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Die Woelfin

Die Woelfin

Titel: Die Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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herumspukten, die ihn zumeist darin hinderten, zunächst einmal an das Naheliegendste zu denken. Nein, das war es nicht allein. Denn der Junge kannte den alten Mann. Das war nicht verwunderlich. Wenn man in einem kleinen Dorf wohnte, in dem schließlich jeder jeden kannte. Und wenn es nur aus den Erzählungen der Anderen war, die über Andere redeten.
    Bei dem alten Mann handelte es sich um den Friedhofsangestellten. Der alte Justus - eigentlich hieß er August Wiemeier - hatte in seinem ganzen Leben keine andere Arbeit getan als die Löcher auf dem Kirchhof auszuheben, in denen man die Toten als Ort ihrer letzten Ruhe versenkte. Über fünfzig Jahre seines Lebens hatte er dies getan, ohne sich auch nur ein einziges Mal über seine Aufgabe zu beschweren. Etwas, daß für einige seiner Mitmenschen schon Grund genug war, zu argwöhnen, daß mit dem guten August Wiemeier etwas nicht stimmen mochte. Jemand, der sich lieber bei den Toten als bei den Lebendigen aufhielt, konnte doch nicht ganz normal sein. Deshalb lachte man hinter seinem Rücken oder munkelte hinter vorgehaltener Hand gar gemeine Dinge über ihn und nannte ihn fortan nur den Toten-August oder Gespenster-Justus.
    Mittlerweile hatte der alte Justus seine Pfeife in Gang gesetzt und schmauchte blaugraue Wolken in die sich allmählich bereits wieder abkühlende Nachmittagsluft.
    Voller Erstaunen sog der Junge den würzigen Duft des Tabakrauchs in seine Nase und wunderte sich, daß er darunter eine Note wahrzunehmen glaubte, die eher bei Hippie-Treffs oder im Szene-Jargon auf sogenannten Tütenparties zu Hause war.
    Auf dem Gesicht des Alten lag ein gutmütiges und zugleich gewitztes Lächeln, gesäumt von unrasierten, graubestoppelten Wangen. Justus hatte sich die feingeschnittenen Gesichtszüge des Jungen, dessen fragiles Wesen, eine lange Zeit betrachtet, um sich ein Bild von seinem Gegenüber zu machen. Schließlich zog er das zer-kaute Mundstück der Pfeife zwischen seinen gelben Zähnen hervor und machte einen Versuch, das lastende Schweigen zwischen sich und dem Jungen zu brechen:
    »Nun, mein Junge, erzähl mir mal eins: Was tust du hier eigentlich? Du bist doch nicht zum ersten Mal hier. Ich habe dich an diesem Platz doch schon öfters gesehen.« Der Alte machte eine wegwerfende Handbewegung und zwinkerte dem Jungen schelmisch zu, um seinen Fragen ein wenig die Schärfe zu nehmen, wobei er mit der Pfeife zwischen den Zähnen irgendwie albern aussah, und ergänzte: »Ich meine, du bist doch sicherlich nicht hierher gekommen, um die Toten beim Kaffeekränzchen zu belauschen, nicht wahr?«
    Der Junge verzog sein ebenmäßigen Züge zu einer mürrischen Grimasse und bellte dem alten Mann abweisend ins Gesicht: »Ach! Was wissen Sie schon!« Danach senkte er den Kopf, als ob er etwas in seinem Antlitz vor dem forschenden Blick des Alten verbergen mußte.
    Der wiederum paffte einige Momente schweigend und sah in eine andere Richtung, dann wandte er sich in einem weniger burschikosen Tonfall wieder an den Jungen. »Du kannst ruhig Justus zu mir sagen! Ich weiß, wie die Leute mich hinter meinem Rücken nennen und was sie von mir behaupten, aber ich glaube, du bist ein ziemlich gescheiter Bursche und kannst Gerede von der Wahrheit unterscheiden.« Und nachdem er die Worte ein paar Augenblicke lang hatte einwirken lassen, fügte er mit einem erneuten Lächeln hinzu: »Allerdings würde ich auch ganz gern deinen Namen erfahren, denn >mein Junge< wird auf Dauer doch ganz schon eintönig, findest du nicht?«
    Der Junge schaute auf die Erde zu seinen Füßen, als könne er dort die Antwort auf seinen innerlichen Zwiespalt finden, ob er sich dem alten Mann nun anvertrauen sollte oder nicht, bis schließlich ein eher gehauchtes »Thomas« über seine Lippen holperte, ohne daß er bereits bewußt eine Entscheidung getroffen hatte.
    »Also gut, Thomas! Freut mich, dich kennzulernen! Du mußt wissen: Ich lerne gern Leute kennen! Denn manchmal kann man dabei auch neue Freunde finden! Ich weiß, das hört sich alles ganz anders an, als das, was die Leute über mich erzählen. Daß ich nur ein einsiedlerischer alter Griesgram wäre, der mit den Lebenden nichts zu tun haben will. Naja, das mit dem Griesgram stimmt vielleicht, aber ich habe dir ja gesagt, daß ich deinem Einschätzungsvermögen vertraue. Also, wie wär's? Erzählst du mir nun ein bißchen von dir? Ich erfahre nämlich gern etwas über meine Freunde!«
    Wieder machte der Alte eine Pause und schaute dem Jungen

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