Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran
sagte Corcoran zu Quaterquem. „Ganz Indien ist schlafen gegangen oder wird gleich schlafen gehen. Ich habe mit den Verrätern und Spionen abgerechnet, reden wir offen.“
12.
Unerwartete Offenbarung
„Es verlangt mich ebenfalls danach, mit dir allein zu sprechen“, sagte Quaterquem. „Was hast du denn den Engländern angetan, daß ihnen schon die Galle hochkommt, wenn nur dein Name fällt? Überall, wo ich gewesen bin, behandeln dich ihre Zeitungen wie einen Abkömmling von Cartouche und Mandrin. Ihre Spione überwachen deine Aktionen, ihre Soldaten marschieren gegen dich. Als ich heute morgen über Bombay hinwegflog, entdeckte ich gewaltige Vorbereitungen. Die Kanonen zählten einige hundert, die Wagen jeder Art gingen in die Tausende, und, was noch viel bezeichnender ist, die Armee, die man gegen dich ins Feld schickt, besteht – bis auf sieben Sikh- und Gurkharegimenter – nur aus europäischen Truppen, das heißt aus der Elite der britischen Indienarmee. Ich habe ganz sicher keine leidenschaftlichen Gefühle für dieses Volk, doch unter Nachbarn sollte man sich lieber vertragen.“
„Sicher“, sagte Corcoran, „aber ich will dir erklären, weshalb die Engländer einen derartigen Haß auf mich haben. Du weißt, oder jedenfalls sollst du wissen, daß ich in dieses Reich kam wie Saul, der Sohn von Kis, der auf der Suche nach den entlaufenen Eselinnen war und dabei ein ganzes Königreich fand. Meine Eselinnen, das war das Gurukaramta, dessen Existenz von Wilson vermutet wurde und auf das Colebrooke hinwies, das allerdings bis dato von zwanzig englischen Orientalisten vergeblich gesucht worden war. Unterwegs habe ich Holkar getroffen, seine Tochter und sein Reich gerettet. Bis hierher ist das nicht weiter ungewöhnlich gewesen; aber es gibt ein Geheimnis, das ich noch niemandem anvertraut habe, ein schreckliches, ein furchtbares Geheimnis, das mir das Leben kosten oder den schönsten Thron Asiens bescheren kann. Der sterbende Holkar hat es mir anvertraut, als er mich schwören ließ, seinen Tod zu rächen.
Zu der Zeit, als Bonaparte seinen ägyptischen Feldzug unternahm, überlegte er auch, wie er Indien erobern könne. Ja, Indien war eigentlich das Ziel des ägyptischen Abenteuers. Zu diesem Zweck verband er sich mit Tipu Sahib, dem Sultan von Maisur. Dieser glaubte, daß Frankreich ihm gegen die Engländer helfen würde, was seinen Fall einleitete. Die Engländer, von ihren Spionen bestens auf dem laufenden gehalten, belagerten ihn in Bangalore, seiner Hauptstadt. Er fiel dort während des Sturmes auf die Stadt.
Tipu Sahib, obwohl Moslem, war ein freidenkerischer Geist, der alle Religionen in den Dienst seiner Politik stellte. Er brachte das Kunststück fertig, eine gewaltige Geheimgesellschaft zu gründen, die sich über ganz Hindustan ausdehnte und die die Vertreibung der Engländer als ihre heiligste Pflicht ansah. Sein Tod vereitelte eine allgemeine Erhebung. Für einige Jahre schien die Vereinigung, deren belebender Geist er gewesen war, in Vergessenheit geraten zu sein. Doch einer seiner getreuen Diener enthüllte Holkars Vater das Geheimnis. Von da an wurde Holkars Vater von den Indern als Nachfolger Tipu Sahibs angesehen.
Die stets mißtrauischen Engländer erfuhren von seinen Plänen und griffen ihn an, bevor er sich, wie ursprünglich geplant, mit dem berühmten Ranjit Singh verbünden konnte, der von Nordwesten aus die Engländer attackieren sollte, während er selbst das Zentrum und den Süden Indiens in den Aufstand führen wollte. Das große Unglück dieses armen Landes sind die verschiedenen Kasten und Religionen, die sich gegenseitig bekriegen und es den Engländern erleichtern, stets Verräter zu finden. Holkars Vater wurde verraten und besiegt und mit zweien seiner Söhne getötet. Ranjit Singh erhielt zehn Millionen Rupien, um neutral zu bleiben. Aber die aufgebrachten Hindus wollten keinen anderen Fürsten anerkennen als den jungen Holkar, den gleichnamigen dritten Sohn des Gefallenen, und die mit diesem ersten Erfolg zufriedenen Engländer wagten nicht, ihre Interessen mit aller Macht durchzusetzen. In Europa war Krieg, und man brauchte das englische Fußvolk dort dringender. Man nahm Holkar die Hälfte seines Reiches, fünfzig Millionen Rupien und gab ihm Colonel Barclay als ständigen Aufpasser. Barclay hat sich übrigens im Sepoyaufstand hervorgetan und wurde zum Generalmajor befördert.“
„Ja“, sagte Quaterquem, „der Aufstand wurde niedergeschlagen, die
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