Tanz mit dem Teufel
U nd Captain Midnight sagte:
»Weg mit dem Köter, sonst mach ich ihn alle.«
Der MacArthur Park in Los Angeles, ein trüber Frühlingsnachmittag.
Deets saß auf einer Bank am See, mampfte ein Pastrami-Sandwich und sah über das Wasser. Das Einzige, was ihm den Blick auf die Skyline ein bisschen vermieste, war die Fontäne. Das blöde Ding nervte. Trotz des nicht gerade berauschenden Wetters waren allerhand Leute auf den Beinen – Asiaten, Schwarze, Latinos, mindestens die Hälfte davon in zwielichtigen Geschäften unterwegs. Der Park war der reinste Supermarkt für Waffen und Drogen, der See eine Deponie für Schießeisen und Leichenteile. Ab und zu fischte die Polizei im Wasser nach Vermissten. Da wäre Deets zu gern mal dabei gewesen. Dann hätte sich ein Besuch im Park endlich mal gelohnt.
Deets, ein Schrank von einem Kerl im ramponierten, speckigen braunen Anzug, trug eine schwere Brille mit dicken Gläsern. Auf den ersten Blick wirkte er wie eine harmlose Dumpfbacke, erst aus der Nähe fiel das seltsame Flackern in seinen Augen auf, das verriet, wie es in ihm arbeitete.
Die fettige Tüte in der Hand, hatte er ein paarmal in das Sandwich gebissen, so geistesabwesend, dass ihm die Soße auf die Jacke tropfte, als sich auf einmal dieser Schwule mit dem Hündchen neben ihn pflanzte und anfing, tuntig in sein Handy zu quasseln, über die Party am Samstag und was Albert mit Ronnie gemacht hatte oder auch nicht. Deets drehte sich fast der Magen um. Der Köter, den die dämliche Schwuchtel auf dem Schoß hatte, war einer von diesen wischmoppartigen Kampfhamstern. Er glotzte zu Deets hoch, schnüffelte, roch das Sandwich und kläffte ihn an. Und die Tunte? Ließ ihn seelenruhig kläffen und quatschte einfach nur noch lauter.
Und da hatte Deets ihm dann angedroht, den Köter zu killen.
Der Schwule stockte mitten im Satz.
»Wie bitte?«
»Du hast mich genau verstanden. Nimm sofort deinen kleinen Klötenlecker da weg, oder ich reiß ihm die Rübe ab.«
Dem Schwulen klappte die Kinnlade runter.
»So…so was dürfen Sie nicht sagen«, brachte er schließlich stotternd hervor.
»Ach nein?«, gab Deets mit vollem Mund zurück. »Dann ruf doch die Cops. Aber hast du vielleicht schon mal davon gehört, dass einer eingebuchtet worden ist, weil er einem Hund Gewalt angedroht hat? In der Verfassung steht nichts über Tiere. Ich kann den Drecksköter vor deiner Nase abmurksen und auffressen und wandere trotzdem höchstens für ein halbes Jährchen in irgendeinen Schmuseknast. Und das auch bloß, wenn der Arsch von einem Richter ein Tierschutznazi ist. Glaubst du etwa, die Stadt lässt vierzigtausend Piepen für einen Prozess und Knastverpflegung springen, bloß weil ich deinen stinkenden Flohteppich allegemacht habe?« Deets biss in sein Sandwich. »Wohl kaum.«
Stumm klappte der Schwule ein paarmal den Mund auf und zu. Tränen stiegen ihm in die Augen.
»Timothy?«, tönte es aus dem Handy. »Was ist los, Timothy?«
Timothy riss den Hund hoch, der grollend nach Deets schnappte, und wollte ihm das Maul zuhalten, wofür ihm sein kleiner Liebling zum Dank in den Finger biss, mit dem Knurren aber trotzdem nicht aufhörte. Deets guckte währenddessen Löcher in die Luft und mampfte ungerührt vor sich hin. Von Weinkrämpfen geschüttelt, drückte Timothy den Hund an sich, damit er ihm nicht vom Arm sprang.
»Schatzi? Sag doch, was hast du auf einmal?«, quäkte das Handy.
Den zappelnden Hund an die Brust gepresst, hastete Timothy schluchzend davon.
Captain Midnight biss in sein Sandwich, spülte mit einem Schluck Limo nach.
Ein paar Meter weiter, auf einer anderen Bank, saß Malo, ein korpulenter Schwarzer in Maßanzug und teuren Schuhen. In der Hand hielt er ein gefaltetes Time Magazine . Er stand auf, kam herüber und setzte sich auf den Platz, den der Schwule fluchtartig geräumt hatte.
»Immer noch der gleiche Menschenfreund wie eh und je, was, Deets?«
»Konnte es einfach nicht mehr mit ansehen, wie du da drüben rumhockst und Däumchen drehst, bis er endlich abzieht.«
»Und wenn er die Bullen holt?«
Deets gab ein pastramigedämpftes Glucksen von sich.
»Da hinten verticken zwei Typen schon den ganzen Nachmittag Pillen, als wären sie ’ne wandelnde Apotheke. Und da vorn bei der Fontäne kann man noch den Blutfleck sehen, wo irgend so ein Texmex-Gangster letzte Woche im Vorbeifahren von der Konkurrenz niedergemäht wurde. Wenn wir lange genug hier sitzen bleiben, kommt garantiert einer an, der uns das
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