Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
New York zu ziehen. Celia war in der Stadt, um ihre Mutter zu besuchen, die wiederum kürzlich von New York nach Boston gezogen war. Ein gemeinsamer Freund hatte sie eingeladen. Die meisten Gäste auf der Party waren Harvard-Absolventen, die sich einmal im Jahr in informellem Rahmen trafen, um sich über ihre Erfolge auszutauschen. Einer dieser illustren Alumni war mein Freund
Ben, den ich noch aus England kannte. Wir hatten uns an der Uni kennengelernt, und ich hatte mir mit ihm und fünf anderen Studenten ein Haus in einer der weniger guten (Celia würde sagen derangierten ) Gegenden Yorks geteilt. Nach dem Abschluss war er nach Harvard gegangen, um dort seinen Master zu machen, und gleich danach bekam er eine tolle Dozentenstelle. Bevor ich nach New York gezogen bin, habe ich ein halbes Jahr bei ihm gewohnt. Er war es auch, der mich und Celia einander vorgestellt hat. Wir mochten uns auf Anhieb, und Celia hatte mir sofort angeboten, in New York bei ihr und ihrem Partner Jerry zu wohnen, bis ich eine eigene Wohnung gefunden hätte.
Sich in einer neuen Stadt einzuleben ist gleich viel einfacher, wenn man dort jemanden kennt, und Celia zu kennen, war vielleicht das Beste, was mir passieren konnte. Sie hat zunächst eine Wohnung für mich gefunden und mich dann – nachdem sie erfahren hatte, dass ich mich mit Blumen auskenne – einem »guten alten Freund ihrer Familie« vorgestellt – Mr Kowalski, ganz genau –, der jemanden suchte, der seinen Blumenladen übernehmen würde, wenn er sich zur Ruhe setzte. Und Celia war sich ganz sicher, dass ich dafür genau die Richtige wäre.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich das allererste Mal seinen Laden betrat – es war, als wäre ich nach Hause gekommen. Sogar das kleine Glöckchen über der Tür klang genauso wie jenes im Laden meiner Mutter. Die Blumen standen nach Farben geordnet in verzinkten Eimern – eine regenbogenbunte Farbenpracht, ganz links sattes Rot, dann Orange und Gelb, Blau, Violett und schließlich Weiß. Und dann dieser unverkennbare, einzigartige Geruch, den man schlecht beschreiben kann, aber sofort wiedererkennt, wann immer man einen Blumenladen betritt.
Mr Kowalski meinte, ich könne ihn ruhig Franz nennen,
aber für einen Mann seines Alters, seiner Erfahrung und Weisheit fand ich »Mr Kowalski« irgendwie angebrachter. Er war wie ich inmitten von Blumen aufgewachsen – seine Familie hatte im Flower District gelebt und gearbeitet, seit seine Eltern in den Zwanzigern aus Polen nach New York gekommen waren. Obwohl er, anders als ich, in New York geboren worden war – als das jüngste von sechs Kindern –, hatte er sich zeitlebens den polnischen Akzent seiner Eltern bewahrt. In dem einen Jahr, das ich an seiner Seite arbeiten durfte, habe ich unglaublich viel von ihm gelernt. Celia war natürlich überglücklich, dass sie richtiggelegen hatte, und sorgte sofort dafür, dass all ihre Freunde ihre Blumen fortan nur noch bei uns kauften.
Mag sein, dass Celia auf den ersten Blick ziemlich egozentrisch und von sich eingenommen wirkt, aber ich weiß, dass sie tief im Innern sehr darum besorgt ist, wie andere sie sehen und was sie von ihr denken. Diese andere, leisere und längst nicht so selbstsichere Celia, die sich hinter der lauten, selbstbewussten Fassade verbirgt, ist es, die ich von ganzem Herzen mag und respektiere.
Es heißt, wahre Freunde sind jene, die zu gleichen Teilen Freud und Leid mit einem teilen. In diesem Sinne kann ich ganz ehrlich sagen, dass Celia immer für mich da war und immer für mich eingetreten ist, wenn ich sie brauchte. Sie hat mit mir geweint, wenn alles schrecklich schiefgegangen ist – sie gehört übrigens zu den wenigen Menschen, die wissen, weshalb ich damals überhaupt nach New York gekommen bin –, und sie hat mir Kraft gegeben, als ich am absoluten Tiefpunkt angelangt war. Wenn schöne Dinge passiert sind, hat sie sich mit mir gefreut und mit mir gefeiert, zum Beispiel, als Kowalski’s gleich im ersten Jahr, nachdem ich den Laden übernommen hatte, eine begehrte Auszeichnung für Kleinunternehmer erhalten hatte. Und wenn Celia sich
freut und feiert, dann von ganzem Herzen und mit all ihrer Energie.
Celias Veranstaltungen sind so etwas wie das Goldene Vlies der Upper West Side. Sie gehört zu den wenigen Menschen hierzulande, denen es tatsächlich gelingt, alles, was in Amerika Rang und Namen hat, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zusammenzubringen, ohne die Einladungen bereits mindestens ein
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