Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)
niemand!“
„Ich weiß. Aber ich wünschte mir trotzdem, dass wir nicht zur Untätigkeit verdammt wären.“
Eine lastende Stille breitete sich in Michaels kleinem Zimmer aus. Er fuhr sich in einer fahrigen Geste durch die Haare und senkte schließlich resignierend den Kopf. Es gab nichts mehr zu tun. Sie waren raus aus dem Spiel. Jetzt hing alles an Raphael und schon der Gedanke daran ließ Michael das Herz schwer werden.
„Vielleicht gibt es doch etwas, was wir tun können“, sagte Elizabeth schließlich zögernd. Michael blickte müde auf.
„Wir wissen doch jetzt, dass Eleanor nicht tot ist. Raphael hat es im Krematorium der Kirche der Verlorenen gesagt. Sie liegt im Koma und ihre Seele hat sich vom Körper gelöst. Aber Raphael will ihre Seele zurückbringen. Nach allem was wir wissen, muss Eleanor daher im Krankenhaus sein. Sehr wahrscheinlich das von Bude. Wir könnten hinfahren und nach ihr sehen. Sollte Raphael erfolgreich sein, wären wir die ersten, die an ihrer Seite sind, wenn sie aufwacht!“
Michael stutzte. „Du hast recht“, sagte er. Einen Augenblick lang zögerte er noch. Dann sprang er auf und griff sich eine Jacke, die über dem einzigen Stuhl im Zimmer hing. Er war schon fast an der Tür, als er noch einmal innehielt.
„Moment. Was ist mit dir, Elizabeth? Kannst du überhaupt mitkommen? Kannst du das Leuchten des himmlischen Feuers jetzt unterdrücken?“
Elizabeths Lächeln erstarb und sie ließ traurig die Schultern hängen. „Du hast recht“, gab sie enttäuscht zu. „Man wird sehen, dass ich nicht normal bin…“
Michael ballte zornig die Faust. Das konnte doch einfach nicht sein. Sollten sie doch zur Untätigkeit verdammt sein? Ohne Elizabeth würde er keinesfalls zum Krankenhaus fahren. Nicht nach allem, was sie gemeinsam durchgemacht hatte.
In diesem Augenblick schlug unten die Haustür und die Stimme seiner Schwester hallte durchs Haus.
„Hallo, ich bin’s, Bess! Ist irgendjemand zu Hause?“
Ein Grinsen zog sich über Michaels Gesicht, während er sich langsam zu Elizabeth umwandte.
„Ich würde sagen, wir haben eine Testperson, an der du zeigen kannst, wie es um deine Fähigkeiten bestellt ist!“
…
„NEIN!“, schrie Raphael, als die Engel um Asrael sich auf Lilith stürzten. Lilith begann zurückzuweichen und drückte William schützend an sich, doch sie würde keine Chance gegen die Übermacht haben. In wenigen Sekunden würde es vorbei sein.
Panisch blickte Raphael zu Gabriel hinüber, doch dieser sah ebenso hilflos auf die Katastrophe, die sich vor ihren Augen anbahnte. Raphaels Gedanken überschlugen sich, dann traf er im Bruchteil einer Sekunde eine Entscheidung.
„Gabriel! Fang!“, schrie er und im selben Moment fühlte Eleanor sich durch die Luft geschleudert. Mit einem harten Schlag prallte sie gegen Gabriels Brust, der sie sofort sicher mit seinen gewaltigen Armen umfing.
Raphael indes fuhr mit einem ohrenbetäubenden Brüllen zwischen Asraels Engel. Wild um sich schlagend kämpfte er sich zu Lilith durch, die noch immer vollkommen hilflos William an sich drückte, um ihn nicht in das schwarze Loch fallen zu lassen. In diesem Moment stand pure Furcht in ihrem Gesicht, und doch es war keine Furcht um sich selbst. Allein die Sorge um den ihr anvertrauten William hatte sie vor Schreck erstarren lassen. Jetzt aber stand Raphael vor ihr und rüttelte mit weit ausgebreiteten Flügeln in der Luft.
„Niemand fasst sie an!“, fauchte er und in diesem Augenblick veränderte sich das sonst so sanfte goldene Leuchten seines Körpers in ein flammendes Rot, finster und furchterregend.
Asrael und seine Brüder blieben verwundert stehen. Keiner von ihnen hatte mit solch einer Reaktion gerechnet.
„Bruder“, begann Asrael wütend. „Warum schützt du dieses Menschenweib? Du weißt sehr wohl, wie viel Leid sie uns Engeln angetan hat. Wie kannst du dich auf ihre Seite stellen?“
„Es geht nicht um das, was sie früher getan hat!“, gab Raphael aufgebracht zurück. „Es geht um das, was sie jetzt tut! Seht ihr denn nicht, dass sie sich auf die Seite des Guten gestellt hat?“
Ein höhnisches Grinsen zog sich bei diesen Worten über Asraels Gesicht.
„Das Gute? Was weißt du über das Gute?“, giftete er. „Das Gute hat keinem von uns geholfen der Hölle zu entfliehen!“
„Wann hast du dich das letzte Mal für jemanden eingesetzt, Asrael?“, zischte Raphael zurück. „Für jemand anderen, der deiner Hilfe bedurfte… ohne
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