Die zehn Kreise (Höllenfeuer) (German Edition)
aus dem Hintergrund. Asrael wandte sich leicht um und blickte auf einen Engel, der nur wenige Meter hinter ihm mit mächtigen Flügelschlägen in der Luft rüttelte und zornig zu Eleanor hinübersah. „Wir wollten dieses Menschenweib fangen und nun lässt du sie einfach gehen? Hast du vergessen, was sie unseren Akoloythoi angetan hat?“
„Nicht halb so viel wie wir, möchte ich meinen!“, zischte Lilith ihn an. Der Angesprochene riss den Kopf herum und starrte sie wutentbrannt an. Das Leuchten in seinem Körper war nun tiefrot und es flackerte bedrohlich.
„Sieh dich vor, du kleines Miststück! Du wirst deine gerechte Strafe noch erhalten, dessen kannst du sicher sein!“
„Aber nicht von dir, Kinderschreck!“
Der Engel brüllte auf und machte eine Bewegung auf Lilith zu, doch Asrael verstellte ihm den Weg und hielt ihn zurück. Lilith indes, die noch immer William auf den Armen trug, machte eine kaum sichtbare Seitwärtsbewegung, um ihn zu schützen. Raphael war sich in diesem Augenblick sicher, dass sie ihn unter Einsatz ihres Lebens verteidigen würde. Und doch wurde ihm schlagartig die Ausweglosigkeit ihrer Lage klar. Würden Asrael und seine Brüder sich auf sie stürzen, gäbe es keine Chance für die Menschen. Um sich zu verteidigen müsste Raphael Eleanor loslassen und Lilith William. Dann würden sie direkt hinab in das schwarze Loch fallen, das sich zitternd und brüllend unter ihnen in rasender Geschwindigkeit drehte.
„Bruder“, sprach Asrael den zornigen Engel beschwichtigend an. „Es gibt keinen Grund mehr für uns, sie aufzuhalten. Gabriel ist hier und er wird sich um sie kümmern. Er hat seine Befehle und wir täten gut daran, ihn nicht aufzuhalten!“
„Aber beziehen sich seine Befehle auch auf dieses betrügerische Menschenweib?“, fauchte er und sah Lilith dabei hasserfüllt an.
Asrael hob eine Augenbraue und sah fragend zu Gabriel hinüber. Dieser zögerte einen Augenblick zu lang und sofort begannen die Engel um Asrael finster zu lächeln.
„Ich wusste es!“, triumphierte der Engel an Asraels Seite. „Er soll diese Eleanor ins Herz der Hölle führen. Aber zu Lilith hat er keinerlei Befehle. Brüder!“, jetzt wandte er sich an die anderen, „Das ist unsere Chance! Nach all den Jahrtausenden können wir endlich mit Lilith abrechnen! Mit jenem Weib, dass so viele von uns belogen und missbraucht hat. Denkt an Samael, den sie betrogen hat, um an die Kräfte eines Engels zu gelangen. Denkt an all jene von uns, die sie in den Körper des Mannes in Galiläa gesperrt hat. Denkt an Siriel, der ihretwegen gestorben ist. Heute ist der Tag der Abrechnung! Dies ist der Tag, der Liliths Tod sehen wird!“
Die gefallenen Engel um Asrael brüllten wutentbrannt auf und dann ging plötzlich alles rasend schnell, als Dutzende von ihnen sich auf Lilith stürzten!
…
Langsam begann die Welt um Michael wieder Konturen anzunehmen. Die Farben kehrten zurück und es waren wieder jene Farben, die er kannte und an die er sich doch kaum noch hatte erinnern können. Das flackernde Rot der Hölle war plötzlich verschwunden und das unablässige Flimmern der Hitze war ebenfalls fort. Wie friedlich wirkte die Welt der Lebenden doch. Wie beruhigend und angenehm. Die vertrauten Formen seines Zimmers umgaben ihn und schon erschien es fast unglaublich, dass er eben noch in der Hölle gewesen war. In der Hölle … zusammen mit Elizabeth.
„Geht es dir gut, Michael?“, hörte er ihre Stimme neben sich und fast ein wenig desorientiert sah er sich nach ihr um. Dort stand sie, nur einen Schritt hinter ihm in jener Position, die sie auch eben noch auf dem Friedhof im dritten Kreis der Hölle eingenommen hatte. Unfassbar, was da geschehen war! Hatten sie wirklich eben noch dem Erzengel Gabriel gegenüber gestanden?
„Es geht mir gut!“, stammelte er und ein erleichtertes Lächeln breitete sich auf Elizabeths Gesicht aus. Dann ließ er sich erschöpft auf seiner Bettkante nieder.
„Hier sind wir wieder“, sagte er leise. „Aber bewegt haben wir nichts!“
„Sag das nicht“, erwiderte Elizabeth. „Wir haben Eleanor doch gefunden und wir haben sie in der Schlacht gegen die Akoloythoi gerettet. Ist das denn nichts?“
„Schon“, gab Michael bedrückt zu. „Aber jetzt mussten wir sie doch allein gehen lassen. Mitten in das Zentrum der Hölle. Und wir können jetzt nichts mehr tun, als abzuwarten und zu hoffen, dass Raphael sie beschützen kann.“
„Wenn er es nicht kann, kann es
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