Die wilde Geschichte vom Wassertrinker
unsere ganze Wäsche so schön weggepackt, und der Gedanke,
daß Footballspieler in ihren Unterhosen rumgewühlt hatten, war ihr unangenehm.
Ich hingegen war sehr erleichtert; das Haus stand noch, und von den Stipendien
der Sportler war auch die Miete bezahlt worden. Dann fingen die Klempnerprobleme
an, und Biggie schloß daraus, daß das Haus nur deshalb so sauber war, weil die
Footballspieler ihren ganzen Müll weggespült hatten.
Krotz hat unser
Klo viermal durchgestochert. Unter anderem förderte er sechs Tennissocken, drei
ganze Kartoffeln, einen kaputten Lampenschirm und einen kleinen BH zutage – ganz offensichtlich keinen von Biggie!
Ich habe das
Sportinstitut angerufen und mich beschwert. Zuerst waren sie sehr
entgegenkommend. »Natürlich geht es nicht an, daß unsere Jungs bei den hiesigen
Vermietern bekannt wie bunte Hunde werden.« Es hieß, man werde sich darum
kümmern. Dann fragte mich der Mann nach meinem Namen und welches Haus ich denn
besäße. Ich mußte ihm sagen, daß ich es nicht eigentlich besitze – sondern daß ich der Mieter bin und es den Sportlern für den Sommer
untervermietet hatte. Darauf meinte er: »Ach so, Sie sind Student ?«Ich
hätte das dicke Ende kommen sehen können, aber ich erwiderte: »Richtig – ich
schreibe gerade meine Doktorarbeit in Vergleichender Literaturwissenschaft.« Er
sagte nur noch: »Nun, mein Sohn, bestellen Sie Ihrem Vermieter, er soll uns
seine Beschwerde schriftlich zukommen lassen.«
[28] Und
da mir mein Vermieter gesagt hat, daß ich für jedwede Untervermietung selbst
verantwortlich bin, gehen alle Rechnungen von Klempner Krotz an mich. Und glaub
mir, Couth, ein Klo durchstochern ist eine kostspielige Angelegenheit.
Ich denke, du
weißt, was ich meine… falls du was übrig hast.
Ich bin wirklich davon überzeugt, Couth, daß du fein raus bist.
Ein Hausmeister meistert alles, nicht nur das Haus! Aber Gott sei Dank ist dies
mein letztes gottverdammtes Jahr als Student. Mein Vater sagt: »Mit einem
Doktor hast du einen ordentlichen Beruf. Aber dafür muß man während seiner
Ausbildung auch Entbehrungen auf sich nehmen.«
Mein Vater – das
hat er dir bestimmt schon mal erzählt – hat meine Mutter erst geheiratet, nachdem er
mit der Schule fertig war, nach dem Medizinstudium, nach der
Zeit als Assistenzarzt und nachdem er in Great Boar’s Head, New
Hampshire, Fuß gefaßt hatte. Der einzige Urologe im Krankenhaus von Rockingham-by-the-Sea.
Nach sechsjähriger Verlobung mit meiner guten Mutter– nach
zweitausendeinhundertneunzig Nächten Wichsen – beschloß mein Vater, daß die
Zeit zum Heiraten reif war.
Diesen Sommer
hab ich zu ihm gesagt: »Schau dir doch mal Couth an. Der hat’s gut. Neun Monate
im Jahr ein Herrenhaus, ganz für sich allein, alles umsonst. Und nur drei
Monate im Sommer kümmert er sich um das Anwesen der Pillsburys, hält ihnen ihr
riesiges Grundstück in Ordnung, dichtet ihre Boote ab und wäscht ihnen die
Wagen; und sie behandeln ihn wie ein Familienmitglied. Was sagst du dazu?«
Mein Vater
antwortete: »Couth hat aber keinen Beruf.«
Also, Couth,
Biggie und ich finden beide, daß du jeden mit einem Beruf in die Tasche stecken
kannst.
Spül alle
siebzehn Klos einmal auf mein Wohl.
Dein Bogus
[29] 4
Abendliche Rituale in Iowa
Nach seiner Enterbung hatte er gelernt, kleine
Ungerechtigkeiten in sich hineinzufressen, und er wünschte, sie würden
miteinander verschmelzen und in ihm eines Tages eine große Wunde zurücklassen,
die ihm fürderhin einen Grund gab, sich wie ein Märtyrer zu fühlen.
Bogus drückt
die Aufnahmetaste. »Ich habe mir schon immer auch die nichtigsten
Ungerechtigkeiten gemerkt«, erzählt er dem Mikrophon, wenig überzeugend, »und
war schon im zarten Kindesalter für Selbstmitleid anfällig.«
»Was?« ertönt
Biggies Stimme, tief und müde, von draußen aus dem Flur. »Nichts, Big«, ruft er
ihr zu und bemerkt, daß er das auch mit aufgenommen hat. Beim Löschen überlegt
er: Woher hab ich eigentlich das Selbstmitleid? Er hört seinen Vater antworten:
»Von einem Virus.« Aber Bogus ist sicher, daß er ganz allein darauf gekommen
ist. »Das ist alles selbstgemacht«, sagt er, mit erstaunlicher Überzeugung in
der Stimme; dann bemerkt er, daß er das nicht aufgenommen hat.
»Was hast du
selbst gemacht?« fragt Biggie, jetzt mit hellwacher Stimme, aus dem
Schlafzimmer.
»Nichts, Big.«
Aber ihr Erstaunen über die Möglichkeit, daß er etwas selbst machen könnte,
schmerzt.
Er
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