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Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Die Zeit der Hundert Königreiche - 4

Titel: Die Zeit der Hundert Königreiche - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Pflegebrüder hatten ihn geliebt - und er hatte den einen fürs Leben gelähmt und sich den anderen erst zum Feind gemacht und ihn dann getötet …
Und warum ist Beltran mein Feind geworden? Weil ich ihn verhöhnte … und ich verhöhnte ihn, weil er meine Ängste um meine eigene Männlichkeit bloßlegte. Er schämte sich nicht, seine Schwäche zuzugeben oder seinen Wunsch auszusprechen, sich mit dem alten Gelübde Mut zu machen, das wir uns gaben, als wir Jungen waren … aber ich fürchtete, er werde mich weniger männlich als sich selbstfinden!
Und wenn ich in Neskaya ankomme, wird Melora mir sicher klarmachen, daß ich ein Narr war, wenn ich glaubte, es kümmere sie, was aus mir wird … aber vielleicht wird sie Mitleid mit mir haben. Sie ist eine Leronis, und vielleicht weiß sie, was ich tun muß, um mein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Nicht etwa, daß ausgelöscht werden kann, was ich getan habe. Aber versuchen muß ich es. Vielleicht kann ich die Göttin besänftigen …
Ist es dazu zu spät?
Sein Pferd war jetzt sehr müde und ging langsam. Doch auch Bard war müde, unsagbar müde. Er wickelte sich auf eine Art in seinen Mantel, die in seiner neuen Empfindsamkeit die unerträgliche Erinnerung heraufbeschwor, wie sich Carlina mit ihrem schwarzen Mantel verhüllt hatte. Und er hatte ihr sogar diesen Fetzen einer schwachen Verteidigung weggerissen …
Bard glaubte, mit dieser Empfindsamkeit nicht leben zu können. Er mußte sterben, wenn es noch länger andauerte, und doch wußte er tief in seinem Inneren, daß es nie wirklich aufhören würde. Ganz gleich, wie er sich um Wiedergutmachung bemühte, es würde ihm bis an sein Lebensende schmerzhaft bewußt sein, welche Qualen er anderen zugefügt hatte. Er mußte leben mit dem ständigen Gedanken daran, was er denen angetan hatte, die er liebte.
Liebte. Denn auf seine eigene wilde Art hatte er Carlina geliebt. Seine Liebe war selbstsüchtig und brutal, aber doch wirkliche Liebe gewesen, Liebe für das schüchterne kleine Mädchen, das seine Spielgefährtin gewesen war. Und er hatte auch Geremy und Beltran geliebt, und sie waren für immer aus seiner Reichweite entschwunden, und seine Strafe war das Wissen, daß er selbst sie hinweggetrieben hatte, Geremy in die Entfremdung, Beltran in den Tod. Und er liebte Erlend, und er wußte, er würde niemals seines Sohnes Zuneigung oder Achtung verdienen. Erhielt er sie trotzdem irgendwie (denn Kinder lieben ohne Grund), lag das nur an Erlends Güte und nicht an seiner. Denn wenn Erlend die Abgründe in ihm bekannt wären, würde er ihn hassen, und Alaric würde ihn hassen, und sein Vater würde ihn hassen … wie auch Melora, die so gut und ehrlich war, ihn bestimmt hassen würde, wenn sie es wüßte. Und er mußte es ihr gestehen.
Aber welchen Schmerz mußte ihr seine Beichte bereiten! Er fragte sich, wie er Melora diese Last aufbürden, wie er es wagen könne, sein Herz zu erleichtern, indem er ihres mit Kummer beschwerte. Sollte er sich auf der Stelle töten, damit er nie wieder einem anderen Menschen weh tun konnte? Und dann erkannte er, daß auch diese Tat anderen Schmerz bereiten würde. Das Gefühl der Schuld konnte Carlina, die unter Scham und Demütigung schon fast zusammenbrach, ganz zerstören. Es würde Erlend weh tun, der ihn liebte und brauchte, und Alaric, in dessen schwachen Händen die Regierung des Königreichs lag, war ohne Bards starke Hilfe verloren. Und mehr als alle anderen würde Melora leiden. Deshalb durfte er es nicht tun. Er ritt in den Hof von Neskaya ein und fragte den verschlafenen Wachtposten, ob es sich ermöglichen lasse, daß er die Leronis Melora MacAran spreche. Der Mann hob ein wenig die Augenbrauen. Aber offenbar war die Ankunft eines einzelnen nächtlichen Reiters im Turm von Neskaya kein so außergewöhnliches Ereignis. Er schickte jemanden, Melora auszurichten, sie werde gewünscht, und in der Zwischenzeit ließ er Bard, dessen Erschöpfung er bemerkte, ins Erdgeschoß eintreten und bot ihm ein paar Kekse und Wein an. Bard aß die Kekse gierig, doch den Wein rührte er nicht an. Er wußte, wenn er in seinem ausgehungerten und übermüdeten Zustand nur einen halben Becher zu sich nahm, wäre er sofort betrunken. So willkommen ihm das Vergessen im Rausch gewesen wäre, er durfte diesen einfachen Ausweg nicht wählen.
Er hörte Meloras Stimme, bevor er sie sah. »Aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer zu dieser gottverlassenen Stunde zu mir kommen könnte, Lorill.« Und

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