Die Zeitdetektive 04 Das Teufelskraut
den Wirt, als sie ein paar leere Krüge auf dem Tresen abstellte.
„Der, der gerade gegangen ist?“ Wenzel kratzte sich am Kopf. „Das ist der alte Gottfried. Lebt allein unten im Dorf. Ist ein bisschen sonderbar. Man erzählt sich wunderliche Dinge über ihn. Den üblichen Dorftratsch! Aber wenn jemand krank ist, dann rennen sie zu ihm. Denn Gottfried kennt sich – weiß Gott – gut mit Heilkräutern aus!“
Kim nickte und nahm volle Krüge in Empfang. Auf dem Weg durch die verräucherte Schenke kam sie an Julian vorbei, der gerade einen Tisch abräumte. Mit wenigen Worten informierte sie ihn über Gottfried.
„He, was quatscht ihr da rum?“, brüllte Wenzel quer durch den Raum. „Mädchen, bring diese Platte nach oben. Der Bayer in Zimmer eins hat den Braten bestellt. Beeil dich!“
„Komme ja schon!“, rief Kim, nahm das Holzbrett mit dem feinen Braten in Empfang und lief in den ersten Stock. Vor der Tür mit der Nummer eins machte sie Halt und klopfte an. Aus dem Gästezimmer drang ein unterdrückter Schrei. Es folgte ein harter Schlag, dann schnelle Schritte. Was ging da drinnen vor? Kim bekam eine Gänsehaut. Da stimmte etwas nicht!
Noch einmal klopfte sie laut an. Stille. Keine Reaktion. Kim stellte die Platte ab, nahm all ihren Mut zusammen und drückte die Klinke herunter. Die Tür schwang auf und gab den Blick auf ein geräumiges Zimmer frei, das von einer Kerze schwach erleuchtet wurde. Kim sah gerade noch, wie eine Gestalt durch das Fenster verschwand. Das Mädchen machte einen Schritt in den Raum hinein – und hielt inne. Neben dem Bett kauerte ein Mann mit dichten grauen Haaren. Jetzt sah er hoch. In seinen Augen lagen Schmerz und Verzweiflung. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen. Ein Schwall Blut ergoss sich über seine Lippen. Zitternd streckte der Mann die Hand nach dem Mädchen aus. Kim wich erschrocken zurück – in der Brust des Mannes steckte ein Messer! Nun kippte der Mann vornüber und blieb ganz still liegen. Kim schrie los.
Auf der Treppe war ein Poltern zu hören und keine Minute später kam Wenzel herein. Leon, Julian, Kija und ein paar Gäste drängten nach.
„Was ist hier los?“, rief der Wirt mit einem Blick auf Kim. „Wieso hast du so ge…“ Er brach mitten im Satz ab, als er den reglosen Mann auf dem Fußboden erblickte. Die Blutlache wurde immer größer. Mit einem Satz war Wenzel bei ihm und drehte ihn um. „Oh mein Gott“, entfuhr es ihm, während er sich bekreuzigte. Der Wirt fuhr herum und herrschte die untätig Umherstehenden an: „Holt den Infirmarius, schnell!“
Jemand löste sich aus der Gruppe und rannte los. Inzwischen beugte sich Wenzel über den am Boden liegenden Mann und hielt sein Ohr dicht an dessen Lippen. Sekunden verstrichen, in denen niemand auch nur ein Wort zu sagen wagte. Jetzt hob Wenzel den Kopf: „Der braucht keinen Infirmarius mehr“, sagte er tonlos. „Er ist tot.“
„Wer ist das?“, fragte ein Mann aus der Gruppe an der Tür. „Ich habe ihn noch nie gesehen.“
„Johannes Furrer heißt er“, sagte der Wirt. „Ein Kaufmann aus dem Süden. Kommt aus einem Ort in den Alpen. Den Namen habe ich vergessen. Er wollte hier Geschäfte machen, soviel ich weiß.“
Nach und nach drängten immer mehr Neugierige in das Zimmer.
„Ein Mörder ist in diesem Kloster! Gott steh uns bei!“, kreischte eine Frau.
Wenzel hob beschwichtigend die Arme. „Ruhe bitte, bleibt ruhig, Leute!“
Er begann besänftigend auf die Leute einzureden. Dennoch gab es eine rege Diskussion.
Leon, Julian, Kim und Kija hielten etwas Abstand zu den anderen.
„Alles klar mit dir?“, fragte Julian Kim.
Sie nickte. „Ist schon okay“, sagte sie leise. „Aber es war ein Riesenschreck.“ Dann berichtete sie haarklein, was sie alles beobachtet hatte.
„Du hast jemanden fliehen sehen?“, fragte Leon mit großen Augen. „Wie sah er aus?“
„Ich … ich weiß nicht“, erwiderte Kim. „Es ging alles so schnell.“
Leon zupfte an seinem Ohrläppchen und dachte scharf nach. „Warum musste Johannes Furrer sterben?“, wisperte er.
Julian hob die Schultern. „Gute Frage …“
„Geld war jedenfalls nicht das Motiv“, sagte Kim.
Die beiden anderen sahen sie überrascht an.
„Wie kommst du denn darauf?“
„Schaut doch mal auf den Nachttisch“, flüsterte Kim. „Fällt euch nicht etwas auf?“
„Aber ja, jetzt sehe ich es auch“, meinte Julian aufgeregt. „Dort liegt der Geldbeutel von diesem Furrer!“
„Gut beobachtet, Kim“, lobte Leon die
Weitere Kostenlose Bücher