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Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Die wilde Geschichte vom Wassertrinker

Titel: Die wilde Geschichte vom Wassertrinker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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von harmlosen Bakterien, und die Vagina ist dazu geradezu
prädestiniert. Ich sage ›harmlos‹, aber nicht für Sie. Bei einem normalen Penis
werden sie einfach rausgespült.«
    »Aber nicht aus
meinem schmalen, gewundenen Gang?« Dabei dachte ich an die vielen Windungen, in
denen Hunderte von Bakterien ein Leben im Dunkeln führten.
    »Sehen
Sie? Ist das etwa nicht spezifisch?«
    »Und welche
Behandlung kommt da in Frage?« Ich hielt die Plastikbrust noch immer fest. Ein
Mann mit einer unverletzlichen Brustwarze kann sehr tapfer sein.
    »Sie können
wählen zwischen vier Möglichkeiten«, erklärte Vigneron. »Es gibt jede Menge
Medikamente, und eines tut’s immer. Siebenmal in fünf Jahren ist gar keine
Überraschung, bei solch einem Trakt, wie Sie ihn haben. Und so schlimm sind die
Schmerzen nun auch wieder nicht, oder? Sie können doch mit [12]  dieser zeitweiligen
Unpäßlichkeit beim Pinkeln und Bumsen ganz gut leben, oder?«
    »Ich will
sowieso mein Leben ändern«, entgegnete ich. »Ich möchte ein ganz neues Leben
führen.«
    »Dann lassen
Sie das Bumsen sein«, schlug Vigneron vor. »Wie wäre es mit Masturbieren? Ihre
Hände können Sie ja waschen.«
    »So
sehr möchte ich mich nun auch wieder nicht verändern.«
    »Erstaunlich!«
rief Vigneron. Er ist ein gutaussehender Mann, groß, und verdammt selbstsicher;
ich preßte den Plastikbusen fest zusammen. »Erstaunlich, wirklich erstaunlich…
Sie sind jetzt mein zehnter amerikanischer Patient, der die Wahl zwischen
diesen Möglichkeiten hat, und allesamt habt ihr die ersten beiden abgelehnt.«
    »Und was ist
daran so erstaunlich?« wollte ich wissen. »Besonders reizvoll sind sie nicht
gerade.«
    »Nicht für Amerikaner !«rief
Vigneron aus. »Drei meiner Patienten in Paris haben sich entschieden, damit zu
leben. Und einer – und der war nicht mal alt – hat das Bumsen ganz aufgegeben.«
    »Sie haben mir
die beiden anderen Möglichkeiten noch nicht genannt«, entgegnete ich.
    »Hier mache ich
immer eine kleine Pause. Ich möchte raten, wofür Sie sich entscheiden. Bei
Amerikanern hab ich noch nie danebengetippt. Ihr seid ein berechenbares Volk.
Immer wollt ihr euer Leben ändern. Nie akzeptiert ihr das, womit ihr geboren
seid. Und bei Ihnen? Bei Ihnen kann ich es ganz deutlich spüren. Bei Ihnen
kommt nur die Wassermethode in Frage!«
    Der Tonfall des
Arztes erschien mir beleidigend. Ich hielt immer noch den Busen fest in der
Hand und war entschlossen, daß die Wassermethode für mich auf gar keinen Fall
in Frage kommen würde.
    »Natürlich ist
auch diese Methode nicht unfehlbar«, räumte Vigneron ein. »Sie ist bestenfalls
ein Kompromiß. Statt [13]  siebenmal
in fünf Jahren, vielleicht einmal alle drei Jahre – da haben Sie bessere
Karten, mehr nicht.«
    »Gefällt
mir nicht.«
    »Sie haben es
doch noch gar nicht ausprobiert«, erwiderte er. »Es ist ganz einfach. Sie
trinken jede Menge Wasser vorm Bumsen. Und Sie trinken jede Menge Wasser nach dem
Bumsen. Und sachte mit dem Sprit. Bei Alkohol werden die Bakterien munter. Bei
der französischen Armee hatten sie eine geniale Kontrollmethode für
Tripperpatienten. Sie bekamen die normale Dosis Penizillin. Dann, wenn sie
meinten, sie seien wieder gesund, drei Bier vor dem Schlafengehen. Wenn sie
dann am Morgen Ausfluß hatten, mehr Penizillin. Aber Sie brauchen einfach nur
Wasser, jede Menge. Bei Ihrem Urogenitaltrakt brauchen Sie soviel Spülung wie
nur irgend möglich. Nach dem Verkehr müssen Sie lediglich daran denken,
aufzustehen und pinkeln zu gehen.«
    Der Busen in
meiner Hand war nur aus Plastik. Ich sagte: »Sie meinen also, ich soll den
Geschlechtsakt mit voller Blase vollziehen? Das tut doch weh.«
    »Es ist schon
anders«, stimmte Vigneron mir zu. »Aber Sie haben auch größere Erektionen.
Wußten Sie das?«
    Ich fragte nach
der vierten Möglichkeit. Er lächelte.
    »Eine einfache
Operation«, sagte er. »Ein kleiner chirurgischerEingriff.«
    Ich grub meinen
Daumennagel in die Plastikbrustwarze.
    »Wir werden Sie
etwas begradigen«, erklärte Vigneron. »Wir erweitern den Gang. Es dauert nicht
mal eine Minute. Natürlich unter Narkose.«
    In meiner Hand
befand sich eine absurde synthetische Brustdrüse, ganz offensichtlich eine
Imitation. Ich legte sie zur Seite. »Es muß doch weh tun«, sagte ich zögernd,
»ich meine, nach der Operation.«
    »Etwa
achtundvierzig Stunden lang.« Vigneron zuckte mit [14]  den Schultern; alle Schmerzen schienen ihm
gleichermaßen erträglich zu

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