Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer

Titel: Die zerbrochene Welt 02 - Feueropfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Hüfte –, noch ehe die fischköpfigen Krieger herangekommen waren. Zornig schleuderte er den Bogen weg und riss sich die Pfeile aus den Wunden. Mit gezücktem Schwert warf er sich auf die Dagonisier.
    Sein Blut tötete mehr Feinde als seine Klinge. Tatsächlich sah es so aus, als könne er sich gegen sie behaupten. Ihre Reihen lichteten sich und schließlich zogen sie sich sogar entsetzt vor ihm zurück.
    »Aus dem Weg!«, donnerte Gaal.
    Masor erkannte die Stimme, obwohl es in seinen Ohren wie unter einem Wasserfall rauschte. Er wankte, vermochte sich kaum noch auf den Beinen zu halten. Mit verschleiertem Blick sah er, wie die dagonisischen Krieger für ihren König eine Gasse bildeten.
    Gaal war knapp zehn Schritte entfernt, hielt eine Armbrust im Anschlag und schoss.
    Der Bolzen bohrte sich tief in Masors Herz. Keuchend sank er auf die Knie. Er hatte das Gefühl, in einen eiskalten Bergsee zu sinken. So als sähe er die Gestalt seines Mörders durch Wasser hindurch, verschwamm sie rasch vor seinen Augen. Dann spürte und sah er überhaupt nichts mehr.

1. Der Bruch
    A ls sich das flache Eisen in die Ackerkrume grub, erzitterte der Boden. Ein dunkles Grollen stieg aus den Tiefen der Scholle auf. Taramis stutzte. Die Feldarbeit war hart und es mangelte ihm auch gewiss nicht an Kraft, doch er konnte wohl kaum mit einer einzigen Feldhacke ein ganzes Erdbeben auslösen. Die Stöße wollten gar kein Ende nehmen. Was geschah da?
    Besorgt blickte er über den Acker hinweg zu den Gebäuden. Sie lagen auf einer schmalen Landzunge, die weit ins Ätherische Meer hinausragte. Shúria kam gerade aus dem Wohnhaus gelaufen, um nach Ari zu sehen. Der Zehnjährige hatte im Spiel innegehalten und den Kopf in den Nacken gelegt. Irgendetwas am Himmel bannte seine Aufmerksamkeit.
    Und dann sah es auch Taramis. Eine irisierende, halb durchscheinende Wand senkte sich aus den Höhen herab, so als wolle sich eine gigantische Seifenblase in zwei Hälften teilen. Ihm war sofort klar, dass es sich dabei nicht nur um eines der üblichen Lichtphänomene handelte, die man zu früher Stunde in der Lufthülle von Barnea beobachten konnte. Nein, hier geschah etwas Gewaltigeres, Unheilvolles.
    »Weg vom Haus! Kommt sofort zu mir!«, rief er seiner Frau und dem Jungen zu. Er ließ die Hacke fallen und lief ihnen entgegen. Zuletzt hatte er vor einem Dutzend Jahren solche Angst verspürt, im Zweikampf gegen Gaal. Wie damals dachte er auch jetzt nicht an sich selbst. Er wollte diejenigen beschützen, die er mehr liebte als jeden anderen Menschen auf der Welt. Shúria und Ari waren in Lebensgefahr.
    Mit langen Sätzen eilte er zum Feldrand. Über den Weg aus gestampfter Erde hetzte er an Büschen und Bäumen vorbei auf das Haus zu. Am Ende des Ackers stak in seiner weichen, schwarzen Hirschhauthülle der Stab Ez. Zu Beginn des Tagewerks hatte er ihn dort tief in den Boden gerammt und seine dunkelbraune Lederweste daran aufgehängt. In diesem Moment schüttelte das Beben sie wie reifes Obst herab.
    Plötzlich sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung am Wegrand. Ein schlangenhafter, grüner Zweig schoss unter einem dicht belaubten Strauch hervor. Taramis sprang …
    Für die Dauer eines Wimpernschlags meinte er noch, dem Borstenwürger zu entkommen. Dann aber spürte er, wie sich der Fangarm um sein rechtes Fußgelenk schlang. Gegen den darauf folgenden Schmerz waren ein Bad in Brennnesseln oder die Stiche der Feuerqualle das reinste Vergnügen. Mit einem lang gezogenen Schrei fiel er zu Boden.
    Schon zuckte ein weiterer Tentakel vor und fing auch das zweite Bein ein. Taramis krallte die Hände ins Erdreich. Er suchte verzweifelt nach Wurzeln, um sich daran festzuhalten, oder nach Steinen, die er als Waffe benutzen konnte. Er fand jedoch nichts. Die Pflanze schleifte ihn langsam, doch unerbittlich über den Feldweg. Wahrscheinlich hinderte sie nur das dichte Geäst ihres Verstecks daran, ihm sofort den nächsten Fangarm um die Brust oder den Hals zu winden. Borstenwürger pflegten ihre Beute erst zu betäuben, dann zu erdrosseln und ganz zum Schluss zu verdauen.
    Taramis brüllte. Weniger die Qualen und das zunehmende Schwindelgefühl entfachten seinen Zorn als vielmehr die eigene Hilflosigkeit. Anstatt Shúria und Ari beizustehen, musste er gegen die Yateveo kämpfen – so nannten die Bewohner von Barnea diese fleischfressenden Pflanzen. Die Yateveos waren hinterlistige Jäger. Sie schlichen im Schneckentempo von Versteck zu Versteck. Manchmal

Weitere Kostenlose Bücher