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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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gucken dich an.“
    Dieser Ausspruch schien dem Kleinen Schrecken einzujagen; denn kaum hatte Klement ihn getan, als der Kleine mit dem Kopfe nickte.
    „So ists recht!“ sagte Klement. Er zog sein Messer heraus, durchschnitt dem Kerlchen die Fessel an den Händen und ging dann hastig zur Tür hinaus.
    Vor allem andern löste der Junge jetzt die Schnur von seinen Füßen und zog sich den Knebel aus dem Mund. Als er sich dann aber nach Klement Larsson umsah, um ihm zu danken, war dieser schon verschwunden.
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    Klement war noch nicht weiter als nur eben zur Tür hinausgekommen, als er einem schönen alten Herrn begegnete, der nach einem nahegelegenen, herrlichen Aussichtspunkt unterwegs zu sein schien. Klement konnte sich nicht erinnern, den vornehmen alten Herrn schon einmal gesehen zu haben; dieser aber hatte Klement wohl schon öfters bemerkt, wenn er seine Volkweisen spielte, denn er blieb stehen und redete ihn an.
    „Guten Tag, Klement,“ sagte er. „Wie geht es dir? Du wirst doch nicht krank sein? Du kommst mir seit einiger Zeit etwas abgemagert vor.“
    Der Herr hatte etwas so unbeschreiblich Leutseliges in seinem Wesen, daß sich Klement ein Herz faßte und ihm erzählte, wie sehr ihn das Heimweh plage.
    „Wie? Hier in Stockholm hast du Heimweh? Das ist doch wohl nicht möglich!“ sagte der vornehme alte Herr und sah dabei fast ein wenig gekränkt aus. Aber dann fiel ihm ein, daß er ja einen alten Bauern aus Hälsingeland vor sich hatte, und der frühere freundliche Ausdruck trat wieder in sein Gesicht.
    „Du hast gewiß noch nie gehört, wie Stockholm eigentlich entstanden ist, Klement? Sonst wüßtest du ganz genau, daß du dir das Heimweh nur einbildest. Komm, begleite mich zu der Bank dort drüben, dann will ich dir ein wenig von Stockholm erzählen.“
    Nachdem der vornehme alte Herr sich auf der Bank niedergelassen hatte, ließ er seinen Blick zuerst einige Augenblicke auf Stockholm ruhen, das sich in seiner ganzen Pracht vor ihm ausbreitete, und er atmete tief auf, wie wenn er die ganze Schönheit der Gegend in sich aufnehmen wollte. Dann wendete er sich an den Spielmann.
    „Siehst du, Klement,“ begann er und zeichnete, während er sprach, in den Sandweg vor sich eine kleine Landkarte. „Dies hier ist Uppland, und hier gegen Süden schiebt sich eine von vielen Buchten zerrissene Landzunge herein. Und hier schließt sich Sörmland an mit einer zweiten von ebensovielen Buchten zerschnittenen Landzunge, die direkt nach Norden läuft. Und hier von Westen her kommt ein See mit vielen Inseln. Dies ist der Mälar. Und hier von Osten fließt ein andres Wasser herbei, das vor lauter Inseln und Schären kaum vorwärts kommen kann. Das ist die Ostsee. Hier aber, Klement,hier, wo Uppland mit Sörmland und der Mälar mit der Ostsee zusammentreffen, fließt ein kleiner Fluß, der heißt der Norrstrom, und mitten drin im Norrstrom liegen drei kleine Holme.
    Ursprünglich waren diese Holme nichts weiter als gewöhnliche Inseln mit ein paar Bäumen darauf, die seit undenklichen Zeiten ganz unbewohnt dalagen, wie es heutigentages noch viele hier im Mälar gibt. Sie hatten ganz zweifellos eine recht gute Lage, da sie gerade in der Mitte von zwei Seen und zwei Landschaften lagen, aber das fiel niemand auf. Ein Jahr ums andre verging, die Menschen siedelten sich sowohl an den Mälarufern als draußen auf den Schären an, aber die drei Holme mitten im Norrstrom bekamen keine Bewohner. Nur selten einmal legte ein Seefahrer dort an und schlug sein Nachtlager auf; aber niemand ließ sich dauernd da nieder.
    Eines Tages nun hatte ein Fischer, der auf der Lidinginsel draußen am Meere wohnte, sein Boot in den Mälar hereingesteuert, und fing da eine solche Menge Fische, daß er ganz vergaß, zu rechter Zeit sein Boot wieder heimwärts zu lenken. Er war nicht weiter gekommen als bis zu den drei Holmen, als auch schon die Nacht hereinbrach. Da dachte der Fischer, er täte gewiß am besten, hier an Land zu gehen und zu warten, bis der Mond aufgegangen wäre, denn der Mond war im Zunehmen.
    Es war im Spätherbst und noch wunderschönes Wetter, obwohl die Abende schon recht dunkel zu sein pflegten. Der Fischer zog also sein Boot an Land, legte sich daneben, bettete seinen Kopf auf einen Stein und versank bald in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, war der Mond schon hoch am Himmel; er stand gerade über dem Fischer und leuchtete gar prächtig mit fast tageshellem Schein.
    Der Mann sprang auf und wollte eben sein Boot

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