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Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe

Titel: Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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was Mutter im Vorratshause hatte, vorgesetzt wurde. Hier mußten sie nach der strengen Arbeit auf harten Bänken schlafen, in einer Hütte, die schlechter war als ein Schuppen. Und von was sie sich hier nährten, das konnte er einfach nicht begreifen.
    „Ach, hier wird wohl den Schnittern kein Erntefest gehalten!“ sagte er.
    Etwas weiter hin sahen sie unter sich einen furchtbar schlechten Weg; er war schmal und uneben, mit Steinen übersät und voll von Löchern und zog sich in Schlangenwindungen durch den Wald hin. An mehreren Stellen war er auch von Bächen durchschnitten; und während der Adler über diesen Waldweg hinflog, hörte er den Jungen sagen, was denn auf so einem Weg befördert werden könnte?
    „Auf diesem Weg ist die Ernte in die Scheune geführt worden,“ sagte Gorgo.
    Unwillkürlich mußte der Junge daran denken, welch ein Fest es daheim war, wenn die großen, mit zwei starken Pferden bespannten Erntewagen das Getreide vom Acker hereinholten. Der Knecht thronte hoch droben auf dem Wagen, die Pferde warfen sich stolz in die Brust, und die Dorfkinder, die auf den Wagen hatten hinaufklettern dürfen, saßen halb beglückt, halb ängstlich auf den Garben und schrien und lachten durcheinander. Hier aber wurden Stämme geladen und dann steile Abhänge hinauf- und hinabgefahren. Die Pferde mußten wie gerädert sein, und der Kutscher war gewiß oft der Verzweiflung nahe. „Da werden wohl nicht viel lustige Reden unterwegs hin und her fliegen,“ sagte der Junge.
    Der Adler segelte mit gewaltigen Flügelschlägen weiter durch die Luftdahin, und so gelangten sie bald an einen Fluß. Hier sahen sie einen Platz, der mit Spänen, Holzstücken und Rinde bedeckt war, und der Adler hörte den Jungen sagen, warum es denn da drunten so unordentlich aussähe?
    „Hier sind die Garben in Haufen gesetzt worden.“
    Der Junge mußte unwillkürlich an die Garbendiemen in seiner Heimat denken, die dicht bei den Höfen errichtet werden, als wenn sie deren schönster Schmuck wären. Hier aber wurde die Ernte nach einem einsamen Flußufer geschafft und dann da liegen gelassen. „Ob wohl ein einziger Besitzer in diese Wildnis hier herauskommt, seine Diemen zu zählen und sie mit denen seiner Nachbarn zu vergleichen?“ rief der Junge unwillkürlich.
    Bald erreichten sie einen großen Fluß, den Ljungan, der in einem breiten Tale dahinzieht, und da war mit einem Schlage alles so verändert, daß man hätte meinen können, man sei in einem ganz andern Lande. Der dunkle Nadelwald war auf den steilen Abhängen über dem Tale zurückgeblieben, und die Hänge prangten jetzt überall mit weißstämmigen Birken und Eschen. Das Tal war so breit, daß sich der Fluß an mehreren Stellen zu einem See erweitern konnte, und an den Ufern stand ein großer wohlhabender Hof dicht neben dem andern. Als nun die beiden über das Tal hinflogen, hörte der Adler, wie der Junge sich fragte, ob denn wohl die Wiesen und Äcker da drunten für diese ganze Bevölkerung ausreichten?
    „Hier wohnen die Schnitter, die den Waldacker geschnitten haben,“ sagte der Adler.
    Der Junge dachte an die niedrigen Häuser und die eng zusammengebauten Höfe in Schonen. „Hier wohnen ja die Bauern geradezu in Herrenhäusern, und es sieht aus, als lohne sich die Arbeit im Walde doch recht gut,“ sagte er.
    Der Adler hatte die Absicht gehabt, quer über den Ljungan hinüberzufliegen; als er aber ein Stück weit über den Fluß geflogen war, hörte er den Jungen vor sich hinsagen, wer denn nun weiter für das Holz sorge, nachdem es in Haufen geschichtet worden sei? Da drehte Gorgo um und flog in östlicher Richtung weiter.
    „Der Fluß sorgt weiter dafür; er führt es nach der Mühle,“ sagte er.
    Der Junge dachte daran, wie sorgfältig man daheim mit den Garben umging, damit nichts verschleudert wurde. Hier kamen große Mengen von Balken den Fluß heruntergeschwommen, ohne daß sich jemand darum bekümmerte. Er war überzeugt, daß nicht die Hälfte von denen da ankommen würden, wo sie sollten. Die einen schwammen allerdings mitten in der Strömung, und dann ging alles gut, andre aber wurden gegen die Ufer getrieben, oder sie stießen an Landzungen an, wo sie dann in dem ruhigen Uferwasser der Buchten liegen blieben. In den Seen sammelten sich die Stämme in solch großer Zahl, daß sie oft die ganze Oberfläche bedeckten. Hier blieben sie liegen und schienen sich bis ins Unendliche ausruhen zu wollen. An den Brücken stauten sie sich, in den Wasserfällen

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