Die Zeugin
dir gesagt, daà sie meine beste Freundin ist. Das müÃte als Beschreibung genügen.«
Nachdem sich GroÃmutters Gesundheit so verschlechtert hatte, daà sie nicht an der Hochzeit teilnehmen konnte, war Ricki Sue Kendalls einziger Gast. Kendall hatte gehofft, daà Matt sich schon allein deswegen bemühen würde, liebenswürdig mit ihr umzugehen. Statt dessen hatte ihn und Gibb Ricki Sues lautstarke Fröhlichkeit sichtlich abgestoÃen. Ihr herzhaftes
Lachen, das tief aus ihrem Busen zu steigen schien, war den beiden Männern richtig peinlich gewesen.
»Ich gebe ja zu, daà Ricki Sue keine aristokratische Südstaatendame ist.«
Matt schnaubte angesichts dieser Untertreibung. »Sie ist ungehobelt, Kendall. Gewöhnlich. Ich dachte, sie wäre so wie du. Weiblich und sympathisch und schön.«
»Sie hat ein schönes Wesen.«
Ricki Sue arbeitete am Empfang von Bristol und Mathers, jener Anwaltskanzlei, bei der auch Kendall früher beschäftigt gewesen war. Als sich die beiden Frauen zum ersten Mal begegneten, hatte sich Kendall von Ricki Sues ungeschliffener Fassade täuschen lassen.
Allmählich jedoch lernte sie die empfindsame Frau kennen und lieben, die sich unter dem etwas grellen ÃuÃeren verbarg. Ricki Sue war keineswegs ein Trampel, sondern ausgesprochen praktisch, tolerant und vertrauenswürdig. Vor allem vertrauenswürdig.
»Bestimmt hat sie ein goldenes Herz«, gestand Matt widerwillig zu. »Und vielleicht kann sie nichts dafür, daà sie so fett ist. Aber sie geht auch ran wie eine Dampfwalze.«
Kendall zuckte zusammen, weil er ihre Freundin als fett bezeichnete, wo eine andere Umschreibung durchaus möglich gewesen wäre. Im Grunde hätte er sich diesen herablassenden Ton überhaupt verkneifen können.
»Wenn du ihr auch nur eine winzige Chance geben würdest ...«
Er legte ihr den Finger auf die Lippen. »Müssen wir uns an unserem Hochzeitstag vor all unseren Gästen über eine solche Bagatelle streiten?«
Sie hätte einwenden können, daà sein unhöfliches Benehmen ihrer Freundin gegenüber keineswegs eine Bagatelle war, muÃte
ihm aber recht geben, daà dies heute nicht paÃte. AuÃerdem hielt sie von einigen seiner Freunde ebenfalls nicht allzuviel.
»Schon gut, schlieÃen wir Waffenstillstand«, erklärte sie sich bereit. »Aber falls ich mich doch mit dir streiten wollte, dann über die vielen Frauen hier, die mich ständig anstarren. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich bestimmt schon zerfetzt.«
»Wo? Wer?« Er sah sich witternd um, als hielte er Ausschau nach Rachegöttinnen.
»Das werde ich dir gerade verraten«, knurrte sie und packte ihn besitzergreifend am Revers. »Aber nur aus Neugier, wie viele Herzen hast du eigentlich gebrochen, als du mich geheiratet hast?«
»Wen interessiert das?«
»Im Ernst, Matt.«
»Im Ernst?« Er runzelte die Stirn. »Ehrlich, ich bin einer der wenigen Junggesellen in Prosper, der weder in der Pubertät noch total vergreist ist. Wenn du also ab und zu ein langes Gesicht in der Menge siehst, dann deshalb. Die nicht mehr ganz so jungen heiratsfähigen Damen der Stadt sind im statistischen Vergleich der Wahrscheinlichkeit von EheschlieÃung und Blitzschlag wieder ein Stückchen näher an den Blitz herangerückt.«
Seine Ironie erfüllte ihren Zweck â sie muÃte lachen. »Wie dem auch sei, ich bin jedenfalls froh, daà du mit dem Heiraten auf mich gewartet hast.«
Er hörte zu tanzen auf, schloà sie in seine Arme, zog ihren Kopf zurück und küÃte sie auf den Mund. »Ich auch.«
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In Brautkleid und Schleier war es nicht leicht, unauffällig zu verschwinden, aber eine halbe Stunde später gelang es Kendall, unbemerkt ins Haus zu schlüpfen.
Sie mochte Gibbs Haus nicht, am wenigsten den protzigen Wohnbereich mit den dunklen, holzgetäfelten Wänden, die
einen stilgerechten Hintergrund für seine Jagd- und Fischereitrophäen abgaben.
Für Kendall, die diesen Sportarten nicht das geringste abgewinnen konnte, sah ein auf WalnuÃholz montierter Fisch so erbärmlich aus wie der nächste. Wenn sie in die blinden Augen der Hirsche, Elche und anderer Tiere sah, empfand sie vor allem Mitleid und Ekel. Während Kendall durch das Wohnzimmer ging, warf sie einen beklommenen Blick auf den Kopf eines grimmigen, alten
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