Grusel auf Campbell Castle
Das Spukschloss
Dumpf hallte der Schlag von den feuchten Wänden wider, als die schwere Holztür ins Schloss fiel. Kurz darauf wurden zwei mächtige Eisenriegel vorgeschoben. Für Bob hörte es sich fast an wie ein Stöhnen, als sie über die verrosteten Halterungen kratzten. Dann, nachdem sich das letzte Echo in den modrigen Mauerritzen verkrochen hatte, war es still. Still wie in einem Grab.
Bob war gefangen.
Beklommen sah sich der dritte Detektiv um. Graue, gemauerte Wände türmten sich um ihn. Nur aus einem winzigen vergitterten Mauerloch weit über seinem Kopf sickerte fahles Tageslicht in staubigen Streifen zu ihm herab. Langsam ging er die steinernen, ausgetretenen Stufen hinunter, die zum Grund des düsteren Verließes führten. Die massiven, grob behauenen Mauersteine glänzten hier und da vor Nässe, und irgendwo tropfte es auch. Pling, plong, pling, plong. Unablässig, nervtötend. In einer Ecke befand sich etwas Stroh, grau wie ein räudiges Fell. Und es roch streng. Bob mochte gar nicht daran denken, wonach. Ein wenig rechts davon lag ein verbeulter Blechnapf auf dem Boden. Verkehrt herum, so als könnte er sich nicht ansehen, wohin er hier geraten war. Und dann entdeckte Bob die schweren Ringe an der Wand. Und die alte Kette darunter, die sich wie eine dunkle, große Schlange auf dem nackten Lehmboden wand. Den dritten Detektiv schauderte. Diesmal konnte er die Bilder, die in seinem Kopf entstanden, nicht verdrängen. Bilder von ausgezehrten Körpern, von Leid, von Qualen und Entbehrungen. Und als dann auch noch eine große, schwarze Ratte an der Mauer entlangtrippelte, packte ihn die Angst. Er musste raus hier. Sofort. Keine Sekunde länger würde er es in diesem furchtbaren Kerker aushalten.
»Hallo?«
Der Ruf verhallte in der muffigen Luft, die Ratte quiekte und rannte schneller. Sonst passierte nichts.
»Hallo! Hören Sie mich?« Bob starrte zur Tür und lief die Stufen wieder hinauf.
Aber nichts tat sich.
»Hallo! Hallo!« Er hämmerte gegen das Holz. »Lassen Sie mich raus! Hallo!«
Ungehört verpufften seine Schläge, obwohl der Schmerz an seiner Handkante fast unerträglich war. Warum machte keiner auf?
»Hallo!«
Die Kälte griff ihm ans Genick, kroch seinen Rücken hinab. Gefangen! Allein!
»Hallo! Hey! Ich will hier –«
Plötzlich wurden die Riegel zurückgezogen, und die Tür öffnete sich mit einem lauten Knarren. Sobald der Spalt groß genug war, zwängte sich Bob hinaus.
»Hoppla! Sieht ganz so aus, als hättest du genug Verlies-Feeling gehabt.« Ein breites Grinsen empfing den dritten Detektiv. Es gehörte Adam Campbell, einem ungefähr 35-jährigen Mann, dessen blaue Augen schalkhaft blitzten. Mit einer jungenhaften Handbewegung strich er sich die blonden Locken aus der Stirn und klopfte Bob freundschaftlich auf die Schulter.
»Kann man wohl sagen!« Bob nickte mit großen Augen. »Das ist ja echt gruselig da drin. Meine Güte!«
»Nicht wahr?« Campbell freute sich sichtlich über Bobs Aussage. »Als hätten da schon Dutzende von Verbrechern ihr schändliches Leben ausgehaucht, oder?«
»Das haben Sie wirklich gut hingekriegt.« Bob rieb sich die schmerzenden Fäuste und verscheuchte den letzten Rest Beklemmung. »Und offenbar völlig schalldicht. Sie haben mich nicht gehört, als ich gerufen und gegen die Tür gehämmert habe, oder?«
»Keinen Mucks.« Campbell verneinte. Er wies mit der Hand den Gang entlang und setzte sich langsam in Bewegung. »Das Verließ ist genauso schalldicht wie seine echten Vorbilder. Die Wachen wollten damals ja nicht die ganze Zeit das Gestöhne und Gejammer hören.« Wieder grinste er spitzbübisch. »Dort geht’s lang. Komm mit. Da vorne ist die Folterkammer. Die musst du dir unbedingt ansehen!«
Bob lächelte verhalten. Campbell machte diese Schlossführung wirklich sehr viel Spaß. Kopfschüttelnd folgte er ihm den Gang hinab.
»Also die Campbells, Ihre Vorfahren, lassen sich in Schottland bis ins 16.Jahrhundert nachweisen. Habe ich das vorhin richtig verstanden?« Der dritte Detektiv klickte auf seinen Kugelschreiber und machte sich auf seinem Handblock ein paar Notizen.
»Die McCampbells, um genau zu sein, ja. William McCampbell, unser Urahn, wurde 1519 urkundlich zum ersten Mal erwähnt.«
»Und wann hat Ihr Vater herausgefunden, dass Sie Vorfahren in Schottland haben?«
»Vor etwa 40 Jahren.« Campbell nahm die Fackel in die andere Hand, damit Bob mehr Licht hatte.
»40 Jahre«, schrieb der dritte Detektiv. Er freute
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