Die Zeitdetektive 04 Das Teufelskraut
die Leiter wieder hinunter. Die Sprossen knackten unter seinem Gewicht.
„Na ja, fünf Sterne sind es nicht“, meinte Kim und streckte sich auf ihrem Lager aus. „Aber ich will nicht meckern. Hauptsache, wir haben ein Quartier im Kloster!“ Und mit einem Seitenblick auf die Katze fügte sie hinzu: „Kija scheint es hier oben großartig zu finden.“
Kim hatte Recht: Aufgeregt sprang die Katze in weiten Sätzen über den grob gezimmerten Dachboden, der mit allerlei Gerümpel voll gestopft war.
„Offenbar hat sie die Spur einer Maus gefunden. Und wir finden hoffentlich auch bald eine Spur – vom Teufelstrank“, meinte Julian.
„Bestimmt“, sagte Leon, der sich an die Kräutergärten erinnerte. „Wenn es den Trank wirklich gibt, dann weiß man hier etwas über ihn, wetten?“
Mord im Gastzimmer
Pünktlich nach einer Stunde erschienen die vier im Schankraum. Die ersten Gäste hockten bereits an den Tischen. Während Kija auf eine der schmalen Fensterbänke sprang und sich dort niederließ, marschierten Kim, Julian und Leon zur Theke, hinter der Wenzel stand und Bier in große Krüge füllte. Aus der Küche hinter ihm drang der verlockende Duft von Gebratenem und Zwiebeln.
„Ah, da seid ihr ja“, begrüßte der Wirt die Freunde und wischte sich die Hände an seiner fleckigen Schürze ab. „Kann einer von euch kochen?“
„Ich – ein bisschen“, sagte Leon.
„Gut, dann geh in die Küche und hilf Gertrud, meiner Frau. Ihr zwei nehmt die Krüge und bringt sie an die beiden Tische dort.“
Die Freunde gehorchten. Leon lernte Gertrud kennen, eine spindeldürre Frau mit flinken, grauen Augen, die nicht gerne redete. Sie wies Leon an, einen Bund Petersilie klein zu hacken, während sie selbst am steinernen Herd stand und in einem wuchtigen Kessel rührte, aus dem es verführerisch duftete.
Unterdessen schleppten Kim und Julian Krüge, Körbe mit Brot, Suppenteller und Holzplatten mit Fleisch zu den Tischen. Dort saßen Männer verschiedener Herkunft: reiche Händler, die sich den Bauch voll schlugen und arme Pilger, die sich gerade mal eine Scheibe Brot mit einer wässrigen Gemüsesuppe leisten konnten.
Schnell war der Schankraum bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Luft wurde immer schlechter. Aus der Küche drang der Duft von verschiedenen Speisen.
„Schneller, los schneller!“, herrschte Wenzel seine neuen Angestellten an. Sein Gesicht war puterrot und auf seiner Stirn standen Schweißperlen.
Kim flitzte zu einem Tisch weit in der Ecke, stellte Becher mit Wein vor den vier Gästen ab, die sich dort leise unterhielten, und wollte gerade wieder umdrehen, als sie abrupt innehielt. Hatte sie gerade das Wort Teufelstrank gehört? Ihr Puls beschleunigte sich. Sie bückte sich, tat so, als sei ihr etwas heruntergefallen und lauschte. Kim hatte Glück: Geflüsterte, aber immerhin verständliche Gesprächsfetzen drangen an ihr Ohr.
„… Das musst du doch wissen. Du kennst dich schließlich mit Kräutern und so aus …“, sagte jetzt einer der Gäste zu dem ältesten Mann in der Runde. „Komm, ich gebe dir noch einen Becher Wein aus! Aber reden musst du, hörst du: reden!“
Kim richtete sich wieder auf. Dabei riskierte sie einen Blick auf den Alten. Er hatte ein längliches Gesicht mit buschigen Augenbrauen. Jetzt nickte er bedächtig.
„Komm, sag schon!“, redeten die anderen auf ihn ein.
Unauffällig wechselte Kim die Position. Der Nachbartisch war frei geworden. Sie begann Geschirr und Besteck langsam einzusammeln. Auch hier konnte sie noch verstehen, was die Männer am anderen Tisch sprachen.
„Es gibt ihn doch, oder? Erzähle! Wir sind von weit hierher gepilgert. Man erzählt sich, dass du am meisten über ihn weißt!“, sagte einer der Jüngeren.
„Ja … über den Teufelstrank!“, zischte ein anderer.
„Psst!“, machte ein Dritter.
Kim lief ein Schauer über den Rücken – der Teufelstrank!
Der Alte wiegte bedächtig den Kopf. „So, so, ihr seid also nur wegen des Trankes gekommen und nicht wegen des heiligen Nazarius?“
„Aber nein, gütiger Herr im Himmel!“, rief einer der Pilger sofort. „Wir haben erst hier im Kloster von dem Trank gehört und wollten mehr erfahren.“
Abrupt erhob sich der Alte und schob seinen Schemel mit dem Fuß an den Tisch.
„Ich kann euch nicht helfen“, sagte er kühl. „Allein über dieses gottlose Zeug zu reden, bringt Unglück.“ Dann ging er zu Wenzel an den Tresen, bezahlte und verließ grußlos die Schenke.
„Wer war denn das?“, fragte Kim
Weitere Kostenlose Bücher