges ermessen, dann – du lieber Himmel! – stürzte die erste herab und landete auf Bernds Wange. Der ganze Mann begann zu beben, es schüttelte ihn.
    Niko erstarrte, fühlte sich wie gelähmt. Entsetzt, geradezu panisch, glotzte er auf den weinenden Mann, als wäre er der Abgrund in die Hölle. Was jetzt? Niko wollte weg hier! Raus! Sein ganzer Körper war auf Flucht eingestellt. Langsam, vorsichtig, als müsste er einen lauernden Säbelzahntiger überlisten, zog Niko seine Hand Millimeter um Millimeter aus Bernds Umklammerung. Dieser bemerkte es trotzdem, hob den Blick, schaute Niko mit verzweifelter Verwunderung an und rutschte von der Eckbank. Bernd sank auf die Knie, ließ sich gegen Niko fallen und schlang die Arme um ihn. Schluchzend verbarg er das Gesicht an Nikos Brust. Scheiße!
    Hilflos reckte Niko die Arme in die Luft, um zu verhindern, noch mehr Körperkontakt zu diesem heulenden Mann herzustellen und starrte an sich runter. Es sah nicht so aus, als würde Bernd ihn bald loslassen. Zaghaft senkte Niko die Arme, legte sie unbeholfen um den bebenden, warmen Körper. Es fühlte sich seltsam an, ungewohnt, komisch. Außer vor zwei Tagen seinen Bruder, hatte Niko noch nie einen Mann umarmt – und Ben war streng genommen noch kein Mann, sondern ein Jugendlicher. Benni war schmächtig, zierlich geradezu und außerdem hatte er sich anständig gegen Nikos stürmische Begrüßung gesperrt.
    Das hier mit Bernd war etwas völlig anderes. Bernd war ein richtiger Mann, kräftig, erwachsen, präsent. Außerdem sperrte er sich nicht gegen die Nähe, sondern suchte sie sogar – ja – hatte sie selbst initiiert. Die Umarmung dauerte an – wenn Niko es richtig interpretierte, konnte man das, was Bernd da tat, durchaus
schmiegen
nennen. Bernd
schmiegte
sich an und Niko … er
schmiegte
sich auch irgendwie an Bernd. Es war … schön …
gut.
Niko musste sich eingestehen, dass er die Umarmung genoss – und dass er Bernd anziehend fand. Zwei Mal hatte ihn dieser Mann mit seiner … Art … schon dazu gebracht, selbst Hand anzulegen. Nein, Niko war nicht plötzlich schwul geworden! Andere Männer reizten ihn nicht. Nein, nein. Bernd hatte nur so etwas an sich … möglicherweise lag es ja daran, dass er
auch
ein Wiedergekehrter war. Genau! Das musste es sein! Das war es bestimmt! Das war eine gute Erklärung und erlaubte Niko, die Arme fester um Bernd zu schlingen.
    War es nicht ein Glück, dass Niko hier einen weiteren Menschen gefunden hatte, dem dasselbe widerfahren war? Mit seinen Freunden oder Ben könnte er tatsächlich nie darüber reden. Wie sollte er auch seinem Bruder erklären, dass er mit dessen Freundin zehn Jahre zusammen gewesen war? Das war praktisch unmöglich. Mit wem sonst sollte Niko über all die Dinge sprechen, die erst noch passieren würden und vor denen er sich fürchtete, als mit Bernd? Mit wem sollte sich Niko auf Filme freuen, die erst in einigen Jahren in die Kinos kamen? Konnte man aus seinem Leben nicht einiges herausholen, wenn man die Zukunft kannte? Bernd musste darin ja mittlerweile Erfahrung haben, wissen, ob es möglich war, beispielsweise den Tod eines Menschen zu verhindern. Nur zu gern würde Niko Benni vor dessen frühen Unfalltod bewahren.
    Ja, was Niko da in den Armen hielt, war ein unerwarteter Schatz. Ein Mentor. Und wenn man es auf die Wiederkehr reduzierten wollte, auch ein Seelenverwandter. Behutsam, von einer plötzlichen Zuneigung erfasst, legte Niko eine

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