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Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition)

Titel: Die Zahl, die aus der Kälte kam: Wenn Mathematik zum Abenteuer wird (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Taschner
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    Im vierten Absatz werden die Gleichungen in Worten umschrieben, nach denen sich die Zahlen der Kühe errechnen:
    W  = ( 1 / 3  +  1 / 4 )( s  +  S )
    S  = ( 1 / 4  +  1 / 5 )( g  +  G )
    G  = ( 1 / 5  +  1 / 6 )( b  +  B )
    B  = ( 1 / 6  +  1 / 7 )( w  +  W )
    (In Alexander Mehlmanns Übertragung wird 1 / 5  +  1 / 6 gleich als „elf durch dreißig“ ausgerechnet.)
    Im fünften Absatz teilt Archimedes mit, dass diese sieben Gleichungen in acht Unbekannten, sogenannte „diophantische Gleichungen“, die bloß ganze Zahlen als Lösungen zulassen, nur den ersten Teil des Rätsels darstellen. Wer diese Gleichungen zu lösen versteht, ist „fürwahr ein PISA-Riese“ – eine leise Anspielung auf die PISA-Tests, mit denen die Schülerinnen und Schüler belästigt werden –, aber noch nicht eine zur „Elite“ gehörende mathematische Koryphäe.
    Im sechsten Absatz teilt Archimedes mit, dass die Summe s  +  w eine Quadratzahl ist: Die schwarzen und die weißen Stiere kann man Zeile für Zeile und Spalte für Spalte in ein quadratisches Muster ordnen. Im siebenten Absatz schichtet Archimedes die restlichen Stiere, deren Anzahl b  +  g beträgt, Zeile für Zeile so an, dass in jeder darauffolgenden Zeile ein Stier weniger vorkommt (umschrieben mit „gleich viel Hörner minus zwei“) und sich in der obersten Zeile nur ein einziger Stier („ohne Vize“) befindet. Mathematisch gesprochen: b  +  g ist eine Dreieckszahl . Weil Dreieckszahlen die Gestalt 1 / 2  · ( n 2  +  n ) und Quadratzahlen die Form m 2 besitzen, erkennt man, dass der zweite Teil des archimedischen Rätsels aus „diophantischen Gleichungen“ zweiten Grades besteht.
       8 Die „subtile Beziehung“ zwischen den beiden zu ermittelnden Zahlen geht auf ein uraltes Problem des Pythagoras zurück: Pythagoras vermutete, dass sich alles in der Welt durch Bruchzahlen, bei denen Zähler und Nenner ganze Zahlen sind (und der Nenner von null verschieden ist), beschreiben lässt. Doch schon in der Geometrie zeigte sich, dass dies falsch ist.
    Errichtet man zum Beispiel über der Diagonale eines Quadrats ein zweites Quadrat mit dieser Diagonale als Seitenlänge, dann besitzt dieses zweite Quadrat offenkundig den doppelt so großen Flächeninhalt wie das erste Quadrat. Nehmen wir nun an, das erste Quadrat habe eine Seitenlänge von x Längeneinheiten – ob man dabei einen Meter, einen Millimeter oder gar nur einen Atomdurchmesser als Längeneinheit wählt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Dann errechnet sich der Flächeninhalt des Quadrats in der entsprechenden Flächeneinheit – Quadratmeter, Quadratmillimeter, von welcher Längeneinheit man auch immer ausgegangen ist –, indem man die Zahl x mit sich selbst multipliziert. Dieses Ergebnis nennt man dementsprechend „ x -Quadrat“ und bezeichnet es mit dem Symbol x 2 . Ist zum Beispiel x = 12, dann ist x 2 = 144. Ist y = 17, dann ist y 2 = 289. Zufällig stimmt 289 fast genau mit dem Doppelten von 144, also mit 288, überein. Mit anderen Worten: Ein Quadrat, dessen Seite 12 Zentimeter lang ist, besitzt eine Diagonale, die nur um einen Hauch kürzer als 17 Zentimeter ist. Das Verhältnis zwischen der Diagonalenlänge und der Seitenlänge eines Quadrats ist daher nur um ein wenig kleiner als die Bruchzahl 17/12. Und die Griechen fragten sich, ob dieses Verhältnis überhaupt eine Bruchzahl y / x sein kann.
    Wenn dies der Fall wäre, müsste das Quadrat, dessen Seite x Längeneinheiten lang ist, eine Diagonale besitzen, die y Längeneinheiten misst. Der Flächeninhalt y 2 des über der Diagonale errichteten Quadrats müsste demnach doppelt so groß wie der Flächeninhalt x 2 des ursprünglichen Quadrates sein. Dies drückt die Formel y 2 = 2  ⋅  x 2 aus.
    Dem großen griechischen Philosophen Aristoteles wird nachgesagt, dass er die folgende Begründung dafür gefunden hat, dass es keine Zahlen x und y gibt, für die y 2 = 2  ⋅  x 2 zutrifft:
    Nehmen wir an, es gäbe sie doch. Aristoteles betrachtete zuerst den Fall, dass die Zahl y ungerade wäre. Dann bliebe auch y 2 , also y mit sich selbst multipliziert, ungerade. Dann kann aber y 2 = 2  ⋅  x 2 nicht zutreffen, denn 2  ⋅  x 2 ist sicher durch 2 teilbar, also gerade.
    Folglich müsste y eine gerade Zahl sein. Und y 2 , also y mit sich selbst multipliziert, wäre sogar durch 4 teilbar.
    Dann aber, so schloss Aristoteles weiter, könnte x unmöglich eine ungerade Zahl sein.

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