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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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einer der Jungen und hob die Hände, als wäre es ein Überfall.
    »Halt die Klappe, du Trottel!«, zischte Archies Kumpan.
    Merritt ging ein paar Schritte von Jack weg und hielt die Waffe auf den großen, dünnen Sklaventreiber gerichtet. Der Mann hatte ein langes Kinn und eingefallene Wangen, was ihm ein pferdeähnliches Aussehen gab. Sein funkelnder Blick war tückisch und grausam, was Jack nicht weiter überraschte.
    Archies Hand schwebte immer noch knapp über seiner Hüfte.
    »Lass mal sehen«, forderte Jack ihn auf. »Mantel auf, aber schön langsam.«
    Archie tat wie befohlen, machte seinen Mantel auf und enthüllte darunter ein langes, gefährlich aussehendes Messer in einer Scheide an seiner Hüfte. Als er das Messer sah, musste Jack grinsen. Er spürte das Grinsen in sich hochsteigen und konnte gar nicht anders. Es war ein wildes, ausgelassenes Grinsen, das die anderen zu beunruhigen schien, denn Archies Kollege murmelte irgendwas, und die beiden Jungs begannen miteinander zu flüstern.
    »Zieh den Mantel aus«, meinte Jack.
    »Wer zum Henker bist du?«, wollte Archie wissen.
    Das hatte Jack nicht erwartet. Er ging etwas näher und drehte sein Gesicht weiter ins Mondlicht. Es dauerte zwar einige Sekunden, doch dann riss Archie erstaunt die Augen auf.
    »Ich dachte, du bist tot«, sagte der Sklaventreiber.
    »Wie du siehst, bin ich noch ganz munter«, erklärte Jack und hatte sich tatsächlich noch nie so lebendig gefühlt.
    Archie nickte langsam. »Schön. Ich habe es schade gefunden, dich nicht selbst umbringen zu können.«
    Jetzt zog er tatsächlich seinen Mantel aus. Er warf ihn ab wie ein Mann, der etwas Dringendes zu erledigen hatte. Jack konnte es ihm nachempfinden.
    »Was wollen die Kerle?«, fragte das Pferdegesicht.
    Merritt spannte den Hahn seiner Waffe. »Nur die beiden Jungs. Lasst sie laufen, und es gibt keinen Ärger.«
    »Aber wir …«
    »Schnauze«, knurrte Archie.
    Jetzt sah Jack die beiden Jungs an. Er erkannte in ihren erschrockenen Augen denselben Ausdruck wie bei Hal Monate zuvor wieder, nur dass Hal trotziger gewesen war. Nicht so furchtsam wie diese beiden Unschuldslämmer. Jack hatte als Junge viele solcher Typen gekannt und sie nach Kräften verteidigt, doch fast immer nahm es mit ihnen trotzdem kein gutes Ende.
    »Ihr hättet nie hierherkommen sollen«, sagte er. »Ihr findet hier höchstwahrscheinlich kein Gold, sondern eher Blut. Fahrt wieder nach Hause.«
    »Und du kannst zur Hölle fahren!«, sagte einer von ihnen und fletschte die Zähne wie ein Welpe, der seinen Fressnapf verteidigt.
    Na ja, vielleicht haben sie doch ein Chance , dachte Jack. Wer die Wildnis in sich hineinlässt, überlebt vielleicht sogar.
    »Diese Typen wollen euch nur versklaven«, erklärte Merritt. »Sie werden euch niederknüppeln und zur Arbeit einspannen, und alles Gold, das ihr findet, gehört ihnen. Das haben sie mit uns auch gemacht. Die meisten, die dabei waren, sind jetzt tot.«
    Jack war froh, dass Merritt es beim Namen genannt hatte. Die Jungs hatten vor ihm weniger Angst, und die Art und Weise, wie sie von Archie und Pferdegesicht abrückten, sagte ihm, dass sie ihm glaubten. Merritt hatte schon immer etwas Grundehrliches an sich gehabt.
    »Haut ab«, befahl er den Jungs und winkte sie mit seinem Revolver fort.
    Archie verzog das Gesicht vor Wut und Empörung, ließ sie aber laufen. Die Jungs flohen die Straße hinauf Richtung Bar.
    »Und du meinst wohl, jetzt sind sie in Sicherheit?«, höhnte Archie.
    »Nächstes Mal werden sie auf euch gefasst sein«, antwortete Jack und bemerkte ein vertrautes Knurren in seiner Stimme. Sein Herz raste erwartungsvoll, und er wusste, dass der Wolf bei ihm war, auch wenn er ihn nicht sehen konnte.
    Der Wolf würde immer bei ihm sein, denn er trug ihn in sich.
    Jack steckte seinen Revolver wieder weg und ließ seinen schweren Mantel von den Schultern zu Boden gleiten. Archie machte einen halben Schritt vor, doch Merritt richtete den Colt auf ihn, und der Sklaventreiber überlegte es sich anders. Unter den Augen der beiden Ganoven schnallte Jack beide Revolverhalfter los, trug sie zu Merritt hinüber und legte sie dort ab.
    Dann ging er wieder auf Archie zu, bis sie nur ein bis zwei Meter voneinander entfernt waren. Das Pferdegesicht hatte er schon total ausgeblendet – Merritt würde sich um den Mann kümmern. Jacks und Archies Blicke kreuzten sich, und Jack spürte den Wolf in sich aufsteigen. Er griff nach unten und tastete nach dem Messer an seinem

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