Die Witwen von Paradise Bay - Roman
pubertierender Teenager will ich seinen vulgären Kommentar für ein Kompliment halten und erröte. Ches nimmt mich bei der Hand und führt mich in den Wald, weg von Prissy und Ryan und den anderen Paaren. Ich folge ihm mit klopfendem Herzen bis zu einer kleinen Lichtung. Im Dunkeln sehe ich alles schwarz-weiß. Ches’ Hemd ist eigentlich rot und blau, aber jetzt erscheint es in unzähligen Grautönen. Er bittet mich, ihm meine Titten zu zeigen, und ich gehorche gerne, schiebe mein T-Shirt und meinen BH hoch, damit sich das Mondlicht über meine Brüste ergießt. Ches beäugt sie gierig und fragt, ob er sie berühren dürfe. Als ich es ihm erlaube, fragt er, ob er weitergehen dürfe. Ich finde das sehr höflich von ihm, denn Prissy hat mir erzählt, dass Ryan einfach losgelegt hat, bevor sie begriffen hatte, was da vorging. Ches zieht seine Jeansjacke aus und legt sie unter einen Baum, damit ich meinen Kopf darauf betten kann, und das erscheint mir geradezu galant. Nach diesem Abend bin ich schwanger, aber das weiß ich erst drei Monate später.
Als mir die Folgen meiner Dummheit bewusst werden, überkommt mich maßlose Reue. Ich lege mich ins Bett, presse die Fäuste in meinen Bauch, um dieses grässliche Ding, das da in mir wächst, herauszuzwingen. Dann nehme ich mir vor, mich die Kellertreppe hinunterzustürzen, um das Problem loszuwerden, aber auf der oberen Stufe bleiben meine Füße zögernd stehen, weil ich zu viel Angst habe, mir mehr anzutun als meinem ungeborenen Kind.
Prissy ist die Erste, die es erfährt. Sie tut so, als würde alles gut. Sie verurteilt mich nicht, sieht mich nicht mitleidig an und schüttelt auch nicht enttäuscht den Kopf. Sie nimmt mich in den Arm, sagt, dass ich eine großartige Mutter werde, und fragt, ob sie mir bei der Geburt beistehen dürfe. Ich überspiele meine Kränkung, denn offensichtlich glaubt sie, Ches wolle sich vor der Verantwortung drücken, aber ich habe da ganz konkrete Erwartungen. Als ich mich aufmache, um es ihm zu sagen, verliert Prissy kein Wort. Sie glaubt bestimmt, dass er mich enttäuschen und einfach verleugnen wird.
Ich weiß, wo ich ihn suchen muss. Auf der Eisbahn. Am Wochenende fährt er den Zamboni, um das Eis zu glätten. Ich entdecke Ches vor dem Lagerschuppen. Er lehnt an den blassblauen Brettern und raucht. Seit jener Nacht habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen, aber ich denke oft an ihn. Sonntags, so male ich mir aus, fahren wir nach unserer Hochzeit die Küste entlang und halten unterwegs an, um ein Softeis zu essen. Sein Haar ist gewachsen, auf der Oberlippe sprießt ein Bart.
»Hey«, rufe ich. »Kann ich mal mit dir reden?«
Er wirkt nicht besonders erfreut, mich zu sehen. Er zieht ein letztes Mal an seiner Zigarette und wirft sie lässig auf den Boden. Ein Atemhauch kommt aus seinem Mund, von der Zigarette oder von der Kälte. Ches steckt die Hände in die Taschen. Wir schauen beide auf den verglimmenden Zigarettenstummel. Dass es so unangenehm wird, habe ich nicht erwartet.
»Willst wohl mehr, was?« Er zieht mich an sich, presst sein Becken gegen meins und schiebt eine kalte Hand unter meine Bluse. Fassungslos mache ich einen Satz nach hinten.
»Ich bin schwanger«, platzt es aus mir heraus. »Im dritten Monat.« Er weicht vor mir zurück, als wäre ich eine Aussätzige. Sein Gesicht wird fahl, in seinen Augen steht die Angst. Ich empfinde sogar ein wenig Mitleid, denn ich hatte drei Monate, um das alles zu verdauen, und er erst wenige Sekunden.
»Das wird schon«, sage ich beschwichtigend. »Wir müssen ja nicht heiraten oder so, zumindest nicht gleich. Die Zeiten haben sich geändert. Ich möchte eine moderne Mutter sein und arbeiten, vielleicht sogar zur Berufsschule gehen. Ich dachte an Reisekauffrau oder Dentalhygienikerin.« Ich plappere wild drauflos, denn Ches hat bisher kein Wort gesagt, und das Schweigen ist schwer zu ertragen.
»Glückwunsch.« Er zieht eine Zigarette aus der Hosentasche. »Und warum erzählste mir das? Ich sag nur, alles Gute.«
Er zündet ein Streichholz an, legt die Hände darum, doch der Wind bläst die Flamme gleich wieder aus. Prissy hat so etwas erwartet, denn sie hatte versprochen, uns Brownies zu backen, als hätte sie gewusst, dass ich Trost brauche. Aber noch stehe ich unter Schock. Ich muss daran denken, wie Ches meinen Körper erforscht hat. Er war langsam, sanft, und es war, als wüsste ich etwas über ihn, was niemand sonst weiß. Jetzt komme ich mir vollkommen dämlich vor. Da stehe
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