Die Winde von Darkover - 13
fallenlassen. Er durfte nicht schwach werden, das wußte er, und bekam ihn wieder fest in den Griff. In verzehrender Intensität spürte er die Verehrung der kleinen Leute für die Göttin des Feuers, die in der Gestalt eines zierlichen Mädchens in den Flammen stand.
Ganz am Rande seines Bewußtseins hörte Barron Schreie und Rufe von oben, aber er wagte nicht hinaufzusehen. Mit seinem ganzen Sein kämpfte er um den Rapport zwischen der Göttin in den Flammen und ihren kleinen Verehrern.
Ein Pfeil flog von irgend-, von nirgendwoher. Dann zerbrach eine Drohung. Barron fühlte es nur vage, wurde sich dessen jedoch nicht bewußt. Sein Geist war auf Desideria fixiert. Eine steile Flamme züngelte nach oben. Er hörte einen Schrei. Und dann begann vor Barrons Augen die zarte, feuerumwogte Gestalt zu majestätischer Größe zu wachsen, bis eine riesige, verhüllte, menschenähnliche Gestalt bis zur Burg hinaufreichte, eine Frau, deren Flammenhaar im Wind tanzte, von deren hocherhobenen Armen goldene Feuerketten hingen. „Sharra! Sharra! Flammenhaarige, flammengekrönte, flammengekettete Sharra! Kind des Feuers!“ Ein singender Ruf ging vom Schmiedevolk aus, und die Dorfbewohner kamen herbeigelaufen und fielen in den hymnischen Gesang mit ein.
Lachend warf die Gestalt ihre Arme hoch, und Barron fühlte, wie die Verehrung der Menschen durch ihn floß und in die Flammengestalt überging.
Fragmente von Gedanken schwammen in seinem Geist: Wenn Sharra je ihre Ketten bräche, stünde das ganze Universum in Flammen… Larry, wo bist du? Du bist nicht da. Ich will mit dir sprechen durch meinen Geist. Nicht jetzt, später…
Er wußte, daß er außerhalb von Zeit, Raum und Wahrnehmung stand. Auch Storn war da, aber Barron schloß ihn aus. Nur das Feuer war da. Er sah es nicht mit den Augen seines Körpers. Er sah das geistige Feuer der ungeheuren Kraft, die aus den Geistern der Menschen stammte, von ihm wie in einem Brennglas gesammelt wurde, um vertausendfacht die Welt aus den Angeln zu heben…
Sharras Finger streckten sich aus, sprühten Blitze und sandten feurige Kugeln zu den Männern an den Wällen. Sie schrien entsetzt, als ihre Kleider in Flammen standen. Barron war in einer zeitlosen Welt und wußte nicht, wie lange dieser Kampf dauerte. Er spürte, wie die Männer oben flohen, brannten und starben. Er spürte, wie Brynat, der verzweifelte, todesmutige Bandit allein an den Wällen stand und sie außerhalb der Reichweite des Feuers verteidigte.
Von irgendwoher kam ein großer, weißer Vogel geflogen. Er kreiste um Barrons Kopf, stieß mit einem metallenen Schnabel nach seinen Augen. Barron taumelte, schrie und fiel. Die Feuer sanken in sich zusammen und starben. Das Netz ungeheurer Energie fiel von Barron ab. Er lag auf den Knien. Die unheimliche Wucht der Kraft hatte ihn buchstäblich umgerissen. Melitta stand wie versteinert da und starrte zur Höhe hinauf.
Desideria war wieder ein junges, zerbrechliches Mädchen mit roten Haaren und blassem, angestrengtem Gesicht. Sie zitterte, aber kein Härchen, kein Fäserchen an ihren Kleidern war angesengt. Ein letztes Mal flackerte das Feuer auf. Mit krampfhaften Bewegungen schob sie den blauen Kristall in ihr Kleid. Dann brach sie bewußtlos zusammen und lag wie tot da. Oben auf der Burg gab es nur noch Sterbende an den Wällen.
15.
Voller Ehrfurcht hoben die kleinen Männer Desideria auf und trugen sie in den Burghof hinein. Die Toten wurden von ihnen einfach in die Abgründe gerollt. In ihrer Begeisterung hätten sie am liebsten auch die Sterbenden und Verwundeten hinuntergeworfen, aber Barron verwehrte es ihnen. Er staunte, wie bedingungslos sie gehorchten. Was würde nun mit den Gefangenen geschehen? Er wußte nicht, was man auf Darkover mit solchen Leuten vorhatte. Melitta schickte ein paar Leute in das Verlies hinunter, um Eldric zu befreien, der zu Barrons Erstaunen ein Junge von fünfzehn Jahren war. Mit der Würde eines jungen Königs bedankte er sich bei seinen Befreiern und brach dann schluchzend in Melittas Armen zusammen. Allira hatte sich in der Königssuite versteckt, da sie nicht wußte, ob das ein neuer Überfall oder die Rettung war. Barron fand in ihr ein großes, schlankes, hellblondes Mädchen, das den meisten Menschen wohl viel schöner erschien als Melitta. Sie erholte sich schnell von ihrem Schrecken, bedankte sich würdevoll und bemühte sich sofort um Desideria.
Barron war erschöpft und hungrig, doch an eine Entspannung war nicht zu denken. Er
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