Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgaensen - Vollstaendige Ausgabe
wetterfesten Tanne verlassen. Hier verließen sie auch das Renntier, die Lappen und das Weidengebüsch. Und schließlich, als die Sonne den Gipfel des Berges erreicht hatte, war keiner mehr bei ihr als der kleine Nils Holgersson.
Die Sonne rollte in eine Schlucht hinein, wo die Wände mit Eis bedeckt waren, und Nils Holgersson wollte ihr in die Schlucht hinein folgen; aber er kam nicht weiter als bis an den Eingang, denn plötzlich sah er etwas Entsetzliches. Ganz drinnen in der Schlucht saß ein alter Troll mit einem Körperaus Eis, mit Haar aus Eiszapfen und einem Mantel aus Schnee. Vor dem Troll lagen mehrere schwarze Wölfe, die, sobald die Sonne sich zeigte, aufstanden und den Rachen weit aufsperrten. Da drang aus dem einen Wolfsrachen bittere Kälte, aus dem zweiten ein beißender Nordwind und aus dem dritten schwarze Finsternis heraus.
„Da haben wir wohl den großen Versteinerer und sein Gefolge,“ dachte der Junge. Er war sich ganz klar darüber, daß er am besten täte, wenn er sich auf und davon machte; aber er war zu neugierig, zu sehen, wie die Begegnung zwischen der Sonne und dem Troll ablaufen würde, und so blieb er stehen.
Der Troll rührte sich nicht; mit seinem schauderhaften Eisgesicht starrte er der Sonne entgegen, und die Sonne stand auch ganz still und lachte und strahlte ihn nur immerfort an. So verging eine Weile, und der Junge meinte zu hören, daß der Troll zu seufzen und zu wimmern beginne. Der Schneemantel glitt von seiner Schulter herab, und die drei fürchterlichen Wölfe heulten nicht mehr so laut.
Doch da rief die Sonne auf einmal: „Jetzt ist meine Zeit vorbei!“ und rollte rückwärts zu der Schlucht hinaus.
Da ließ der Troll seine drei Wölfe los, und plötzlich kamen der Nordwind, die Kälte und die Finsternis aus der Schlucht herausgefahren und jagten hinter der Sonne her. „Weg mit ihr! Jagt sie fort!“ schrie der Troll. „Jagt sie so weit fort, daß sie nie wieder kommen kann! Zeigt ihr, daß Lappland mir gehört!“
Als aber Nils Holgersson hörte, daß die Sonne aus Lappland verjagt werden sollte, entsetzte er sich über die Maßen. Mit einem lauten Schrei fuhr er auf und erwachte – –
Als er ein wenig zu sich gekommen war, sah er, daß er in einem großen, von Bergen umschlossenen Felsental lag. Aber wo war Gorgo? Und wie sollte er erfahren, wo er sich befand?
Er richtete sich auf und schaute sich um. Da fiel sein Blick auf ein sonderbares Gebäude aus Fichtenzweigen, das auf einem Felsenabsatz stand. „Das ist gerade so ein Adlernest, wie Gorgo …“
Nils Holgersson dachte den Gedanken nicht zu Ende. Statt dessen riß er die Mütze vom Kopfe, schwang sie lustig und schrie: „Hurra!“ Er hatte erraten, wohin Gorgo ihn gebracht hatte! Hier war das Tal, wo oben auf dem Felsenabsatz die Adler und unten im Tal die Wildgänse wohnten. Er war am Ziel! Im nächsten Augenblick würde er wieder mit dem Gänserich Martin, mit Akka und allen Reisekameraden vereinigt sein!
Am Ziel
Der Junge ging ganz leise umher und suchte nach seinen Freunden. Ringsum im Tale war es überall ganz still. Die Sonne war noch nicht über die Felswände heraufgestiegen; es mußte also noch sehr früh am Tage sein, und die Wildgänse waren auch noch nicht aufgewacht. Der Junge hatte kaum einige Schritte gemacht, als er lächelnd stehen blieb, weil er etwas gar so Schönes sah. Dort im Grase lag eine Wildgans auf einem kleinen Neste, und neben ihr stand der Gänserich. Er schlief zwar auch, aber man sah wohl, er hatte sich so nahe dabei aufgestellt, um bei jeder Gefahr zur Hand zu sein.
Ohne die beiden zu stören, wanderte der Junge weiter und lugte zwischen die kleinen Weidenbüsche hinein, die überall wuchsen. Es dauerte auch nicht lange, da entdeckte er wieder ein Gänsepaar. Diese gehörten nicht zu seiner Schar; es waren Fremde, aber der Junge freute sich doch sehr über sie. Und plötzlich summte er ein fröhliches Liedchen vor sich hin, nur weil er mit ihnen zusammengetroffen war.
Jetzt schaute er wieder in ein Gebüsch hinein, und da entdeckte er endlich ein Paar, das er kannte. Das war ganz bestimmt Neljä, die da auf ihren Eiern lag, und der danebenstehende Gänserich war Kolme. Ja, ja, so war es! Eine Täuschung war ausgeschlossen!
Er hatte die größte Lust, die beiden zu wecken, unterließ es dann aber doch und ging weiter.
Im nächsten Strauchwerk sah er Viisi und Kuusi, und nicht weit davon fand er Yksi und Kaksi. Alle vier schliefen, und der Junge ging
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