Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
diese Sätze bald in Celias Kolumne lesen würde. Unsere samstäglichen Plaudereien sind wahrscheinlich die am besten dokumentierten der Geschichte. Wenn Historiker in hundert Jahren wissen wollen, worüber Freunde sich am Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts so unterhalten haben, brauchen sie nur Celias Kolumne aus den Archiven der New York Times heraussuchen
(die sich – dank des medialen Fortschritts – ihren Lesern dann wahrscheinlich per Gedankenübertragung präsentiert).
»Da spricht die Autorin«, meinte ich lächelnd. »Jedes Wort mit Sorgfalt gewählt …«
»Alles nur geklaut. Schon mein Vater hat das gesagt.« Sie nahm einen Teelöffel und betrachtete sich missmutig darin. »Und ich sehe so langsam aus wie meine Mutter.«
»Nein, tust du nicht«, versicherte ich ihr.
Hier muss mal gesagt werden, dass Celia ziemlich gut aussieht, stets tadellos zurechtgemacht ist und einen makellosen Teint hat, für den die meisten Frauen töten oder über glühende Kohlen laufen würden – oder sich obskure tierische Substanzen unter die Haut spritzen ließen. Wer sie so anschaut, käme nie darauf, wie alt sie wirklich ist, denn obwohl sie diese Tatsache immer leugnet, kann Celia noch mühelos für Anfang dreißig durchgehen, obwohl sie weiter jenseits der Vierzig ist, als sie jemals zugeben würde. Sie hat Stil, und das auf jene selbstverständliche Weise, die meine Mutter gern »unangestrengt« nennt. Sogar heute Morgen, wo kein anderer Termin bei ihr anstand, als in ihrer Wohnung mit mir zu frühstücken, sah sie in Jeans und Leinenhemd zehnmal eleganter aus als jede andere Frau im gleichen Outfit.
»Also, wegen meines Autorentreffens am Dienstagabend …« Sie ging mit einer Geschwindigkeit zum nächsten Thema über, die sogar Captain Picard vom Raumschiff Enterprise beeindruckt hätte. »Ich dachte mir, dass das Café Bijou in TriBeCa genau das Richtige wäre. Es ist neu, soll aber einen Versuch wert sein, habe ich mir sagen lassen.«
»Klingt spannend«, sagte ich und schaute zu, wie der Dampf in der Sonne funkelte, als ich meinen warmen Muffin aufbrach und auf den Teller fallen ließ. »Wer kommt alles?«
»Henrik Gund hat bereits zugesagt, Rückmeldungen von Mimi Sutton und Angelika Marshall stehen noch aus, aber ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sie sich das nicht entgehen lassen wollen. Alles, was in der New Yorker Literaturszene Rang und Namen hat, wird kommen. Es könnte ein wirklich fantastischer … ein formidabler Abend werden – ein, zwei kleinere Probleme müssten allerdings noch angegangen werden …« Hier hielt Celia inne und strahlte mich mit einem jener makellosen, unschuldigen Lächeln an, die stets einem Großen-Celia-Reighton-Gefallen vorangingen.
Ganz weit hinten in meinem Hinterkopf meldete sich eine vertraute kleine Stimme lautstark: Tu es nicht! Tu es nicht …!
Doch zu spät. Ich hatte mich bereits damit abgefunden, dass meine Niederlage unvermeidlich war. Trotzdem tat ich so, als hätte ich nicht die geringste Ahnung, was gleich kommen würde, und erwiderte mit so überzeugend gespielter Unschuld, dass Spielberg und Scorsese sich demnächst darum prügeln würden, mich für einen ihrer Filme zu besetzen: »Das freut mich für dich, Celia. Dann steht dem Abend ja nichts mehr im Wege.«
»Na ja … fast nichts, Rosie«, erwiderte Celia langsam.
So, damit wären wir wieder so weit , vermeldete die kleine gereizte Stimme in meinem Kopf.
Celias strahlendes Lächeln wurde mit jedem unheilvollen Wort noch strahlender. »Es ist mir wirklich unangenehm, das sage ich dir gleich … aber da wir ja Freunde sind … also, es ist so, dass Philippe …« – nur zur Information: ein unglaublich prätentiöser und überteuerter »Floralkünstler« – »… mich hat hängenlassen – du weißt ja, wie launisch und unberechenbar diese Leute sein können –, und ich bräuchte ganz dringend noch ein paar kleine geschmackvolle Tischdekorationen. «
»Oh, du Arme«, sagte ich im selben sorgenvollen Ton, den Celia angeschlagen hatte. »Wie schrecklich.«
Dir ist wirklich nicht zu helfen … Die kleine Stimme in meinem Kopf stieß einen tiefen Seufzer aus, packte ihre Siebensachen und sprang in den nächsten Bus nach Las Vegas.
»Oh, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schrecklich. « Besorgnis wich tiefer Verzweiflung. »Honey, du weißt ja, dass ich nur deshalb bei Philippe bestelle, weil meine Agentin mit seinem Bruder zusammen ist. Meiner Meinung nach tendieren seine
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