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Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmid
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auf dem Boden lag.
    Ole hielt Erik am Arm fest. »Holt euch vorher bei Little das vierte Walkie-Talkie!« Er legte den Finger an die Lippen. »Und bis halb sechs kein Wort zu den Erwachsenen!«
    Erik nickte und lief hinter Vroni her.
    Ohne weitere Zeit mit langen Reden zu verlieren, schlugen Very und Mitch den Weg zum Hausberg ein, während Lilli und Ole sich nach rechts hielten. Anders als bei dem Unwetter neulich, war es leicht, die Orientierung zu behalten. Sofort fanden sie die Schneise im Wald und folgten ihr bis zum Flurkreuz mit Antonios Gedenktafel. Lilli und Ole redeten kaum, so konzentriert wanderten sie bergauf. Alle paar Schritte riefen sie nach Enya. Aber sosehr sie auch auf eine Antwort lauschten, sie hörten nur ihr eigenes Atmen, den Wind und einmal auch einen fernen Falkenschrei. Endlich traten sie aus dem Waldschatten. Die schon schräg stehende Sonne blendete Lilli, dunkel ragte die Silhouette des Falkenturms in den Himmel.
    Von der aberwitzigen Hoffnung beseelt, Enya einfach in der Ruine hockend vorzufinden, erklomm Lilli die Felsenstufen in solchem Tempo, dass Ole Mühe hatte, ihr auf den Fersen zu bleiben. »Enya!«, rief Lilli atemlos. Und immer wieder: »Wo bist du?«
    Aber es kam keine Antwort aus der Ruine, und als Lilli durch das Loch in das menschenleere Gemäuer kletterte, brach ihre Enttäuschung so heftig über sie herein, dass sie mit den Tränen kämpfend auf die Knie sank. Ole kauerte sich neben sie und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Vielleicht haben die anderen sie längst gefunden«, sagte er beruhigend.
    Aber Lilli ließ sich nicht beruhigen. »Und wieso funken sie uns dann nicht an?«
    Ole blickte auf das Walkie-Talkie, und jetzt bemerkte auch Lilli, dass das grüne Licht über der Sprechtaste nicht mehr leuchtete.
    »Wir sind schon eine ganze Weile außerhalb der Reichweite«, murmelte Ole.
    Lilli wischte sich übers Gesicht und blinzelte. Nahe der Öffnung in der Mauer baumelte eine Feder im Gesträuch. Das war keine Falkenfeder, das war Enyas Bandenzeichen! Lilli lief hin und befreite die Hühnerfeder aus den stachligen Zweigen.
    »Die muss Enya hier verloren haben«, sagte Ole.
    »Oder absichtlich weggeworfen«, murmelte Lilli. Sie hängte sich Enyas Bandenzeichen um den Hals und schob es zu ihrem eigenen unter den Jackenkragen.
    Sie kletterte auf das Gemäuer und schrie, so laut sie konnte: »Enya!«
    Erst kam ein fernes Echo ihrer Rufe, aber dann … Lilli traute ihren Ohren nicht! Wieso sollte das Echo ihren eigenen Namen zurückwerfen? »Lilli!«
    Auch Ole hatte es gehört und jetzt ertönte es noch einmal. »Lilli … Hilfe!«
    »Enya, ich komme!« Lilli schrie aus voller Kehle.
    Die beiden Bandenchefs rannten, so schnell es das Gelände erlaubte, sie stolperten über Geröll, zwängten sich zwischen Gesteinsbrocken hindurch und kletterten über blanken Fels. Dann ging es steil abwärts und sie gerieten schließlich in ein dicht an dicht mit niedrigen Bäumen bewachsenes Wäldchen. Obwohl es nicht regnete, tropfte es überall. Kleine Rinnsale hatten den Boden aufgeweicht und manchmal sank Lillis Wanderschuh tief in den feuchten Grund ein. Nur mühsam kamen die beiden Freunde voran. Immer wieder schlugen ihnen nasse Äste ins Gesicht. Immer lauter drangen Enyas Hilferufe an ihr Ohr und immer heftiger klopfte Lillis Herz vor Aufregung und Anstrengung.
    Endlich war Enyas Stimme ganz nah, Lilli arbeitete sich durch ein schier undurchdringliches Dickicht, riss die Arme nach hinten, rutschte aus und landete unsanft auf den Knien. Keuchend starrte sie in eine tiefe Kluft.
    »Vorsicht, Lilli!« Ole hielt sie an ihrem Rucksack fest. »Komm weg da und leg dich auf den Bauch!«
    Lilli gehorchte Oles Befehl. Beide robbten vorsichtig bis an die Kante. »Enya?«
    Von unten kam Enyas Antwort. »Hier unten, ich steck fest!«
    Lillis Unterarme ruhten auf tropfnassen Moospolstern und glitschiger Erde. Sie schob sich eine Handbreit nach vorne und reckte den Kopf. Unter ihr klaffte eine schmale Schlucht. Zwischen all dem Wirrwarr von Wurzeln, abgebrochenen Ästen und dürren Tannenzweigen erkannte Lilli glitzerndes Wasser. Ein glucksendes Gurgeln drang herauf. Und Enyas Stimme: »Mir ist so kalt, Lilli!«
    »Bist du verletzt?« Lilli konnte Enya nirgends sehen.
    »Ich glaub nicht, ich kann mich nur kaum bewegen!«
    »Wo bist du, Enya, gib mir ein Zeichen!« Lillis Hand rutschte ab und ein nasses Stück Moos fiel in die Tiefe.
    »Hier!«, rief Enya verzweifelt. »Mir ist so kalt und

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