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Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran

Titel: Die wunderbaren, aber wahrhaftigen Abenteuer des Kapitäns Corcoran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Assolant
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Narben.
    „Ich verstehe“, sagte Corcoran. „Das ist das Zeichen der neunschwänzigen Katze. Du hast also die Peitsche zu spüren bekommen?“
    „Fünfzig Schläge“, erwiderte der Sepoy. „Beim fünfundzwanzigsten bin ich ohnmächtig geworden, aber man hat weiter auf mich eingeschlagen. Dann lag ich drei Monate im Spital. Erst vor fünf Wochen hat man mich entlassen.“
    „Wer hat dir denn die Peitsche verabreicht?“ fragte der Kapitän.
    „Leutnant Robarts… Er hat es nicht selbst getan, doch den Befehl dazu gab er. Dafür wird er noch büßen. Sugriva und ich lassen ihn keine Sekunde aus den Augen.“
    Ein gutbewachter Offizier, dachte Corcoran, laut fragte er:
    „Was macht eigentlich Sugriva im Lager? Ist er freigelassen worden?“
    „Sugriva“, sagte der Sepoy, „ist ihnen durch die Finger geglitten wie eine Kobra. Robarts wollte ihn zunächst hängen lassen. Doch ehe der Kriegsrat zusammengetreten war, ist Sugriva zusammen mit seinem Wächter geflohen. Sie können sich Leutnant Robarts’ Wut vorstellen. Er wollte alle Sepoys erschießen lassen. Am selben Abend ist Sugriva als Fakir verkleidet wieder ins Lager gekommen und bei den Sepoys untergetaucht. Keiner wird ihn den Engländern ausliefern; und wenn er durch einen dummen Zufall den Engländern doch in die Hände fallen sollte, würden sich die Sepoys erheben.“
    „Das hört sich ja alles bestens an“, meinte Corcoran. „Ich danke dir. Kehre wohlbehalten zurück und richte Sugriva aus, daß wir am Morgen bereit sein werden. Seine Hilfe ist für uns von unschätzbarem Wert.“
    In der Dunkelheit konnte er gerade noch einen Schatten erkennen, der durch die von den Engländern in die Mauer geschossene Bresche glitt; das mußte der Sepoy Berar sein, der ins englische Lager zurückkehrte. Er machte dem Sepoysoldaten, der die Sappe bewachte, ein bestimmtes Zeichen und war dann endgültig in der Dunkelheit verschwunden.
    Man muß wirklich sagen, dachte Corcoran, daß Colonel Barclay Soldaten hat, die ihr Geld wert sind.
     
     
17.
Die Schicksalsstunde Leutnant Robarts’ von den einundzwanziger Husaren
     
    Der übrige Teil der Nacht verlief ruhig und wurde von keinem Alarm mehr unterbrochen. Beide Seiten bereiteten sich schweigsam auf den kommenden Sturm vor. Dabei lagen die Vorposten der beiden Parteien so dicht beieinander, daß sie sich ohne weiteres hätten unterhalten können. Scheinbar war alles ruhig. Aber eben nur scheinbar, denn wenn man genau hingehört hätte, dann wäre einem ein Schatten aufgefallen, der zwischen den Sepoys hindurchglitt und flüsternd Befehle weitergab, die nicht für die Ohren der Europäer bestimmt waren. Sugriva war es, der durch die Dunkelheit schlich und überall seine geheimnisvollen Anordnungen gab, die den Kampf entscheiden sollten.
    Endlich wurde es Tag. Ein Kanonenschuß gab – pünktlich um fünf – das Signal zum Angriff, und eine erste Kolonne englischer Infanterie stürmte mit aufgepflanztem Bajonett durch die Sappe auf die Bresche los.
    Im selben Augenblick wurden sie jedoch von einem schrecklichen Feuer von vorn und von der Seite empfangen; fünf oder sechs mit Kartätschen bestückte Kanonen rissen ein gewaltiges Loch in ihre Reihen; zudem explodierten unter ihren Füßen am Ende der Sappe von Corcorans Soldaten heimlich gelegte Sprengladungen. Die Hälfte der Kolonne war in Sekundenschnelle vernichtet. Die anderen gaben den Angriff auf und zogen sich in die Sappe zurück.
    Dieser Anblick ließ Corcoran, der die Verteidigung an der Bresche befehligte, frohlocken und Holkars Soldaten, die bei diesem ersten Ansturm keinen einzigen Mann verloren hatten, Zuversicht in ihre eigene Stärke bekommen.
    Der Kapitän stand gefaßt und lächelnd, als befände er sich auf einem Ball, neben der Bresche. Er hatte auf alles ein Auge und erwartete, ohne sich von dem Erfolg des ersten Angriffs blenden zu lassen, die zweite Attacke. Neben ihm hielt sich der alte Holkar, der voller Begeisterung war. Hinter ihnen spazierte selbstbewußt Louison. Ihre Intelligenz, die sie die Wünsche ihres Herrn meist schon ahnen ließ, nötigte Holkars Soldaten großen Respekt vor der Intuition des Tieres ab.
    Seit einer Viertelstunde war es ruhig geworden. „Sollten sie schon den Rückzug angetreten haben?“ wunderte sich Holkar.
    „Nein“, erwiderte Corcoran, „das glaube ich nicht. Aber diese Ruhe gefällt mir gar nicht. Louison!“
    Bei diesem Ruf spitzte die Tigerin die Ohren, als ob sie den Befehl des Kapitäns so

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