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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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Eine Handvoll aß sogar die kümmerlichen Gerichte, die hier als Essen durchgingen, weil sie zu träge waren, woanders etwas Vernünftiges zu essen. Die hatten hier Wurzeln geschlagen.
    Wurzeln. Das Wort beschwörte Bilder von Leschiji und seiner schönen Tochter in Jacks Kopf herauf. Er schüttelte sie wie Spinnweben ab. Je schneller er die unendliche Weite des Nordens hinter sich ließ, desto besser.
    »Da hinten«, Hal nickte in Richtung der hintersten Ecke.
    Jack wunderte sich, dass Merritt sich ausgerechnet dort niederließ, an einem kleinen runden Tisch weit weg vom Tresen. Um die nächste Ladung zu bestellen, musste er aufstehen und bis zur Theke marschieren, dabei gab es unmittelbar am Tresen noch genug Plätze. Er schien sich beinahe zu verstecken – in der Ecke und hinter seinem Glas.
    Hal ging voraus, und sie bahnten sich ihren Weg zwischen den Tischen hindurch, vorbei an mürrischen Männern und aufgeregt fröhlichen Damen. Sie alle warteten auf irgendetwas, das sie aus ihrem benebelten Zustand aufrütteln würde, und versuchten nicht darüber nachzudenken, was sonst mit ihnen passieren würde.
    Jack sehnte sich danach, ein einfaches, ehrliches, unbekümmertes Gelächter zu hören, wie er es von daheim in Kalifornien kannte. Doch um sich diesen Wunsch zu erfüllen, musste er erst die schwere düstere Last dieses Orts abwerfen. Er wünschte sich ein ganz normales Mädchen mit wachen, klugen Augen und einem Lächeln, das zugleich schüchtern und verheißungsvoll war. Im Yukon hatte er unbeschreibliche Schönheit vorgefunden, aber es war ein Ort ohne Mitleid. Er sehnte sich nach der Wärme eines Sonnenuntergangs am Pazifik.
    Aber noch war es nicht so weit.
    »Merritt«, setzte er an, als sie den Tisch erreichten.
    Hal hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Der Junge, der keiner mehr war, setzte sich dem Mann mit dem zotteligen roten Bart gegenüber, der einmal Jacks Freund gewesen war. Jack blieb zurück und beobachtete die beiden. Nach einer Weile sah Merritt zu Hal hoch.
    »Ich dachte, du hast dir einen Job gesucht«, bemerkte Merritt.Er legte den Kopf zur Seite, als sei er nicht ganz sicher, ob Hal wirklich da war.
    »Hab heute früher Feierabend gemacht«, erwiderte Hal. »Wollte fragen, ob du mit mir zu Abend essen willst.«
    Merritt fuhr sich mit den Fingern durch den wuchernden Bart. »Zu früh fürs Abendessen.«
    »Aber nicht für Whisky?«
    Das entlockte Merritt sogar ein Lächeln, das aber sofort in ein höhnisches Grinsen überging. »Für Whisky ist es nie zu früh. Nicht hier, so weit weg von der Welt.«
    »Das hier ist ein Teil der Welt, Merritt«, meinte Jack.
    Hal blitzte ihn an, um ihn zum Schweigen zu bringen. Doch Jack hatte keine Zeit mehr zu warten, bis Merritt sich von seinem seelischen Schock, den er erlitten hatte, wieder erholt hatte. Er schnappte sich einen Stuhl vom Nebentisch und zog ihn herüber. Nun saßen alle drei beisammen. Merritt schien ihn wie immer nicht wahrzunehmen.
    Jack schlug mit der Faust auf den Tisch. Merritt zuckte zusammen.
    »Siehst du?«, sagte Jack. »Ich bin kein Gespenst.«
    »Keine Ahnung, wer zum Teufel du bist«, knurrte Merritt, »aber ich wäre an deiner Stelle etwas vorsichtiger. Hier drin kann man genauso gut ein Messer in den Bauch kriegen.«
    Jack lächelte. Das war ein Fortschritt. Merritt sah ihm immer noch nicht in die Augen, als ob der Stuhl von selber hier rübergewandert wäre und niemand darauf saß, aber er hatte zumindest reagiert. Das war schon mal was.
    »Merritt, du musst damit aufhören«, meinte Hal. »Du musst die Augen aufmachen. Das ist …«
    »Sei still«, meinte Jack.
    Hal schwieg und ließ Jack weitermachen,
    Jack packte Merritt am Arm. Bei der Berührung zuckte der große Mann zurück. Der Stuhl schrappte über die Dielen, und Merritts Brust hob und senkte sich in panischen stoßweisen Atemzügen. Doch Merritt griff nicht nach der Waffe.
    »Das hier ist ein Teil der Welt«, bekräftigte Jack. »Es ist vielleicht nicht der schönste Teil. Furchtbare Dinge passieren. Dinge, die einem unglaublich erscheinen. Aber du bist immer noch auf dieser Welt, du hast sie nicht verlassen. Du kannst nach Hause zurückkehren, zu den Städten und Dörfern, zu den Häusern und Gasthäusern und Geschäften, zu deinen Freunden und deiner Familie, die dort auf dich warten. Ich kann dich dorthin zurückbringen, Merritt, wenn du mich lässt.«
    Merritt lächelte Hal beinahe verzweifelt an. »Ich hol mir noch was zu trinken, Hal. Soll ich

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