Die zehn Fragen: Roman
bedeutet das gar nichts", sagte die Witwe. Der Neffe stieß in das gleiche Horn. „Ich bin sicher, mit dem Schatz hat das nichts zu tun!"
„Richtig", pflichtete der Anwalt scheinheilig bei. „Vermutlich
ist es nur Zufall."
Und alle wußten, daß sie alle logen.
Noch in der folgenden Nacht flog die Witwe mit einem eilends gecharterten Flugzeug auf die Westindischen Inseln. Aber auch, jeder mit einem eigenen Flugzeug, der Neffe und der Anwalt und David. Jeder der vier versuchte, dem anderen zuvorzukommen.
Als sie in St. Thomas angelangt waren, fuhr jeder einzeln zu dem wunderschönen Strandhaus, das Mr. Stone dort besessen hatte. Jeder war sicher, die Perle irgendwo in einem Versteck im Wasser in der Nähe dieses Hauses zu finden. .
Alle mieteten sie sich Tauchgeräte und gingen damit ins Wasser auf der Suche nach der seltenen und kostbaren Perle. Die Witwe hatte überhaupt keine Taucherfahrung, und es war ihr gar nicht geheuer.
Aber sie schwammen alle vier hektisch unter Wasser herum, stießen sogar zusammen, suchten unter Felsen und jagten wie wild nach dem Versteck des wertvollen Schatzes von Samuel Stone. Das Meer hier war voller Haie und Stachelrochen, und sie gerieten bald in Panik.
Trotzdem suchten sie weiter, überall, bis sie am Schluß erkennen mußten, daß es sinnlos war. Nirgends war das kleinste Anzeichen einer verborgenen Perle zu entdecken gewesen.
„Das ist bitter!" sagte David. „Sieht so aus, als würden wir diesen Schatz nicht finden."
Und sie zogen sich alle an und flogen wieder heim.
Wieder saßen sie am Pool und debattierten über ihren Fehlschlag.
„Er hat uns einfach keinen richtigen Hinweis gegeben", klagte die Witwe. „Er war immer schon ein böser, alter Mann. Nicht einmal als Toter hat er sich geändert."
„Nein, ich glaube nach wie vor, daß die Hinweise vorhanden sind", erwiderte David. „Wir haben sie nur noch nicht erkannt."
Doch der Anwalt entgegnete ihm: „Was gibt es da noch zu erkennen? Er hat diesen Diamond John Brady erwähnt und die Sache mit fishy . Was sollen das für Hinweise sein? Ach, wenn ich ihn jetzt vor mir hätte, der könnte etwas erleben, das kann ich euch sagen."
„Am liebsten würde ich ihn verklagen", schimpfte die Witwe weiter. „Schließlich war der einzige Grund, warum ich ihn heiratete, daß er mir versprach, mir sein ganzes Geld zu hinterlassen."
„Mir hat er auch eine Menge Geld versprochen", sagte der Neffe.
David war der einzige, der etwas Mitgefühl für Samuel Stone aufbrachte. „So schlecht war er nicht", sagte er.
„Wage es nicht, ihn auch noch in Schutz zu nehmen!" kreischte die Witwe zornig.
David dachte: Ei ne Schande, daß sie alle an nichts weiter denken als an sein Geld.
Auch er war durchaus an dem Geld interessiert, aber nicht für sich selbst. Er dachte immer wieder über die geheimnisvollen Hinweise des alten Mannes nach. Ganz offensichtlich hatten sie irgend etwas mit dem Meer zutun und mit einer Perle. Aber warum hatte er auch von einem Gott gesprochen?
Das Meer und ein Gott... Wer war der Meeregsott? Neptun! Und David blickte hoch und sah vor sich die Neptunstatue am anderen Ende des Pools.
Mein Gott, das ist es doch! dachte er aufgeregt. Die Perle muß in dieser Statue versteckt sein! Die ganze Zeit war sie direkt vor unserer Nase, und wir suchen weiß Gott wo in aller Welt danach!
Die anderen waren so mit Schimpfen und Diskutieren beschäftigt, daß sie gar nicht merkten, wie David aufstand, zu der Neptunfigur ging und sie untersuchte. Sie war aus Bronze und sah perfekt glatt aus. Nur am Bauchnabel war eine kleine Erhöhung. Und da war eine kleine Klappe, die bisher noch niemand bemerkt hatte. David hob sie hoch - und da lag drinnen im Inneren der Statue tatsächlich die größte Perle, die er je gesehen hatte.
Er nahm sie langsam heraus und hielt sie in der Hand. „Ich habe sie!" sagte er. Alle sahen zu ihm und erstarrten förmlich. Wie gelähmt glotzten sie auf David, als er zurückkam und ihnen die Perle zeigte. „Ist sie nicht wunderschön?" fragte er.
„Sie gehört mir!" zeterte die Witwe. „Sie war auf meinem
Grund und Boden!"
„Mir gehört sie!" sagte der Neffe.
„Moment mal!" rief der Anwalt wieder dazwischen. „Sie gehört uns allen. Es bleibt genug für jeden!"
„Das ist eine gute Idee", sagte die Witwe. „Wir teilen den Erlös unter uns auf. Nicht wahr, David?"
Aber David wehrte kopfschüttelnd ab. „Tut mir leid. Kommt alles in die Stiftung Samuel Stone für die Armen."
Es
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