Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe
auf, und zugleich ertönte der Knall eines Schusses. In ihrem Eifer hatten die Vögel nicht gemerkt, daß sie über einem Boot hinflogen, in dem ein einzelner Fischer saß.
Es wurde indes niemand getroffen; aber gerade über dem Boot öffnete Flügelschön den Schnabel und ließ den Däumling ins Meer fallen.
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37
Stockholm
Vor mehreren Jahren wohnte auf Skansen, dem großen Freiluftmuseum bei Stockholm, wo so gar vielerlei Merkwürdiges aus ganz Schweden zusammengebracht worden ist, ein kleiner, alter Mann, namens Klement Larsson. Er stammte aus Hälsingeland und war nach Skansen gekommen, um dort alte Volkstänze und Volkslieder auf seiner Geige zu spielen. Er trat aber natürlich meist nur an den Nachmittagen als Geiger auf, vormittags saß er als Wächter in einem der schönen Bauernhäuser, die man aus allen Teilen des Landes nach Skansen verpflanzt hat. Im Anfang dachte Klement, er habe es jetzt auf seine alten Tage besser, als er sich in seinem ganzen Leben je einmal zu träumen gewagt hätte. Aber nach einiger Zeit wurde es ihm schrecklich langweilig da droben, besonders in den Stunden, wo er Aufsicht hatte. Wenn Leute kamen, die sich das Haus ansahen, dann ging es ja noch an; aber manchmal saß der gute Klement stundenlang ganz allein da drinnen, und dann überkam ihn das Heimweh mit solcher Gewalt, daß er es oft kaum mehr aushalten konnte und allen Ernstes daran dachte, seine Stelle aufzugeben. Er war freilich sehr arm, und wenn er in seine Heimat zurückkehrte, fiel er der Gemeinde zur Last, das wußte er recht wohl. Deshalb kämpfte er auch mit aller Macht gegen das Heimweh an, obgleich er sich von Tag zu Tag unglücklicher fühlte.
Eines schönen Tages, zu Anfang Mai, hatte Klement ein paar Stunden frei, und er ging eben den steilen Hügel hinab, auf dem Skansen liegt, als er einem Fischer aus den Schären begegnete, der mit seinem Kasten auf dem Rücken daherkam. Der Fischer war ein junger, kräftiger Mann, der öfters nach Skansen kam und Seevögel anbot, die er lebendig gefangen hatte; Klement war schon oft mit ihm zusammengetroffen.
Heute nun hielt der Fischer Klement an und fragte ihn, ob der Vorstand von Skansen daheim sei. Nachdem Klement ihm Auskunft gegeben hatte, fragte er seinerseits den Fischer, was er denn Seltenes in seinem Kasten habe.
„Ich will es dir zeigen, Klement,“ sagte der Fischer, „wenn du mir dafür einen guten Rat geben und mir sagen willst, was ich dafür verlangen soll.“
Damit streckte er Klement seinen Fischkasten hin. Klement sah hinein, sah noch einmal hinein und trat hastig einen Schritt zurück. „Um alles in der Welt, Asbjörn, wo hast du denn diesen aufgetrieben?“
Es war ihm eingefallen, daß ihm seine Mutter, als er noch ein Kind war,oft von den Wichtelmännchen, die unter dem Steinboden wohnten, erzählt hatte. Er sollte nicht weinen und nicht schreien, damit die Wichtelmännchen nicht erzürnt würden. Als er dann erwachsen war, hatte er geglaubt, seine Mutter habe die Geschichten von den Wichtelmännchen nur erfunden, um ihm einen heilsamen Schrecken einzujagen. „Aber nun ist es also doch keine Erfindung von meiner Mutter gewesen,“ dachte Klement. „Denn hier in Asbjörns Kasten liegt ja einer aus dem Wichtelvolk.“
In Klements Herzen wohnte noch immer ein Rest von jener Kinderangst, und es lief ihm kalt über den Rücken hinab, als er in den Kasten hineinschaute. Asbjörn sah Klements Schrecken und fing zu lachen an; aber Klement nahm die Sache sehr ernst.
„Erzähle mir doch, wo du ihn her hast,“ sagte er.
„O, du mußt nicht denken, ich hätte ihm aufgelauert,“ sagte Asbjörn. „Das Kerlchen ist selbst zu mir gekommen. Heute morgen bin ich in aller Frühe im Boot hinausgefahren, und kaum hatte ich das Festland hinter mir, als eine Schar Wildgänse mit lautem Geschnatter von Osten dahergezogen kam. Ich feuerte einen Schuß auf sie ab, traf jedoch keine von ihnen, dafür aber sauste dieser kleine Kerl aus der Luft herunter und fiel dicht neben meinem Boot ins Wasser, ich brauchte nur die Hand nach ihm auszustrecken.“
„Du wirst ihn doch nicht getroffen haben, Asbjörn?“
„O nein, er ist ganz frisch und gesund; aber zuerst war er nicht so recht bei sich, und diese Gelegenheit benützte ich, ihm Hände und Füße mit einem Stück Bindfaden zusammenzubinden, damit er mir nicht davonlaufen könnte. Denn ich dachte ja gleich, das sei etwas für Skansen.“
Klement wurde es ganz sonderbar zumut, als der Fischer sein Erlebnis
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