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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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erzählen, denn ich fürchte, wir werden Prissy bald verlieren. Sie sitzt mir gegenüber, in Claras Küche, wir trinken Tee, während Georgia im Kühlschrank und in den Schränken Platz für die Kuchen und Kräcker schafft, die vom Beerdigungsempfang übrig geblieben sind. Georgia räumt einen Schrank leer, um den Inhalt sinnvoller zu ordnen. Sie hält ein großes Glas Metamucil hoch.
    »Brauchst du das noch?«
    Prissy hat noch immer glasig rote Augen, und deshalb sollte ausgerechnet Georgia ein wenig sensibler sein. Immerhin hat sie fünf Jahre gebraucht, um auch nur ein einziges Teil von Joseph wegzuwerfen. Die Beerdigung war schwer für Prissy. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Endgültigkeit in dem Moment, wenn der Sarg herabgelassen wird, zuschlägt. Prissy schüttelt den Kopf und lächelt. »Ich hoffe nicht.«
    »Ich habe gute Neuigkeiten«, sage ich. Georgia kramt unbeirrt im Kühlschrank herum, obwohl sie mehr nascht als wegräumt.
    »Wir bekommen die Förderung für unsere Selbsthilfegruppe.«
    Georgia hört endlich auf, im Kühlschrank zu rumoren, Prissy sieht mich ungläubig an. »Ist das dein Ernst?«, fragt Georgia.
    »Warum sollte ich über so etwas scherzen? Gerade jetzt? Ich habe mich mit Roger Parsons, Dr. Dunn und einem Computerexperten getroffen. Das meiste Geld soll für Internetkram genutzt werden. Für eine Website, Chatrooms und so was alles. Ich verstehe nicht viel von Computern, aber wenn wir behaupten, junge Witwen zu sein, müssen wir uns wohl auch jung benehmen. Marianne hat gesagt, sie will es mir beibringen.«
    Georgia kreischt vor Freude und umarmt erst mich, dann Prissy. »Das sind tolle Neuigkeiten«, quietscht sie und löchert mich mit Fragen. Ich bestehe darauf, dass Georgia die Vollzeitstelle nimmt – sie dagegen will, dass ich sie nehme. Am Ende einigen wir uns darauf, die Stelle zu halbieren. Prissy weigert sich ohnehin, mitzumachen.
    »Ich bin keine rechtmäßige Witwe«, betont sie, aber ich habe den Eindruck, dass noch etwas anderes im Busch ist.
    Prissy wird bald von hier fortgehen, auch wenn sie es selbst noch nicht weiß. Als Clara in die Erde hinabgelassen wurde, hatten Prissys Schultern gezuckt, sie wurde von Schluchzern regelrecht geschüttelt. Howie hatte sie an sich gezogen, sie hatte an seiner Brust geweint, in seinen Wollmantel. Er hatte ihr das Haar glattgestrichen und etwas ins Ohr gewispert und mit den Lippen sanft ihre Stirn gestreift. Howie war so zärtlich und Prissy so offen und vertrauensvoll, dass man kaum glauben mochte, dass sie vor wenigen Wochen noch verwitwet sein wollte. Bei ihrem Anblick hatte sich etwas in meinem Innern geregt, denn Ches hat mich niemals so im Arm gehalten.
    Marianne fragt mich ständig, ob ich ihren Vater geliebt hätte, und ich sage immer automatisch Ja, denn das ist die richtige Antwort, vor allem unter diesen Umständen. Wenn ich die Augen schließe und mich sehr konzentriere, sehe ich Ches, wie er früher war, bevor er getrunken, bevor ihn der Unfall wochenlang ans Bett gefesselt und er fast nur noch geschlafen hat. Wir kamen ganz gut miteinander aus. Wir waren auch manchmal eine Gemeinschaft. Aber ich habe ihn nicht so geliebt, wie man sollte, sicher nicht so, wie Georgia ihren Joseph geliebt hat oder Prissy ihren Howie liebt.
    Als Marianne mich neulich gefragt hat, warum sich ihr Vater umgebracht hat, ist es mir leichter gefallen, ihr eine ehrliche Antwort zu geben. Ich musste an den Tag denken, an dem ich Ches gesagt habe, dass ich schwanger sei, und er mir durch das hohe Gras gefolgt ist. Ich musste daran denken, wie Ches Marianne einmal auf den Schultern getragen und vor Kälte gezittert hat, damit sie die Weihnachtsparade von St. John’s nicht verpasste. Ich erinnere mich, mit welcher Begeisterung er versucht hatte, als Marianne drei war, ein zweites Kind zu bekommen, und ich weiß auch noch, wie ernst es ihm mit der Suche nach einem Nebenjob war, nachdem ich ihn damals mit Marianne verlassen hatte. Es sind wenige, vereinzelte Erinnerungen. Überwiegend habe ich einen unrasierten, ungepflegten Ches vor Augen, der im Bett gelegen hat und den Tag nicht bewältigen konnte. Die Antwort auf Mariannes Frage ist einfach. »Dein Vater wollte ein guter Mann sein. Er wollte es besser machen, aber trotz all seiner Anstrengungen konnte er nicht der Mensch sein, der er sein wollte.« Ich habe ihr versichert, dass Ches sie sehr geliebt hat, dass nur mit ihm etwas nicht in Ordnung und er in seinem Innern sehr traurig war. Das

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