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Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall

Titel: Die Zeit ist nahe: Kommissar Kilians dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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und auch du sind mehr als das.«
    »Ach ja, der Odem des Herrn.«
    »Wenn du so willst, auch sein Odem. Aber das Entscheidende ist doch, dass du überhaupt keine Wahl hast. Du bist sein Geschöpf, ein Teil von ihm, und ob du nun willst oder nicht, eines Tages wirst du wieder zu ihm zurückkehren, egal, wie du ihn nennst, und egal, wo er sich aufhält.«
    »Ich verstehe nicht, du bist allem Augenschein nach ein katholischer Mönch oder gehörst zumindest dieser Kirche an. Wie kannst du so reden?«
    »Du meinst, dass ich nicht viel von dieser Drohung der ewigen Verdammung halte, falls man nicht beizeiten umkehrt? Hör gut zu, mein Kilian, zu glauben heißt weit mehr, als die richtige Religion zu wählen, zum richtigen Gott zu beten oder ständig das Richtige zu tun. Glauben heißt, die frohe Botschaft zu verkünden, ohne Angst das Leben, das einem gegeben ist, zu leben und sich von nichts und niemandem einreden zu lassen, dass an einem etwas verkehrt ist. Ansonsten müsste ja auch an unserem Schöpfer etwas nicht stimmen. Er hat uns ja nach seinem Ebenbild geschaffen, wie es geschrieben steht.«
    »Und was ist mit der Sünde, den Versuchungen des Teufels, der uns vom rechten Weg abbringen will? Wird uns nicht immer gepredigt, dass wir für das büßen müssen, was wir verbrochen haben?«
    Unter der Kutte bebte es, und ich hörte ihn kichern.
    »Verdammt nochmal, was ist so lustig?!«
    »Beruhige dich«, erwiderte er mit sanfter Stimme. »Ich lache nicht über dich persönlich. Es ist nur so … du klingst wie der Diener eines Herrn, eines sehr weltlichen natürlich, und du redest, als hättest du deinen Verstand und dein Herz an der Garderobe abgegeben. Beim ersten Widerspruch plapperst du schön brav wieder, was du über Jahre eingetrichtert bekommen hast. Fast wie im Kuhstall.
    Disziplin, die für dich offensichtlich so wichtig ist, ist das Gefängnis, in dem du sitzt. Solch ein abgeriegelter Raum kann ganz angenehm sein, wenn man sich damit abgefunden hat und keine großen Ansprüche stellt. Man bekommt täglich sein Essen, wird geweckt und wieder zu Bett geschickt. Doch was ist, wenn du aus dem Fenster schaust, ich meine, aus dem kleinen, hellen Loch in der Wand deines Bewusstseins? Siehst du dort nicht freie Menschen, die sich ohne Anweisung und Befehl bewegen und leben sollten?«
    »Ja, aber worauf willst du eigentlich hinaus?«
    »Glauben heißt frei sein. Im Herzen, im Kopf und in der Seele. Alles, was dem widerspricht, ist unrecht, ist gegen Gott. Verstehst du? Gott ist frei, und er hat dich nach seinem Ebenbild geschaffen. Jeder, der dir etwas anderes erzählen will, macht dich unfrei und will etwas von dir haben. Jeder, der gegen diese gottgegebene Freiheit in dir vorgeht, ist ein Tyrann, dein ganz persönlicher Beherrscher.
    Kämpfe für die Freiheit, damit du frei sein kannst, um an das zu glauben, was bereits in dir ist und nach draußen drängt. Das ist der wahre Glauben. Nichts anderes.
    So wie mein Held Jesus Christus gegen die Unfreiheit in seinem Leben, in unser aller Leben gekämpft hat, so will auch ich kämpfen. Diesen weltlichen Tempel niederreißen und ihn neu aufbauen. Einen neuen Tempel in den Herzen der Menschen, so wie es Christus uns aufgetragen hat. Den Glauben an einen wahren, freien Gott, den es noch immer gibt. In jedem von uns. Das ist der Grund für mein Leben, deswegen bin ich hier.«
    Ich klebte an seinen Lippen, als er diese Worte sprach, die wie ein Grollen aus allen Himmeln, offen und hell, auf mich herniedergingen. Der Bruder stand vor mir wie ein furchtloser Kämpfer, den Stock, die Waffe der Armen, fest in der Hand, den Mut, gegen einen übermächtigen Gegner anzutreten, fest in der Seele verankert.
    »Doch nun muss ich gehen«, sagte er.
    »Wohin willst du?«
    »Du wirst es bald erfahren.«
    Er schlug das Kreuzzeichen über mich und ging davon. Humpelnd, das linke Bein nachziehend, nach vorn gebückt schleppte er sich Richtung Dom.
    »Wie heißt du, Vater?«, rief ich ihm nach.
    Er drehte sich um und lächelte mir zu. »Alvarez. Man nennt
    mich Bruder Alvarez. Gott segne dich.«
    Gott, fragte ich mich, wieso sollte gerade er mich noch segnen? Ich hatte mich schon längst aus seiner Obhut verabschiedet. Was war eigentlich der Grund dafür gewesen? Ich überlegte eine ganze Weile. Ergebnislos. Ich wusste es nicht mehr. Er war mir irgendwie abhanden gekommen.

III.
    Wer weiß, was uns da erwartet, hatte sich der Bischof gefragt. Das Siegel des Römischen Reiches versprach eine

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