Die Zeitdetektive 02 Der rote Racher
mehr, den Richter zu suchen«, schlug Leon vor, während er sich die Hände an dem Brunnen wusch.
Die drei hatten Glück. Ein Stoffhändler wies ihnen den Weg zum Haus des Richters. Cornelius bewohnte ein pompöses Stadthaus in der Via Sacra.
Ein Sklave hielt sie am Tor auf. »Was habt ihr hier verloren?«
»Ave! Wir wollen zum Richter Cornelius«, antwortete Julian und schaute den Sklaven mit großen, unschuldigen Augen an.
»Das möchten viele«, erwiderte der Sklave und wirkte plötzlich bedrückt. »Mein Herr ist schwer krank und jetzt will ihm jeder Glück und Gesundheit wünschen.«
Julian reagierte blitzschnell. »Deswegen sind wir ja hier. Wir bringen eine Nachricht von unserem Vater.«
»Wer ist euer Vater, und warum kommt er nicht selbst?«, fragte der Sklave misstrauisch.
»Unser Vater heißt Aurelius«, behauptete Julian. »Er ist auf einer Geschäftsreise in Pompeji. Aber er hat erfahren, dass es Cornelius schlecht geht. Und nun schickt er uns, damit wir Cornelius die besten Genesungswünsche überbringen.«
»Das kommt vermutlich zu spät. Mein Herr liegt im Sterben. Wartet hier«, sagte der Sklave. »Ich will hören, ob euch mein Herr empfängt.«
Wenige Minuten später ließ der Sklave die Kinder tatsächlich eintreten und führte sie in einen abgedunkelten Raum. Eine Gestalt lag auf einem Bett und sah die Besucher aus durchdringenden Augen an.
»Ah, Kinder«, sagte der alte Mann mit brüchiger Stimme. »Ich liebe Kinder. Sie erinnern mich an meine Jugend und vertreiben die Schatten des nahenden Todes. Und ihr seid die Kinder von Aurelius? Von welchem Aurelius? Es gibt viele in Rom.«
Julian beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. »Von Aurelius, dem Gladiator.«
Cornelius verschluckte sich und begann fürchterlich zu husten. Sofort ging ein Vorhang zum Nachbarraum auf, und ein Arzt erschien mit einer kleinen Flasche.
»Verschwinde, du Veneficus !« , rief Cornelius heiser.
»Ich und ein Giftmischer?«, empörte sich der Arzt. »Du tust mir Unrecht!«
»Geh mir aus den Augen!«, befahl Cornelius. »Deine Mittelchen geben mir den Rest.«
Als der Arzt fort und der Hustenanfall verebbt war, goss sich Cornelius etwas Wein in den Becher und trank. Seine Stimme gewann an Klarheit, als er sagte: »Aurelius, der Gladiator … Ihr könnt nicht seine Kinder sein. Als Aurelius starb, hatte er keinen Nachwuchs.«
Ratlos blickten Kim und Leon zu Julian.
»Es stimmt, wir sind nicht seine Kinder«, gab Julian zu. »Aber wir mussten mir dir sprechen. Es geht um den Roten Rächer.«
Cornelius ließ ein krächzendes Lachen ertönen. »Der Mann, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Ich bewundere ihn.«
»Wir vermuten, dass die Anschläge mit Aurelius’ Tod zusammenhängen«, fuhr Julian fort. Und dann berichtete er dem Richter von ihren Ermittlungen.
Mühsam erhob sich Cornelius von seinem Bett und ging zum Fenster. »Nicht schlecht für drei Kinder«, bemerkte er tonlos.
»Drei Kinder und eine Katze«, korrigierte Kim ihn.
»Wie dem auch sei«, meinte der Richter müde. »Und ihr glaubt, dass ich Aurelius zu Unrecht verurteilt habe?«
»Ja.«
Cornelius drehte sich um und starrte die Gefährten an. Seine Augen glühten. »Dafür könnte ich euch verhaften lassen«, zischte er. »Und vor ein paar Jahren hätte ich auch nicht gezögert, genau das zu tun, beim Jupiter. Aber jetzt? Ich habe keine Kraft mehr, mich zu verteidigen und noch länger eine Tat zu verbergen, für die ich mich immer geschämt habe.«
»Also ist es wahr, dass du Aurelius zu Unrecht verurteilt hast?«
Der Richter kehrte zu seinem Bett zurück und setzte sich. Er zuckte mit den Schultern. »Was soll’s?«, sagte er matt. »Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ja, es stimmt: Aurelius war das Opfer einer Intrige.«
»In der du eine entscheidende Rolle gespielt hast«, vollendete Julian kühn den Satz.
»Du bist wirklich sehr mutig, mein Junge«, sagte Cornelius mit einem Lächeln. »Aber du hast Recht. Aurelius war ein talentierter Beamter aus reichem Haus. Er war auf dem besten Weg, die Beamtenlaufbahn, den Cursus Honorum rasch zu durchlaufen. Die Welt stand ihm offen. Er war gebildet, sprachgewandt und sehr beliebt. Aber genau das rief auch die Neider auf den Plan. Sein schärfster Konkurrent schob Aurelius einen Diebstahl unter. Und er gab mir viel Geld dafür, dass ich Aurelius hart verurteilte.«
»Zu einem Leben als Gladiator«, flüsterte Julian. »Das kam einem Todesurteil gleich.«
»Ja, so war es«, sagte Cornelius und wirkte
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