Die Zeitdetektive 04 Das Teufelskraut
Freundin. „Also kein Raubmord.“
„Lasst den Infirmarius durch!“, rief jemand in diesem Moment.
Die Menge bildete eine Gasse, und ein Mönch schritt hastig heran. Kurz untersuchte der Arzt den Mann am Boden. Dann schüttelte er den Kopf.
„Tot“, sagte der Infirmarius nur. „Ist Adalung schon verständigt worden?“
„Der Abt?“, fragte Wenzel verdattert. „Oh ja, der Abt! Richtig, den sollten wir verständigen. Er muss für eine, äh, Untersuchung des Vorfalls sorgen.“
„Allerdings“, meinte der Infirmarius ungehalten. „Denn das, was du einen Vorfall nennst, Wenzel, war ein Mord!“
„Ist ja schon gut“, beeilte sich Wenzel zu sagen. Unwirsch wandte er sich an die Umherstehenden: „Und jetzt alle raus hier. Bitte tratscht nicht alles herum“, fügte er mit wenig Hoffnung in der Stimme hinzu.
Auch die drei Freunde verließen den Raum mit der Leiche.
Unten im Schankraum wurde wild spekuliert. Jeder hatte eine andere Theorie, was sich im Gastzimmer oben abgespielt haben könnte. Da Wenzel ihnen keine neuen Anweisungen gab, setzten sich die Freunde an einen freien Tisch.
„Es war also kein Raubmord“, wiederholte Leon. „Aber was hat der Täter dann gewollt?“
„Vielleicht wollte er doch Geld stehlen, wurde aber von Kim gestört“, wandte Julian ein.
Kim zog die Augenbrauen hoch. „Glaube ich nicht. Das Bett mit dem Nachttisch, auf dem der Geldbeutel lag, steht gleich neben dem Fenster. Der Mörder hätte den Beutel auf der Flucht nur mitnehmen müssen. Nein, ich sage euch: Der Täter hat etwas ganz anderes gewollt!“
„Aber was? Was könnte das Motiv gewesen sein?“, wollte Leon wissen.
„Eifersucht, Rache, Schulden – es gibt so viele Möglichkeiten“, meinte Julian. „Wir haben momentan leider keinen Anhaltspunkt.“
„Vielleicht hat der Mord etwas mit dem Teufelstrank zu tun“, sagte Kim unvermittelt.
„Wie kommst du denn da drauf?“
Kim hob die Schultern. „Keine Ahnung, vielleicht weil ich heute Abend gehört habe, wie einige Männer über den Trank sprachen.“
„Reiner Zufall“, sagte Leon und winkte ab.
Das Mädchen blickte ihn ernst an. „Ich für meinen Teil glaube nicht an Zufälle.“
Der unheimliche Abt
Am nächsten Morgen weckte sie Wenzel beim ersten Hahnenschrei.
„Hopp, aufstehen! Fürs Schlafen werdet ihr nicht bezahlt!“, rief er. „Auf euch wartet Arbeit!“
„Jetzt schon?“, fragte Kim und gähnte.
„Allerdings. Ihr werdet Furrers Sachen hier auf den Dachboden schaffen.“
„Wie bitte?“
„Ihr habt richtig gehört“, bestätigte der Wirt. „Geht in das Zimmer und bringt Furrers Habseligkeiten hier rauf. Nur seinen Geldbeutel werde ich verwahren. Das Zimmer muss leer geräumt werden, weil ich es weitervermieten will. Ich werde Furrers Sachen auf dem Dachboden aufbewahren, bis sich seine Angehörigen melden … falls er welche hat. Ansonsten gehen die Sachen wohl in den Besitz des Klosters über.“
„Das geht aber schnell. Ich meine, das mit dem Weitervermieten“, bemerkte Kim.
Wenzel sah sie fragend an. „Was glaubst du denn? Sollen wir aus dem Zimmer einen Wallfahrtsort machen? So ein Quatsch! Ich muss zusehen, dass so rasch wie möglich wieder Normalität einkehrt. Die ersten erzählen schon, dass auf meiner Herberge ein Fluch liegt. Kannst du dir vorstellen, was das für mich heißt?“
Kim blickte zu Boden und schwieg.
„Am besten wächst ganz schnell Gras über die Sache. Das wäre nicht nur gut für mich, sondern auch für das ganze Kloster. So, jetzt haben wir genug gequatscht“, sagte Wenzel barsch. „Holt Furrers Sachen rauf. Ich gehe mit runter und zeige euch, was ihm alles gehört hat.“
In Furrers Zimmer kniete Gertrud vor dem Bett und versuchte, den Blutfleck aus dem Holz zu schrubben. Doch der dunkle Fleck schien hartnäckig zu sein.
„Ein Zeichen“, murmelte sie. „Es ist ein Zeichen.“
„Was redest du da?“, herrschte Wenzel seine Frau an.
Sie sah zu ihm hoch. Ihr Gesicht war kreideweiß und unter ihren Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab. „Es ist ein Zeichen, sage ich dir. Der Fleck lässt sich nicht entfernen. Der Allmächtige will nicht, dass er weggeht. Oder es ist etwas ganz anderes im Spiel, vielleicht sogar …“
„Schweig, dummes Weib!“, schrie Wenzel und hob die Hand, als wollte er seine Frau schlagen.
Augenblicklich beugte sich Gertrud wieder über den Fleck und schrubbte wie besessen. Dabei murmelte sie ein Gebet vor sich hin.
„Und ihr!“, bellte der Wirt die Freunde an. „Ihr nehmt den
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