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Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition)

Titel: Die wundersame Geschichte der Faye Archer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Dana Carter einmal gesagt, »ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird.«
    Sie hatte aufgelegt.
    Faye starrte das Handy an. Rache! War es so einfach? Damals hatte Dana ihr ausführlich geschildert, wie sie mit Mitarbeitern umzuspringen pflegte, die sie hintergangen hatten. Von denen sie glaubte, dass sie sie hintergangen hatten. »Ich vergesse nie etwas.« Das hatte sie gesagt. »Nie.«
    Draußen wütete der Sturm des Jahrhunderts, und tief in Faye Archers Herz, da wütete er auch. Sie kam sich vor wie jemand, der gerade mitten im Auge eines Sturms gelandet ist, dort, wo es windstill und ruhig ist, während um sie herum die Welt explodierte und sie mit der Gewissheit allein war, all ihre Chancen verspielt zu haben.
    Wie ein Tier im Käfig lief sie in der Wohnung herum, ratlos, tatenlos. Es war laut, draußen auf der Straße. Der Sturm heulte, weil die Straßen versuchten, ihn zu bändigen. Und Faye wurde sich der schmerzhaften Tatsache bewusst, dass sie gerade eine Freundin verloren hatte. Eine Freundin, die womöglich nie wirklich ihre Freundin gewesen war.
    Noch immer hielt sie das alte Taschenbuch fest, den Beweis für etwas, was es gar nicht geben konnte. Nichts von dem, was sich zugetragen hatte, war auch nur irgendwie logisch. Es war einfach unmöglich , dass die Dinge so passiert waren, wie sie es erlebt hatte.
    Und doch, hier war der Beweis. In ihrer Hand. Faye betrachtete das Cover und die Zeichnung im Innenteil. So wirklich wie nur irgendetwas …
    Ein lautes Krachen zerriss die zweifelhafte Stille in der Wohnung. Faye schrie laut auf, wich in die Tiefe der Wohnung zurück. Dann erst sah sie, was passiert war. Der Sturm hatte den Baum vor dem Fenster brechen lassen. Der Teil, der normalerweise die Schatten in die Wohnung warf, war verschwunden. Sie trat vor und sah den mächtigen Ast, fast ein Viertel der Baumkrone, unten auf der Straße liegen. Er hatte sich mitten durch die Windschutzscheibe eines parkenden Autos gebohrt. Nie wieder würde sie die alten Schattenmuster an der Decke sehen. Alles würde nun anders werden.
    Leben ist Veränderung.
    Alles ist Karma.
    Was für eine Nacht!
    Ein lautes Klopfen riss Faye aus ihren Gedanken. Es kam von der Tür. Noch immer war die Sicherung nicht wieder drin; oder vielleicht doch, und es gab hier nur einfach keinen Strom. Was sie nicht glaubte, denn die Laternen auf der Straße und einige Lichter in den hohen Fenstern der gegenüberliegenden Häuser leuchteten noch immer. Das Klopfen wiederholte sich. Faye zuckte zusammen.
    Sie hoffte, dass keinem der Nachbarn etwas zugestoßen war. Sie ging zur Tür.
    »Wer ist da?«
    Sie bekam keine Antwort. Dafür nur erneutes Klopfen.
    Okay, dann eben so!
    Sie öffnete.
    WOOSH!
    »Alex!«
    Wie ein Gespenst in Jeans und Lederjacke stand er da, einfach so, mit Dreitagebart und ohne Ankündigung, völlig durchnässt und schwer atmend. »Ich bin den ganzen Weg gelaufen«, war das Erste, was er sagte. »War gar nicht so einfach, dich zu finden.« Seine Haare klebten ihm nass am Kopf. »Ich dachte, du bist vielleicht im Buchladen, aber da warst du nicht.« Er lächelte, offen und ein wenig schüchtern, und es war dieses kurz aufflackernde Lächeln, das Faye den heulenden Sturm zum ersten Mal seit Stunden vergessen ließ. »Ich weiß, dass du mich gleich bitten wirst zu gehen. Es ist deine Wohnung, und, ja, ich sollte nicht hier sein.« Er hob beschwichtigend die Hände. »Hey, das ist okay.« Er schnappte nach Luft. »Es ist schon komisch. Das alles. Dein Chef im Laden sagte mir, wo du wohnst. Ich bin den ganzen Weg gelaufen, von meiner Wohnung zum Buchladen und von dort hierher. Kein einziges Taxi ist mehr unterwegs. Da draußen geht nichts mehr.« Er hustete. »Das Wetter ist so richtig mies.« Er grinste schief und fragte sie: »Weißt du, was wirklich verrückt ist?« Er erwartete offenbar keine Antwort darauf, also hielt Faye einfach den Mund. »Mir ist schon lange klar, was ich will.« Davon abgesehen, hätte sie auch gar nicht gewusst, was sie sagen sollte. »Man sagt so oft, dass es schwierig sei, herauszufinden, was man will, aber das ist es nicht.« Noch immer stand er im Türrahmen. »Es ist wie Schreiben. Man muss nur das weglassen, was nicht richtig ist.« Er strich sich eine nasse Strähne aus dem Gesicht. Regen tropfte von seiner Jacke auf den Boden. »Es ist eigentlich ganz einfach.« Er schaute sie an, blickte ihr in die Augen. »Ich weiß, was ich will, und ich weiß, was ich nicht will.« Er schluckte,

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