Die Zufalle des Herzens
Teller gerichtet, schüttelte Alder den Kopf. »Will jemand meine Möhren?«, fragte sie. »Ich hab mir zu viel aufgetan.«
- 15 -
Z ur Schlafenszeit ging Dana hinauf in Morgans Zimmer. Sie hätte gerne gefragt, ob Mr Kresgee das versprochene »vertrauliche Gespräch« mit ihr geführt hatte, wollte aber nicht vorzeitig in ein Wespennest stechen. Sie würde warten, bis er anrief oder bis Morgan das Thema selbst anschnitt.
Morgan saß an die Kissen gelehnt und studierte eine Ausgabe der Cosmopolitan . »Wo kommt die denn her?«, fragte Dana, als sie sich aufs Bett setzte.
»Kimmi hat sie mitgebracht. Ihre Mutter hat ein Abo.«
»Ich weiß nicht genau, wie ich das finden soll«, sagte Dana warnend. »In der Cosmo stehen manchmal ziemlich schlüpfrige Artikel.«
»Dieses ganze Sex-Zeugs? Das ist was für Freaks. Uns gefällt einfach die Mode.« Morgan blätterte die dicken, glänzenden Seiten durch. »So wie hier«, sagte sie und legte die Zeitschrift vor ihre Mutter hin, wobei sie ehrfürchtig das Papier glatt strich. »Guck mal, diese Jeans ist tief geschnitten, lässt ihre Hüften aber nicht breit aussehen. Kimmi sagt, sie macht wirklich eine tolle Figur. So eine will ich unbedingt haben!«
Dana sah sich das Bild genau an. Das junge Model war unglaublich dünn, aber dennoch nicht abgemagert. Ihre vollen Brüste schienen aus dem knappen Top herausquellen zu wollen, und ihre Arme waren schlank, aber durchaus muskulös. Wie konnte jemand nur so verdammt gut aussehen? »Mein Schatz«, sagte Dana, »dieses Mädchen ist in natura sicher ziemlich hübsch, ich nehme aber trotzdem an, dass das Foto retuschiert worden ist.«
Morgan nahm das Bild noch einmal unter die Lupe. »Nein«, gab sie zurück. »Sie ist einfach superdünn.«
»Ja, aber denk doch mal nach: Kennst du eine, die so aussieht?« Dana besann sich auf die Fakten, die sie gerade online in einem Artikel gelesen hatte – Durch Photoshop in Panik: Wie die Medien uns mit Tricks dazu bringen, uns selbst zu hassen . »Auf dem Computer kann man heute mit ein paar Mausklicks ein Mädchen dünner oder gebräunter oder seine Augen blauer machen. Hier ist vermutlich kein einziges Foto drin, das nicht irgendwie verändert wurde.«
»Na ja, trotzdem …«, sagte Morgan zögernd. »Kann ich die Jeans kriegen?«
Dana las mit zugekniffenen Augen die Bildunterschrift. »Stimmt das?«, fragte sie. »Steht da zweihundertfünfzig Dollar? Ich kann’s ohne meine Brille nicht genau erkennen.«
»Ja.« Morgan seufzte resigniert.
»Mannomann. Vielleicht sollten wir uns überlegen, einen Jeansladen aufzumachen, was?«
Morgan verschränkte die Arme so fest über ihren Rippen, als wollte sie den Ausnahmezustand über ihre anarchischen Körperteile ausrufen. Ihr Kinn bebte. »Warum sehe ich bloß so … na eben so aus?«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich bin so hässlich .« Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Nein, Morgan«, beruhigte Dana sie und nahm sie in den Arm. »Du bist schön, mein Schatz.«
»Ich bin abstoßend .« Morgan weinte immer heftiger. »Du hast ja gar keine Ahnung, wie schlimm das ist! Du bist hübsch, und deshalb mögen dich alle!«
Nein, bin ich nicht, und Nein, tun sie gar nicht , waren die ersten Antworten, die Dana in den Sinn kamen. Stattdessen sagte sie: »Ich freue mich, dass du mich hübsch findest, Liebes, aber wenn Leute mich deswegen mögen, sind sie doch gar keine echten Freunde, oder?«
Morgan ächzte. »Du findest, dass es nicht wichtig ist, hübsch zu sein, weil du nicht glaubst, dass du hübsch bist . Du meinst, dass die Leute dich deinetwegen mögen.«
Von der eigenen Tochter für blöd gehalten zu werden, war ja schon schlimm genug; diese Bemerkung traf sie jedoch umso schmerzlicher, als sie einen Tropfen Wahrheit enthielt. Und jetzt hatte sie auch die Bestätigung, dass Morgan nicht nur von den Unsicherheiten ihrer Mutter wusste, sondern diese auch für völlig unbegründet hielt.
»Weißt du was«, sagte Dana, während sie sich von ihr löste, sodass sie einander ansahen. »Hübsch zu sein, mag Leute vielleicht dazu bringen, sich für dich zu interessieren, aber eine Grundlage für dauerhafte Beziehungen ist das nicht.« Sie blinzelte frustriert. »Und ich mag eigentlich nicht hören, dass Leute mich nur wegen meines Aussehens nett finden. Das klingt, als hätte ich kein Hirn und keine Freunde, die mich ehrlich mögen.«
Morgan schniefte laut und griff nach der Taschentuchbox auf ihrem Nachttisch. »Tut mir leid«,
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