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Die wilde Gärtnerin - Roman

Die wilde Gärtnerin - Roman

Titel: Die wilde Gärtnerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena-Verlag <Wien>
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abgegeben? Roland? Du hast seinen Namen mittlerweile zweimal genannt, das bedeutet bei dir schon viel. Ist er dein neuer Schüler?«
    Toni verneinte. »Wir kochen nur miteinander. Ich schwöre es!« Toni hob ihre rechten Zeige- und Mittelfinger und überkreuzte sie.
    Helen neigte ihren Kopf zur Seite und dachte, dass sich nicht allzu viel verändert hatte. »Sag nicht, Benno.«
    »Na, dann sagen wir eben:
der Wind
«, lächelte Toni und ließ die Hand auf ihrem Bauch liegen.
    »Nein, das werden wir ganz sicher nicht tun!«, rief Helen entschieden. Sie überlegte, weshalb ihr Toni auch darüber nichts erzählt hatte. Dann fiel ihr eine plausible Antwort darauf ein. »Entschuldige, das ist natürlich deine Sache. – Weiß er es?«
    Toni saugte mit einem Zischgeräusch Luft zwischen ihre Zähne. »Er hat sich nicht bei mir gemeldet und ich mich nicht bei ihm.«
    Helen nickte, als würde sie verstehen. »Ich werde das Kind in einer großen Familie aufziehen. Es wird dich als Tante und Roland als Onkel haben, und all die anderen vom Haus und meine Freundinnen und Freunde hat es auch. Es wird nie allein sein.«
    »Du wirst also das Gegenteil von deinen Eltern machen«, kürzte Helen Tonis Träume ab.
    »Hoffentlich«, sagte Toni. Dann stupste sie ihre Freundin am Arm. »Komm, jetzt brauch ich auch einen Kakao.«
    Toni füllte heiße Schokolade in zwei Häferl, gab je einen Löffel Honig dazu, stellte eines vor Helen auf den Küchentisch, setzte sich und prostete ihrer Freundin zu. »Schön, dass du wieder zuhause bist«, meinte sie. Beide tranken. Helen lehnte sich zurück, hielt ihre Tasse mit beiden Händen auf Magenhöhe. »Helen, ich würd zur Feier des Tages gern ein Willkommensessen für dich veranstalten. Damit dich alle vom Haus begrüßen können. Die sind total glücklich, dass du wieder da bist. Wär das okay für dich?«
    Helen überlegte ernst. »Weißt du was? Das würde mich sogar sehr freuen«, sagte sie.
    »Ist ja erstaunlich.« Toni machte einen Schluck von ihrem Kakao. »Es braucht nur einige Monate Haft und schon nimmst du eine Essenseinladung ohne Widerrede an. Also wenn das kein Fortschritt ist. Pass nur auf, beim nächsten Engelseminar übernimmst du noch den Vorsitz.« Aber Helen lachte nicht, sondern setzte ihr Häferl kommentarlos ab und verließ die Küche. »War nur ein Witz, Helen. Ich mach gar kein Engelseminar!«, schrie Toni ihr nach. Helen ging hinüber ins Wohnzimmer, öffnete die oberste Lade ihres Schreibtischs, stierlte die hintersten Ecken ab, fand nicht, was sie wollte, schloss die Lade, zog eine darunter auf und setzte ihre Suche fort.
    »Und wenn ich doch eins mache, dann lass ich dich in Zukunft damit in Ruhe. Versprochen! Ich hab an mir gearbeitet und erkannt, dass ich deine Bedürfnisse mehr achten soll, damit ich dich nicht überfordere ...«, hörte Helen ihre Freundin weiterreden. Endlich stießen ihre Finger auf den erwünschten Gegenstand. Sie nahm ihn an sich und wollte zurück in die Küche. Aber sie stockte vor dem Fenster. Helen sah zur gegenüberliegenden Wohnung. Dort lümmelte ein junges Paar auf einem Sofa. Sie lag dicht an ihn gedrängt, ihr Kopf auf seiner Brust. Er war eingeschlafen, mit dem Gesicht zur Seite, ein aufgeklapptes Buch auf dem Boden, sein Arm hing schlaff darüber. Die Wohnung war notdürftig eingerichtet, die beiden mussten erst kürzlich eingezogen sein.
    »Was war das mit Berta?«, überlegte Helen und erinnerte sich an das Gesicht der kurzhaarigen Frau, das sie monatelang beobachtet hatte. »Alles nur Chimäre?« Waren Bertas Berichte einfach Lügengeschichten gewesen, von einer, die gerne mehr sein wollte, als sie war? Alles frei erfunden, um Helen zu beeindrucken? Oder war Berta tatsächlich Einzeltäterin im Kampf gegen übermächtige Wirtschaftsstrukturen? Oder Mitglied in einem Netzwerk? »Ach so, der Zweck heiligt die Mittel, verstehe!«, hatte Helen während einer Diskussion mit Berta zornig gerufen, weil sie nicht hinnehmen wollte, dass Bertas Gewalteinsatz notwendig war. »Nein«, hatte Berta damals gekontert, »der Gegner erfordert unheilige Mittel.« Helen betrachtete die gegenüberliegende Wohnung und fragte sich, ob
sie
die Gegnerin gewesen war.
    »Jede braucht eben individuell viel Zeit, um persönliche Veränderungen und Entwicklungen umzusetzen. Das hab ich jetzt in Bezug auf dich begreifen können...«, erörterte Toni noch immer irgendetwas in der Küche.
    Helen ging zu ihr zurück. »Da«, hielt sie ihrer Freundin eine

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