Die wunderbare Welt der Rosie Duncan
meinte Anya lächelnd, doch ihre Augen wirkten noch immer traurig. »Unsere Eltern werden ausflippen, wenn sie es herausfinden«, seufzte sie.
Jimmy lächelte. »Und wenn wir unsere Eltern schon enttäuschen, dann wollen wir es wenigstens mit Stil tun.«
»Welche Farbe würdest du denn vorschlagen?«, fragte Anya.
Hilfesuchend schaute Marnie mich an. Ich lächelte ihr aufmunternd zu, aber Marnie schüttelte geradezu panisch den Kopf. »Rosie, was meinst du?«
Also ging ich zu den dreien hinüber und musterte das junge Paar aufmerksam. »Eure Hochzeit ist für euch ein sehr wichtiges Ereignis«, fing ich an, während ich hier und da ein paar Blumen herauspickte. »Ein Ereignis, das entsprechend gefeiert werden soll, denn es ist Ausdruck eurer Liebe.« Ich warf einen prüfenden Blick auf Anyas rotblonde Locken, die sie schulterlang trug, und auf Jimmys raspelkurze tiefschwarze Haare.
»Ja, so ist es«, sagte Jimmy und betrachtete mich verwundert.
»Und Liebe ist bekanntlich sehr vielfältig«, fuhr ich fort und hätte fast angefangen zu kichern, als ich mich so reden hörte. Es fehlte nur noch der polnische Akzent und die Lesebrille auf der Nasenspitze, und meine Verwandlung in Mr Kowalski wäre perfekt gewesen. »Wie wäre es denn damit? «
Ich hielt den Strauß Rosen hoch, den ich eben zusammengestellt hatte – eine bonbonbunte Mischung aus pastellfarbenen Blüten, wie die bunt glasierten kleinen Kuchen von M&H Bakers: zuckerwatterosa, marzipangelb, veilchenblau
und sahneweiß. »Und jetzt kommt noch die kleine Sternenfee«, meinte ich lächelnd und gab ein paar Zweige frisches Schleierkraut dazu, das mir mit seinen winzigen weißen Sternenblüten immer wie ein Zauberkraut erschien. »Et voilà!«
»Wow«, seufzte Anya ergriffen. »Wie bunte Bonbons mit Sternen!«
»Und zu guter Letzt umgeben wir uns noch mit einem Hauch Geheimnis«, sagte ich und suchte mir ein paar dunkelgrün glänzende Bananenblätter heraus, die ich vorsichtig um die Rosenstiele wickelte. Stolz hielt ich Anya den fertigen Strauß hin, die vor Begeisterung jauchzte.
»Oh, der ist perfekt – nicht wahr, Jimmy?«
Jimmys Augen funkelten, als er seine Braut anlächelte. » Du bist perfekt.« An mich gewandt meinte er: »Haben Sie ganz herzlichen Dank.«
»Moment, hier fehlt noch was.« Marnie steckte Jimmy eine Rose ins Knopfloch.
»Fantastisch. Vielen, vielen Dank. Wie viel schulden wir euch?«
Fragend schaute Marnie mich an, ein fast verzaubertes Lächeln auf den Lippen. »Das könnte fast ein Segen sein, oder?«
Genau das hatte ich auch gerade gedacht. Ein köstlicher Freudenschauder durchfuhr mich, als ich mich an die seltenen Gelegenheiten erinnerte, zu denen Mr Kowalski beschlossen hatte, ein junges Paar zu »segnen«. In den sechs Jahren, seit ich den Laden übernommen hatte, hatte ich es noch nie getan – aber jetzt, da ich mir Jimmy und Anya so anschaute, so verliebt und doch so allein auf der Welt, schienen sie mir die perfekten Kandidaten für meine erste »Segnung«. »Das geht aufs Haus«, meinte ich lächelnd.
Anya und Jimmy schauten mich entgeistert an. »Wie?
Nein, kommt gar nicht infrage – wie viel sind wir Ihnen schuldig? Ich meine, das sind doch bestimmt sechzig Dollar an Rosen!«, protestierte Jimmy.
Ich gab den Strauß Marnie, die schnell hinter den Ladentisch eilte, um ihn zurechtzustutzen und zu binden. »Hier bei Kowalski’s haben wir eine alte Tradition«, begann ich die beiden aufzuklären und hatte dabei Mr Kowalskis Stimme so deutlich im Ohr, als würde er neben mir stehen. »Bei einer Geschichte, die uns wirklich zu Herzen geht, geben wir unseren Segen dazu. Ihr heiratet heute und sollt eure Liebe mit der ganzen Welt teilen. Und wenn schon eure Familien nicht dabei sind, um euch ihren Segen zu geben, wollen wir es tun. Die Blumen sind euer Hochzeitsgeschenk von Kowalski’s.«
Anyas blaue Augen füllten sich mit Tränen, die ihr gleich darauf schon über die zartrosa Wangen rollten. »Aber irgendwie müssen wir uns für so viel Freundlichkeit doch revanchieren können?«
Marnie kam derweil mit dem Strauß zurück und reichte ihn Anya.
»Seid einfach glücklich«, erwiderte ich und bekam vor Rührung selbst kaum noch ein Wort heraus. »Und erzählt allen euren Freunden, dass ihr da einen ganz tollen Blumenladen kennt.«
Jimmy lachte. »Werden wir machen! Habt ihr ein paar Karten?« Marnie drückte ihm einen kleinen Stapel in die Hand. »Danke, euch beiden. Ganz vielen Dank.«
Marnie und ich
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