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Der Amboss der Sterne

Der Amboss der Sterne

Titel: Der Amboss der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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MARTY SITZT VORN IM BUICK SEINES VATERS und fährt in der Dämmerung des Mittsommers über eine Autobahn in Oregon. Die Autobahn ist voller Wagen, und Regen glitzert auf der Straße. Graublauer Himmel, grellrote Schlußlichter, Reflexe auf feuchten dunkelblauen Fahrwegen, golden blitzende Verkehrszeichen, große Laster mit hellen Scheinwerfern und blitzenden Richtungsanzeigern, Scheibenwischer, die alles zu blendenden Streifen verschmieren, Regentropfen, in denen sich der Mikrokosmos spiegelt.
    Er fühlt das glatte Fell und die Wärme seines Hundes Gauge, der zwischen die Sitze gedrängt ist. Seine Vorderpfoten und sein Kinn ruhen auf Martys Knie. Marty fragt: »Vater, ist der Weltraum leer?«
    Arthur antwortet nicht. Es gibt keine Autobahnen mehr und keine Erde. Sein Vater ist mit der Arche aufgebrochen und inzwischen auf dem Mars, in ferner Zukunft.
    Martin Gordon rührte sich und bemühte sich aufzuwachen. Er schwebte in seinem Netz, öffnete die Augen und entspannte die Fäuste. Eine einzelne salzige Träne, die aus der ruhigen, kühlen Luft in seinen Mund gesaugt wurde, geriet ihm in die Kehle. Er hustete und rappelte sich völlig wach. In der großen, hohen Kabine schlängelten sich Perlen und Ketten aus weißem Licht wie Reihen von Automobilen über die Wände.
    Er drehte sich auf dem ihm plötzlich fremdartig erscheinenden Platz um. In dem Netz neben ihm schwebte eine Frau. Ihr dunkelbraunes Haar war fast schwarz, das Gesicht von Schlaf benommen; die nach oben gerichteten Augen öffneten sich, und die breiten Lippen lächelten. Sie fragte: »Geht es dir gut?«
    Er sagte: »Ich denke, ja. Ich habe geträumt.« Martin hatte in letzter Zeit viel geträumt und noch mehr, seit er sich mit Theresa zusammengetan hatte. Er hatte von der Erde geträumt. Die Träume waren zugleich angenehm und verwirrend, während jeden Schlafs vier oder fünf.
    »Wovon?«
    »Von der Erde. Meinem Vater.«
    Acht Jahre nach dem Tod der Erde hatten die Kinder die Zentrale Arche im Orbit um die Sonne verlassen; und ihre Reise auf dem Schiff des Gesetzes hatte begonnen.
    Zwei Jahre nach der Abreise der Kinder, gemessen in Bordzeit der Arche, waren die Überlebenden der Erde, die zurückgeblieben waren, in Tiefschlaf versetzt worden.
    Zwei Jahre für die Zentrale Arche hatten für die Kinder nur ein Jahr ausgemacht, während das Schiff des Gesetzes auf relativistische Geschwindigkeit beschleunigte. Jetzt, bei mehr als neunundneunzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit, verging die Zeit noch langsamer relativ zum äußeren Universum, sechseinhalb Tage für jedes Jahr, und Jahre waren auf jeden Fall ein archaisches Maß, gemessen an den Bahndaten einer Welt, die nicht mehr existierte.
    Falls noch am Leben, hatten sich Martins Eltern und alle Überlebenden in der Arche inzwischen auf dem Mars angesiedelt nach fast drei Jahrhunderten ununterbrochenen Schlafes.
    Für Martin und die Kinder waren nur fünf Jahre vergangen.
    Theresa rückte in dem für eine Person bestimmten Netz näher an ihn heran und murmelte: »Immer dieser Faden«, und schlief wieder ein, was ihr immer so leicht fiel.
    Martin schaute sie an, immer noch verwirrt durch die Dissonanz zwischen der in allen Dimensionen unendlich fernen Vergangenheit und dieser Frau, deren Brust sich gleichmäßig hob und senkte, wobei die Augen im Traum zuckten.
    Der Faden, die Nabelschnur für alle Kinder, wurde nur im Tode zerschnitten.
    »Bitte dunkel!« sagte er, und die Lichtbänder wurden schwächer. Er wandte sich von Theresa ab, hustete noch einmal und sah hinter geschlossenen Augen rote Schlußlichter und mystisch blaue Fernstraßen.
    Wenn die Fahrer nur gewußt hätten, wie schön dieser dichte Verkehr war, wie lieblich der Regen und wie wenige Dämmerungsabende ihnen noch blieben.
     
    Das Schiff des Gesetzes war aus Erde hergestellt, geschmolzen und montiert aus den Fragmenten des Erdkörpers, eine Welt für sich, die ganz dicht an der Geschwindigkeit des Lichts fuhr, Hunderte von Jahren entfernt vom Staub und Schutt der Heimat.
    Von den Kindern beim Beginn ihrer Reise Dämmerungsgleiter getauft, ähnelte das Schiff einer Schlange, die drei Eier verschlungen hat, und maß von Kopf bis Schwanz fünfhundert Meter. Jedes Ei, genannt Heimkugel, hatte einhundert Meter im Durchmesser. Zwischen den Heimkugeln, die wie Früchte in durch Hälse verbundenen Körben wirkten, enthielten in Vorratstanks die Reserven des Schiffs an flüchtigen Substanzen: Wasserstoff, Lithium, Helium, Stickstoff,

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