Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)
gefallen!«
Die Haare und Kleider voller Heu krochen alle wieder aus ihren Verstecken und setzten das Doppelbandentreffen fort.
Schon wenige Minuten später entschied das Los und ein gemeinsamer Plan stand fest.
Bob und Little sollten auf der Alm die Stellung halten und Giulia und Gelatino gegenüber behaupten, die anderen wären zum Windbruch gewandert.
Lilli und Ole, die einen Suchtrupp bildeten, packten die Ausrüstung zusammen. Very und Mitch statteten die Walkie-Talkies mit frischen Batterien aus und Little stellte drei Armbanduhren auf die Sekunde gleich. Sollten weder Lilli und Ole noch Very und Mitch die Vermissten bis exakt halb sechs finden, war es Bobs und Littles Aufgabe, Giulia und Gelatino reinen Wein einzuschenken und den Staiger Sepp zu informieren.
Da auch die Tiere um diese Uhrzeit gemolken werden mussten, würde spätestens dann sowieso auffallen, dass Vroni, Enya und Erik fehlten.
Auch wenn sie nicht vorhatten, nach Einbruch der Dunkelheit noch unterwegs zu sein, und auch wenn es nicht nach Regen aussah, steckte Lilli zur Sicherheit ihre Regenjacke und eine Taschenlampe zu dem Bergsteigerseil in ihren Rucksack.
Bob und Little verließen den Heustadel. Die beiden Suchtrupps warteten Bobs Pfiff ab, der besagte, dass die Luft rein war, und entfernten sich im Laufschritt von der Alm.
Die Steine knirschten unter Lillis, Oles, Verys und Mitchs Tritten. Wie geplant, wollten sie gemeinsam das Geröllfeld überqueren und sich an der Schutzhütte trennen. Very und Mitch sollten Richtung Hausberg nach den Vermissten suchen, während Ole und Lilli den Weg zum Falkenturm einschlagen wollten. Noch während sie sich durch die Steinwüste arbeiteten, hörten sie Hilferufe und legten einen Zahn zu.
So schnell sie konnte, rannte Lilli hinter Ole her. Sie fiel hin, rappelte sich auf und hetzte weiter. Very sprang mehr von Stein zu Stein, als dass sie lief. Mitch torkelte und fluchte.
Die Hilferufe kamen eindeutig aus der Schutzhütte. Lilli kürzte durch ein Dickicht aus Latschenkiefern ab und glaubte, ihren Augen nicht zu trauen. Um die ganze Schutzhütte herum war ein Seil geschlungen. Vor der Tür war es verknotet und durch einen Karabinerhaken mit dem Türgriff verbunden.
»Lasst uns raus!«, rief Vroni aus der Hütte.
»Und macht schnell!«, drängte Erik.
Ole erreichte den Weg und kam jetzt schneller voran. Kurz vor Lilli, Very und Mitch traf er an der Hütte ein und löste den Karabinerhaken vom Türgriff.
Sofort wurde die Tür von innen aufgestoßen. »Na endlich!« Erik sauste wie der Blitz aus der Hütte und verschwand hinterm nächsten Gebüsch.
Vroni nahm dankbar die Trinkflasche, die Lilli ihr hinhielt. »Mit meinem eigenen Seil!« Kopfschüttelnd zeigte sie auf den Karabinerhaken.
»Wer hat euch denn eingesperrt?«, fragte Mitch.
Lilli hatte schon verstanden, wer das gewesen war, und warf einen Blick in die leere Hütte. »Wieso hat Enya das gemacht?«
»Keine Ahnung!« Trotzig fuhr Vroni sich durch die blonden Haare. »Sie muss uns zur Schutzhütte gefolgt sein und dann …« Sie unterbrach sich kurz. »Mein Rucksack lag vor der Tür, und bis wir es mitgekriegt hatten, war es schon zu spät!«
»Mann, musste ich dringend!« Sich den Hosenschlitz schließend, kam Erik aus dem Gebüsch zurück.
»Was habt ihr denn da drin gemacht …« Mitch zeigte auf die offen stehende Hütte.
Weder Vroni noch Erik antworteten.
Verwirrt starrte Mitch erst Vroni und dann Erik an. »Habt ihr da drin … geknutscht?«
Alle blickten erwartungsvoll in Eriks und Vronis errötende Gesichter. Erik nickte und Vroni schüttelte den Kopf.
Während die andern anfingen durcheinanderzureden, überrollte Lilli eine Woge schlechten Gewissens. Die ganze Zeit hatte Enya es geahnt. Und immer wieder hatte Lilli es abgetan und ihre Freundin im Stich gelassen. Wie einsam musste Enya sich gefühlt haben? Lilli schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. »Hat Enya was gesagt?«, übertönte sie das Gerede über Knutschen oder Nichtknutschen. »Wo sie hinwill?«
Alle verstummten und Vroni schüttelte den Kopf.
»Ihr zwei bildet den dritten Suchtrupp!«, entschied Lilli und gab Erik und Vroni einen Schubs. »Ihr sucht talabwärts.« Lilli überlegte, wie sie an Enyas Stelle reagiert hätte. »Vielleicht will sie nur nach Hause. Wann geht der Bus nach Hochdorf?«
Vroni schaute auf die Uhr. »In anderthalb Stunden, das schaffen wir noch!« Sie stopfte ihr Seil in ihren Rucksack, der noch immer neben der Schutzhütte
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