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Die Zarentochter

Die Zarentochter

Titel: Die Zarentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Kosty hängt schließlich fast ständig wie ein Kleinkind an ihrem Rockzipfel«, sagte Mary spöttisch. »Keine Ahnung, was er ausgerechnet an ihr so toll findet.«
    »Und was ist mit seinem eigenen Kindermädchen?«, fragte die Mutter stirnrunzelnd.
    Olly versetzte ihrer Schwester einen Stoß in die Rippen und fauchte leise: »Kannst du eigentlich gar nichts für dich behalten? Altes Plappermaul!« Dass Kosty um die Aufmerksamkeit ihrer dänischen Gouvernante Charlotte Dunker buhlte, passte ihr selbst auch nicht. Beim abendlichen Bibellesen krabbelte er Charlotte sogar manchmalauf den Schoß, und Olly musste dann sehen, wo sie blieb. Dabei gehörte Charlotte Dunker doch ihr! Ihr allein. Dass Kostys eigenes Kindermädchen eine freudlose, kühle Person war, dafür konnte sie schließlich nichts.
    Trotzdem ärgerte sie sich darüber, dass Mary Kostys Vorliebe gepetzt hatte. Nun würde Mutter die beiden Gouvernanten zur Rede stellen, und Kosty würde Ärger bekommen.
    Mary konnte manchmal so gemein sein!
    Die eilig herbeigerufene Gouvernante wusste allerdings auch nichts über Kostys Verbleib. Und Marys Gouvernante Julie Baranow war ebenfalls ratlos. Adinis englische Betreuerin, die von allen nur Mrs Brown genannt wurde, hingegen glaubte, Kosty vor Stunden an der hinteren Küchentür gesehen zu haben, was kurz darauf von der Hauptköchin bestätigt wurde: Großfürst Konstantin habe um hartgekochte Eier und ein paar Scheiben Brot gebeten. Sie habe sich noch über seinen ungewöhnlich großen Appetit gefreut – wo er doch normalerweise eher zu den schlechten Essern gehörte.
    Olly verzog das Gesicht. Großfürst Konstantin – wie pompös sich das anhörte! Genau wie Großfürstin Olga, Großfürstin Maria oder Großfürstin Alexandra – meist dauerte es einen Moment, bis sich die Kinder angesprochen fühlten, wenn sie so gerufen wurden. Zum Glück hatten die Eltern ihnen schon früh Spitznamen verpasst, dachte Olly nicht zum ersten Mal. Das lieblich klingende Adini passte doch tausendmal besser zu ihrer wunderschönen jüngeren Schwester als das gestrenge Alexandra, bei dem jeder sofort an ihre Mutter dachte. Und Mary klang wie die Heldin einer aufregenden Geschichte, vielleicht auch wie eine Theaterschauspielerin, befand Olly, die ihre Schwester um diesen Spitznamen regelrecht beneidete.
    »Eier und Brot?« Die Zarin schaute von einer zur anderen. »Was will das Kind damit?«
    Die Gouvernanten zuckten mit den Schultern.
    »Dabei steht heute ein erster Exkurs in die Arithmetik auf meinem Lehrplan«, warf Herr Lütke vorwurfsvoll ein.
    »Sollten wir nicht Vater zu Rate ziehen?«, fragte Sascha. Seine braunen Stirnfransen hingen ihm nass in die Augen.
    »Daswürde ich nur ungern tun«, sagte die Mutter gedehnt. »Euer Vater hatte heute Nacht eine seiner schrecklichen Kopfwehattacken …«
    Olly und Mary tauschten einen Blick. Oje – dann war er schlecht gelaunt und reizbar. Am besten kam man ihm an solchen Tagen erst gar nicht unter die Augen.
    »Ich will Sie nicht beunruhigen, aber eventuell müssen wir mit einer Entführung rechnen oder –« Als Sascha die vor Schreck geweiteten Augen seiner Mutter sah, brach er ab.
    »Warum sollte jemand ausgerechnet Kosty entführen?«, wollte Mary wissen. »Außerdem patrouillieren die Männer von Vaters Leibgarde Tag und Nacht übers ganze Gelände. Sascha, uns kann doch nichts passieren, oder?«, fügte sie furchtsam hinzu.
    »Und wenn das dieselben Männer sind, die Vater ständig Ärger machen mit ihren Aufständen und Rebellionen?«, hauchte Adini und lief ängstlich zu ihrer Mutter.
    »Auch mit einem zweitgeborenen Sohn in der Hand lässt sich Druck ausüben …« Noch während Alexandra sprach, verlor ihr Gesicht jegliche Farbe. Eine der Hofdamen hielt ihr eilfertig ein Fläschchen Riechsalz hin, doch Alexandra winkte ab.
    Einen Moment lang war es still. Angst schlich Olly den Rücken hinauf.
    Wie sagte der Vater immer? Bloß nicht Bange machen lassen! Sie räusperte sich. »Vielleicht hat sich Kosty bloß irgendwo versteckt, weil er die Nase voll hatte vom Lernen. Ich an seiner Stelle hätte das schon längst getan, bei den vielen Unterrichtsstunden –«, die er bei seinem schrecklichen Lehrer Lütke hat , wollte sie noch anfügen. Aber wie so oft, wenn sie vor Erwachsenen sprechen sollte, versagte ihre Stimme mitten im Satz. Was ausnahmsweise kein Fehler war – Herr Lütke schaute auch so schon äußerst grimmig drein.
    Keine halbe Stunde später war eine große Suche

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